0005 - Der Mörder mit dem Januskopf
fehlte nicht viel, und er hätte sich ein Stück Zunge abgebissen.
John war rasch bei dem Gestürzten, hob ihn am Hosengürtel hoch und schickte ihn durch einen Schlag mit dem Revolverknauf ins Reich der Träume.
Curd blieb auf der Seite liegen.
John atmete auf. Mit dem Taschentuch wischte er sich den Schweiß von der Stirn. Das wäre geschafft. Nie hätte er gedacht, daß die beiden Friedhofsangestellten die Leichenräuber waren. Er hatte den oder die Kerle immer für Irre gehalten. Vielleicht waren sie das auch. Das würde das Verhör ergeben.
Wie John seine Kopfnüsse einschätzte, würden die Typen bestimmt eine halbe Stunde schlafen. Zeit genug, um sie zum Wagen zu schaffen. Zuvor jedoch verpaßte John ihnen Handschellen. Die stählernen Armreifen hatte er hinten an seinem Gürtel hängen. Dann holte er das Sprechfunkgerät aus der Tasche und schaltete es ein. Zum Glück hatte das Walkie-Talkie den Kampf heil überstanden.
Suko meldete sich sofort. »Du warst überfällig«, beklagte er sich.
»Ich weiß«, erwiderte John schweratmend, »aber ich habe die Leichenräuber.«
»Die…?«
»Ja, es sind zwei, Angestellte der Friedhofsverwaltung. Man erlebt doch immer wieder Überraschungen.«
»Also keine Dämonen oder anderes Geschmeiß.«
»Nein.«
»Ich komme zu dir«, sagte Suko. »Wo hast du sie überwältigt?«
»In der großen Leichenhalle.«
»Willst du da auf mich warten?«
»Nein, das dauert mir zu lange. Ich schaffe die beiden schon allein zum Wagen. Du kannst ja dorthin kommen.«
»Okay, in einer Viertelstunde ungefähr.«
»Bis gleich dann.«
John schaltete das Gerät aus. Er war zufrieden. Diesmal war ihm ein ganz gewöhnlicher Fall beschert worden, wenn auch die Umgebung ziemlich schaurig war. Aber die Leichen, die in den Särgen lagen, waren wirklich tot. John hatte schon mehr als einmal das Gegenteil erlebt.
Seinem rechten Arm ging es auch wieder besser. Er konnte sogar das Leichtgewicht von Gärtner damit hochhieven. Den anderen packte er kurzerhand am Kragen der Jacke und schleifte ihn hinter sich her.
Der Oberinspektor fragte sich, was die beiden dazu verleitet haben mochte, die Toten zu stehlen. Hatten sie im Auftrag gehandelt, oder waren es irgendwelche perversen Knaben, die Spaß an Leichen hatten? So schlimm diese Vermutung auch war, doch so etwas gab es. Leider.
John Sinclair verließ die Halle, überquerte den Vorplatz und erreichte das große Friedhofstor. Mit dem Zweitschlüssel schloß er auf. Um zu den Parkplätzen zu gelangen, mußte er über eine Straße gehen. Leer und verlassen lag sie im fahlen Licht des Halbmondes.
Auf dem Parkplatz standen ein halbes Dutzend Wagen. Johns metallicfarbener Bentley parkte so, daß der Geisterjäger nicht erst zu wenden brauchte, um die Straße zu erreichen. Niemand schien ihn zu sehen, als er mit den beiden Bewußtlosen die Straße überquerte. Doch John achtete nicht auf die anderen Wagen.
Und das war sein Fehler.
Der Oberinspektor war froh, als er die beiden Bewußtlosen neben dem Bentley auf den Boden legen konnte. John holte die Wagenschlüssel hervor und schloß auf.
Zuerst hievte er Curd in den Fond. Es war ein hartes Stück Arbeit, den schweren Kerl dort hineinzubugsieren. Doch mit gutem Willen und etwas Druck ging es.
Der Gärtner folgte danach. Im Gegensatz zu Curd war er leicht wie eine Puppe.
Aufatmend warf John die Fondtür ins Schloß.
Da spürte er den harten Druck im Rücken.
Der Geisterjäger versteifte. Gleichzeitig sah er schräg von der Seite einen zweiten Kerl auf sich zukommen. Stahl blinkte in der Hand des Mannes.
An seinem linken Ohr hörte John eine heisere Stimme. »Eine dumme Bewegung, Freund, und ich blase dir ein Loch in die Figur!«
John nickte. Er hatte sich vorerst in sein Schicksal ergeben.
***
Der zweite Mann stellte sich neben den linken Vorderreifen des Bentleys. John erkannte eine gedrungene Gestalt. Der Mann trug einen Hut mit breiter Krempe. Er hielt die Kanone wie ein Profi in der Rechten, nicht zu steif. Man hatte das Gefühl, sie gehörte einfach zu ihm.
Der Druck in Sinclairs Rücken verschwand nicht. Dafür tasteten sich Finger an seiner linken Körperhälfte herum, glitten in den Ausschnitt des Jackettsund zogen mit geübtem Griff die Beretta aus dem Schulterhalfter.
Ein zufriedenes Lachen begleitete diese Aktion.
John Sinclair hatte sicherheitshalber die Hände abgespreizt. Er stand ruhig da, obwohl er innerlich kochte. Wie ein Anfänger war er den beiden Halunken auf den
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