halten.«
»Ist das gut? Ich könnte mir vorstellen, daß die Besitzer das nicht so sehen. Einer meiner schwedischen Freunde meinte, daß das K URHUS sich um mehr Attraktivität für Autofahrer bemühen sollte.«
»Er muß außerordentlich ahnungslos gewesen sein«, sagte Mrs. Slater bestimmt. »Ich stelle fest, daß das heutzutage auf viele Schweden zutrifft. Vergeben Sie mir, daß ich so über einen Freund von Ihnen spreche.«
»Oh, das macht nichts«, sagte Margaret. »Eigentlich sind es ja Freunde meines Mannes – oder nicht einmal das. Eher Geschäftsfreunde. Nicht daß sie nicht sehr freundlich zu uns gewesen wären. Sie waren ganz wundervoll. Aber da fällt mir etwas ein«, fuhr sie fort. »Aus irgendeinem Grund bin ich fast sofort nach meiner Ankunft eingeschlafen, was normalerweise niemals vorkommt, und infolgedessen habe ich das Mittagessen verpaßt, obwohl sich das dumm anhört. Nun werde ich allmählich ziemlich hungrig. Besteht die Möglichkeit, eine Bedienung zu rufen?«
»Nicht vor vier Uhr«, antwortete Mrs. Slater.
»Aber es ist noch nicht einmal drei!« rief Margaret. »Das ist ja wie in England. Außerdem werde ich das Mittagessen bezahlen müssen – oder besser mein Mann. Er bucht immer alles im voraus, dabei wäre es mir oft lieber, weniger gebunden zu sein.«
»Offensichtlich«, sagte Mrs. Slater gelassen, »haben Sie keine Vorstellung davon, wo Sie hier sind. Warum, glauben Sie, heißt es das J AMBLICHUS K URHUS ?«
»Das wußte ich gar nicht, bevor Sie es erwähnten. Es scheint auch nirgendwo zu stehen. Ich glaube, das war ein deutscher Arzt des 19. Jahrhunderts, der irgendeine Behandlungsmethode erfunden hat? Viele Deutsche scheinen das getan zu haben.«
»Jamblichus war derjenige der Siebenschläfer, der, nachdem sie zwei Jahrhunderte lang geschlafen hatten, in die Stadt ging, um Essen zu kaufen; er wollte mit den verfallenen Münzen zahlen und fand sich im Gefängnis wieder. Kennen Sie Ihren Gibbon nicht?« wollte Mrs. Slater noch überraschender wissen.
»Sie meinen die ›Geschichte des Verfalls und Untergangs des Römischen Reiches‹? Ich hatte leider nie Zeit dafür. Ich habe drei Kinder zu versorgen.«
Mrs. Slater sah sie an. »Das ist hier anders«, sagte sie gewichtig. »Aber die Geschichte von Jamblichus kannte ich schon, bevor ich hierher kam. Er ist der einzige der Siebenschläfer, den die meisten Leute mit Namen kennen. Jedenfalls nannte man Orte wie diesen sogar unter Ungebildeten oft Jamblichus-Haine. Das hier, meine liebe Mrs. Sawyer (bemerkenswert, wie ähnlich sich die Namen unserer Gatten sind), ist eine Einrichtung für Schlaflose. Man kann es kaum ein Hotel nennen, weil Hotels vor allem Schlafstätten sind. Noch weniger kann von einer Heilbehandlung die Rede sein, weil es keine Heilung gibt.«
»Mir ist ein Buch in meinem Zimmer aufgefallen ...« begann Margaret, hielt dann aber inne. »Wie schrecklich! Wollen Sie sagen, daß Sie daran leiden?«
»Nicht so wie manch andere – manche von denen, die hier sind, eingeschlossen. Ich schlafe für gewöhnlich ein paar Stunden im Laufe einer Woche. Manche der Leute hier haben seit Jahren kein Auge zugetan.«
»Aber das ist unmöglich!« rief Margaret. Sie sammelte sich. »Wollen Sie damit etwa sagen, daß sie jahrelang keinen richtigen Schlaf hatten?«
»Ich will damit sagen, daß sie jahrelang überhaupt nicht geschlafen haben. Überhaupt nicht. Nie .« Mrs. Slater schien immer noch ganz gelassen zu sein.
»Aber«, fragte Margaret zaghaft, »aber man kann doch nicht ganz ohne Schlaf leben?«
»Man kann«, erwiderte Mrs. Slater. »In gewisser Weise. Man kann hier leben.«
»Was ist besonderes an diesem Ort, und warum müssen Menschen mit Schlafproblemen mit anderen zusammen sein, die Schlafprobleme haben? Ich weiß leider sehr wenig darüber, denn ich habe anscheinend immer recht gut geschlafen, aber ich hätte vermutet, daß ein solches Zusammenleben das Allerschlechteste für sie wäre.«
»Wenn das Problem einen bestimmten Grad überschreitet, einen Grad, der nicht weit von völliger Schlaflosigkeit entfernt ist, wie ich Ihnen versichern kann, wird das Opfer vertrieben. Schläfer können nicht lange mit einem Schlaflosen zusammenleben. Es ist, als lebe man in Gegenwart von etwas Übernatürlichem. Gesunde Menschen empfinden das immer mehr als Schatten auf ihrem eigenen Leben; sie entwickeln diese Empfindung sehr früh. Ich spreche aus Erfahrung. Ich habe Ihnen schon gesagt, daß meine Heirat kaum mehr als
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