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kann?«
    »Das Mädchen dort«, erwiderte Mrs. Slater, »hat noch nie in seinem Leben geschlafen.«
    »Es fällt mir schwer, das zu glauben.«
    »In England vielleicht. Hier würde man sofort erkennen, was mit ihr los ist.«
    »Margaret schaute von ihrem zweiten Stück Teegebäck auf. »Was meinen Sie damit? Warum würde man was wissen?«
    »Man würde erkennen, daß sie nicht schläft«, sagte Mrs. Slater in ihrer gelassenen und bündigen Art. »Solche Menschen sind hier häufiger als in England, und natürlich ist die Bevölkerung viel kleiner, folglich ist jedermann mit den Anzeichen vertraut. So kam es auch zu Waldgebieten wie diesem hier. Aber möchten Sie nicht Ihr Jackett ablegen? Ihnen muß doch heiß sein.«
    »Nein, mir ist nicht heiß.«
    »Sie haben wohl gedacht, Sie kommen in eine Art Ski-Hotel.«
    »Nicht ganz – mitten im Sommer.«
    »Es wäre mir eine große Freude, Ihnen ein Kleid leihen zu dürfen. Wir haben so ziemlich dieselbe Größe und dasselbe Alter, so daß uns wohl auch derselbe Stil stehen dürfte, außerdem kommen all meine Kleider aus England. Wir sind hier abends eine ziemlich fesche Gesellschaft.«
    »Vielen Dank, aber ich verfüge selbst über mehrere Kleider, die ich trage, seit ich in Schweden bin«, versetzte Margaret erneut ziemlich barsch. »Ich hatte gehofft, daß es hier oben weniger förmlich zuginge und daß ich an zwei oder drei Tagen in den Bergen wandern könnte.«
    »Nicht am Tage«, sagte Mrs. Slater sanft, »des Nachts wandern wir hier in den Bergen. Wir tragen dabei keine besondere Kleidung. Es ist unsere Art zu leben, sozusagen unsere Bestimmung. Für uns ist nichts dabei. Deshalb wurde der Wald hier vor allem angelegt.«
    »Was meinen Sie mit ›Wald‹?« fragte Margaret. »Welcher Wald? Hier gibt es Bäume, soweit das Auge reicht, und fast ganz Schweden scheint aus nichts anderem als aus Bäumen zu bestehen.«
    »Rings um das K URHUS ist ein Wald«, sagte Mrs. Slater, »von Wegen durchzogen, mit Wegen überall, Wege, die es seit Hunderten von Jahren gibt. Sie haben gesehen, wie ich einem davon folgte. Es ist ein Jamblichus-Wald .«
    »Es tut mir leid, wenn ich unhöflich bin, aber dieser Name klingt für mich nach ›Alice im Wunderland‹.«
    Mrs. Slater lächelte schwach. »Für mich klang er immer mehr nach Edward Lear«, entgegnete sie.
    »Woher wissen Sie bei all diesen Bäumen, wo Ihr spezieller Wald anfängt und endet?«
    Mrs. Slater blickte auf den Steinboden der Terrasse. »Wenn ich sagen würde, daß es mit all diesen Bäumen vielleicht keinen Anfang und kein Ende hat, wenigstens nicht nach Ihren Begriffen, würden Sie mir nicht glauben.« Mrs. Slater fügte mit sanfter Stimme, so als befrage sie ihr eigenes Herz, hinzu: »Oder doch?«
    »Es wäre doch furchtbar viel Lauferei für manche der älteren Leute hier.«
    »Da haben Sie recht«, sagte Mrs. Slater. Sie sah zu Margaret auf und sprach jetzt wieder mit fester Stimme. »Es kommt die Zeit, da es nicht weiter geht. Am Ende verlieren sich alle Pfade zwischen den Bäumen.« Es war wie in ›Alice im Wunderland‹, ganz genau so. Dieser Gedanke wurde in Margaret immer stärker. Er half, andere Gedanken fernzuhalten.
    »Ich habe viel zu viel gegessen.« Das hatte sie trotz allem merkwürdigerweise wirklich. Wenigstens wenn das Leben im J AMBLICHUS -K URHUS (ein merkwürdiger Name in fast jeder Sprache, dachte sie), wenn das Leben im K URHUS einer normalen Ordnung folgte. »Um welche Zeit gibt es Abendessen? Ich nehme doch an, daß es Abendessen gibt?«
    »Wir folgen dem gewohnten Schema. Vielleicht wissen wir es ganz besonders zu schätzen«, sagte Mrs. Slater äußerst beherzt. »Abendessen wird von acht Uhr an serviert, aber die meisten von uns sind sehr pünktlich. Haben Sie wirklich ein Kleid? Ich hoffe, Sie werden mir bei Tisch Gesellschaft leisten.«
    »Es wird mir ein Vergnügen sein«, sagte Margaret. »Danke.«
    Margaret wollte sich in Sonnenschein und Bergluft die Beine vertreten und dabei Mrs. Slaters vorgeblichen ›Wald‹ selbst in Augenschein nehmen, wo sie vermutlich nichts Besonders finden würde. Aber sie wollte nicht, daß Mrs. Slater sie begleitete. Und es war ein weiterer dringender Wunsch Margarets, Mrs. Slater zu entkommen. Sie dachte daran, zu fliehen, indem sie sich entschuldigte und ihr Zimmer aufsuchte, um sich dann in den Wald davonzustehlen, aber das konnte durch den Umstand erschwert werden, daß der einzige öffentliche Weg aus dem K URHUS über die Terrasse zu führen

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