0004 - Im Totenreich der Ghouls
Pudercreme überschminkt.
Zamorra schaute auf seine Uhr.
»Zwölf Uhr fünfundzwanzig. Ja. Das ist Nicoles Maschine.«
Zamorra hatte dem Freund im Telegrammstil erzählt, was vorgefallen war. Bill war von diesem Bericht entsetzt gewesen.
Zamorra war auch ganz kurz bei der Flughafenfundstelle gewesen. Sein senffarbener Koffer war immer noch verschollen. Allmählich fand er das beunruhigend. Erst hatte die Frau angerufen, und nun meldete sie sich nicht mehr. Hieß das, daß sie es sich anders überlegt hatte und den Koffer samt Amulett behalten wollte?
Als die Gangway ans Flugzeug herangerollt wurde, verließen Professor Zamorra und Bill Fleming die Freiterrasse, um sich in die Ankunftshalle zu begeben.
Ein Bus brachte eine Anzahl bunt gekleideter Passagiere zum Flughafengebäude. Mitten in dem Trubel steckte Nicole Duval.
Sie hatte Zamorra und Bill längst entdeckt und winkte ihnen immer wieder freudig lächelnd zu.
Als sie den Zoll passiert hatte, kam sie strahlend auf die Freunde zu.
»Bill! Chef! Wie schön, daß ihr mich mit großem Bahnhof empfangt.«
»Geben Sie mir Ihren Koffer, Nicole«, sagte Zamorra. »Hier muß man auf sein Gepäck verflucht aufpassen.«
»Tatsächlich, Chef?« fragte Nicole und schaute sich kurz nach einem in Frage kommenden Kofferdieb um. »Sie sprechen ja so, als hätten Sie diesbezüglich schon die schlimmsten Erfahrungen gemacht.«
»Habe ich, leider.« Zamorra erzählte seiner Sekretärin, was passiert war. Den Ghoul erwähnte er vorläufig noch nicht. Er mußte ihr die Aufregungen in kleinen Dosen verabreichen. Es war besser so.
Nicole riß die Augen erschrocken auf. »Der Koffer mitsamt dem Amulett ist weg?«
»Leider ja.«
»Und nicht wiederaufgetaucht?«
»Nein.«
»Wollen wir essen gehen?« fragte Bill.
»Ich habe schon im Flugzeug gegessen«, erwiderte Nicole. »Aber einen kleinen Nachtisch könnte ich noch vertragen, ohne daß ich deshalb gleich aus den Nähten platze. Diese Reisemenüs werden von Flug zu Flug kleiner. Ist euch das auch schon aufgefallen…?«
Sie lachte, hakte sich bei den Männern ein und steuerte mit ihnen das Flughafenrestaurant an.
Nicole trug ein schickes, flottes Reisekostüm aus hellbraunem Gabardine. Sie sah wie immer hinreißend aus.
Der üppige Busen wogte in einer cremefarbenen Bluse. Die dunklen Augen funkelten frisch und froh über dem leuchtendroten anziehenden Mund.
Zamorra war stolz auf sie.
Sie war sozusagen sein Aushängeschild. Er fand sie betörend, klug, amüsant und manchmal - hol's der Teufel - auch begehrenswert.
Ihre Lebendigkeit und ihr Charme wirkten ansteckend. Wenn sie lachte, mußte man mit ihr lachen, weil sie einen einfach mitriß.
Als sie dann im Flughafenrestaurant saßen, verschlang Bill Fleming wahre Berge von Curryreis und Fleisch.
Nicole verspeiste mit sichtlichem Vergnügen eine appetitlich aussehende Hühnerpastete, während Professor Zamorra sich mit einer Schinkenrolle begnügte, die nicht sehr groß war, was ihn aber trotzdem nicht davon abhielt, die Hälfte übrigzulassen.
»Ist Ihr Magen nicht in Ordnung, Chef?« erkundigte sich Nicole besorgt. »Normalerweise sind Sie doch mit einem erstaunlichen Appetit gesegnet.«
Bill schlang den letzten Bissen hinunter, spülte mit deutschem Bier nach und wischte sich dann die Lippen mit der Stoffserviette trocken.
»Er hat ein scheußliches Erlebnis hinter sich«, sagte Fleming, während er die Serviette fein säuberlich zusammenlegte.
»Tatsächlich?« fragte Nicole interessiert. »Ist im Institut etwas vorgefallen, Chef?«
Zamorra erzählte die Geschichte mit wenigen Worten. Er versuchte bewußt zu untertreiben, um Nicole nicht mehr als nötig zu erschrecken.
Anschließend sagte er gleich mit spöttischem Ton: »Wie ich Sie kenne, Nicole, werden Sie für dieses makabre Ereignis wieder eine handfeste Erklärung suchen. Doch diesmal wird Ihnen das nicht gelingen. Jessica Bowen fiel dem abscheulichsten aller Dämonen zum Opfer: einem Ghoul! Und ich werde nichts unversucht lassen, um dieses Scheusal zur Strecke zu bringen.«
Nicole schob sich eine Zigarette zwischen die vollen Lippen.
Bill Fleming gab ihr Feuer. Sie blies den Rauch an Zamorra vorbei.
»Wie wollen Sie das denn anstellen, Chef?« fragte das Mädchen unangenehm berührt. Denn wenn Zamorra sagte, er wolle sich um die Sache kümmern, wurde sie als seine Sekretärin natürlich ebenfalls in diesen Strudel hineingezogen.
»Das Monster will sieben Personen aus seinem engsten
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