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0005 - Der Mörder mit dem Januskopf

0005 - Der Mörder mit dem Januskopf

Titel: 0005 - Der Mörder mit dem Januskopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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nicht scheintot«, erwiderte John.
    Der Gärtner fiel ihm allmählich auf den Wecker. Es war ein regelrechter Knirps, der John gerade bis zur Schulter reichte. Er trug eine grüne verwaschene Schürze, ein kariertes Hemd und einen alten Hut auf dem Kopf. Er sah wirklich aus wie der Gärtner in der TV-Werbung. Sein gebräuntes Gesicht schien nur aus Falten und Runzeln zu bestehen. Die kleinen Augen blinzelten hellwach.
    Der Friedhofsgärtner schob sich den Hut in den Nacken. »Tja«, meinte er dann, »ich werde mal Feierabend machen. Ihr Job fängt ja erst an, Mister.«
    John grinste.
    Der Gärtner kicherte, drehte sich um, winkte noch einmal und verschwand. Er wohnte auf dem Friedhofsgelände, in einem kleinen Haus nahe der Leichenhalle. Miete brauchte er für die Wohnung nicht zu bezahlen. Die Stadt war froh, einen Mieter bekommen zu haben, denn wer zog schon freiwillig auf einen Friedhof?
    Über den sorgfältig gepflegten Hauptweg schritt John Sinclair auf die große Trauerhalle zu. Der Weg mündete in den kiesbestreuten großen Platz vor der Trauerhalle. Es war ein gewaltiger Komplex, U-förmig gebaut und eingeschossig. Die neue Leichenhalle beherbergte mehrere Aufbewahrungsräume, so daß die anfallenden Beerdigungen glatt, sicher und auch schnell über die Bühne gingen. Alles war mechanisiert und unpersönlich geworden. Und doch blieb an diesem großen Friedhof der Hauch des Unheimlichen und Makabren haften, den auch die Trauergäste spürten, und der ihnen manchen Schauer über den Rücken jagte.
    Der Geisterjäger blieb unter den weit ausladenden Ästen einer großen Platane stehen. Die Blätter des Baumes hatten eine dunkelgrüne satte Farbe angenommen. Nicht mehr lange, dann würden die Blätter gelb werden.
    Der Herbst war nicht mehr weit.
    Die letzte Trauergemeinde des Tages verließ die Leichenhalle. Es waren acht Personen, darunter ein kleines Mädchen. Es weinte. Einer der Erwachsenen legte der Kleinen tröstend die Hand auf die Schulter.
    In einem blutigen Rot ging die Sonne unter. Die letzten Strahlen badeten die wuchtige Friedhofsmauer mit der grünen Wand aus Efeu. Bald würde der Friedhofswärter abschließen. John Sinclair besaß allerdings für das Haupttor einen Zweitschlüssel.
    Er wartete, bis die Menschen den Friedhof verlassen hatten. Dann ging er auf die große Trauerhalle zu. Eine breite Treppe führte zu dem zweiflügeligen Holztor. Der Wärter stand in der offenen Tür. Er trug einen dunklen Anzug und eine Schirmmütze auf dem Kopf. Zwischen Zeige- und Mittelfinger der rechten Hand verqualmte eine Zigarre.
    Selbst der würzige Rauch konnte den Geruch von Buchsbäumen, Kränzen und nassem Laub nicht vertreiben. Das gehörte eben zu einem Friedhof. Irgendwo bimmelte dünn eine Glocke.
    »Feierabend«, sagte der Wärter und paffte John den Rauch ins Gesicht. Der Mann war in den mittleren Jahren und hatte eine Nase, die an eine überreife Erdbeere erinnerte. John roch auch die Brandyfahne des Knaben.
    Der Geisterjäger betrat die Halle. Der Boden war mit gelbbraunen Fliesen bedeckt. Der lange Gang zog sich quer durch die Halle. Rechts und links zweigten mehrere Türen ab, rechts lagen die Räume, in denen die Trauerfeierlichkeiten stattfanden, links die Warteräume. Der Wärter strich die Asche seiner Zigarre an einem an der Wand befestigten metallenen Aschenbecher ab, tippte an seine Mütze und verschwand.
    Er schloß die Tür der Leichenhalle von außen ab.
    John war allein.
    Langsam ging er den Flur entlang. Das Echo seiner Schritte hallte an den kahlen Wänden wider. Der Geisterjäger bog um eine Ecke und sah schon die schmale Tür der Abstellkammer, die abermals für diese Nacht sein Domizil werden sollte.
    Die Abstellkammer lag direkt neben der Aufbewahrungshalle. John wußte, daß vier Särge mit Leichen dort standen. Am nächsten Morgen sollten die Beerdigungen sein.
    Es war schon ein komisches Gefühl, so völlig allein als Lebender unter Toten zu sein. Obwohl John bereits einige Nächte hier verbracht hatte, konnte er sich nicht daran gewöhnen.
    Er schloß die Kammer auf und ließ die Tür einen Spaltbreit offen. Licht machte er nicht. Im Dunkeln setzte er sich auf einen schmalen Stuhl.
    Abermals begann das zermürbende Warten.
    John hätte gern eine Zigarette geraucht, aber das war nicht drin. Zu leicht konnte ihn der Rauch verraten.
    Würde der unheimliche Leichendieb diesmal erscheinen?
    Der Oberinspektor hoffte es. Er hatte nämlich keine Lust, sich weitere Nächte um die

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