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0005 - Der Scharfrichter

0005 - Der Scharfrichter

Titel: 0005 - Der Scharfrichter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Friedrichs
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von Llangurig Castle schon kennen, brauche ich Ihnen wohl nicht mehr zu sagen.«
    Bill Fleming schüttelte den Kopf.
    »Nein. Aber ich würde mich gern mit Ihnen unterhalten.«
    »Ganz meinerseits«, nickte Jones, »unsere Arbeit dürfte viele Gemeinsamkeiten haben. Kommen Sie, verlassen wir diesen ungastlichen Ort! Vielleicht kann ich Ihnen Dinge über Llangurig Castle schildern, die bislang in keinem Druckwerk erschienen sind.«
    Nicole und Bill waren voll gespannter Aufmerksamkeit, als sie gemeinsam mit Kenneth Jones den Burghof verließen.
    Draußen vor dem Tor blieb Jones unvermittelt stehen. Sein Gesichtsausdruck war plötzlich kühl und voll rätselhafter Bitterkeit.
    »Es gibt Leute, die mich wegen meiner Arbeit schneiden«, sagte Jones dumpf.
    »Wie?« entgegnete Bill Fleming. »Das verstehe ich nicht!«
    Nicole schwieg. Sie sah zum erstenmal das seltsame Feuer, daß in den Augen des Mannes brannte. Sie konnte sich eines unbehaglichen Gefühls nicht erwehren. Doch es gelang ihr, diese unbegründeten Regungen aus ihren Gedanken zu verscheuchen.
    »Sie müssen das verstehen«, wandte sich Jones wieder an Fleming, »Gordon Basil Jones war ein Mann, der von allen verachtet wurde. Wie die meisten seiner Berufskollegen. Und gerade nach den Geschehnissen der letzten Wochen erinnern sich die Leute vor allem an das Negative, das mit dem Scharfrichter zusammenhängt. Deshalb halten es die meisten für verwerflich, ausgerechnet die Geschichte einer Henkersfamilie zu erforschen. Zumal ich indirekt aus dieser Familie stamme. Allerdings gab es nach Gordon Basil keinen weiteren Scharfrichter in der Reihe meiner Ahnen…«
    Bill Fleming schüttelte lächelnd den Kopf.
    »Hören Sie, Mr. Jones. Ich wäre der letzte, der sich solchen Vorurteilen hingeben würde. Schon mein Beruf läßt das nicht zu. Ich kann behaupten, daß ich weiß, was Objektivität ist.«
    Kenneth Jones schien aufzuatmen. Seine Miene entspannte sich.
    »Ich wußte es«, antwortete er gelöst, »ich habe Sie richtig eingeschätzt. Und Sie, Miß Duval?«
    Nicole spürte jäh die unerklärliche Kraft, die von ihm ausströmte, als er seinen Blick auf sie heftete.
    Reiß dich zusammen! hörte sie ihre innere Stimme befehlen. Und dieser Stimme gehorchte sie.
    »Ich bin der gleichen Meinung wie Mr. Fleming«, erklärte sie, »Vorurteile und Aberglaube gehören nicht in unsere Zeit.«
    »Es ist höchst erfreulich, Ihre Bekanntschaft zu machen«, antwortete Kenneth Jones mit einem geheimnisvollen Unterton, den Nicole keineswegs überhörte.
    Doch wieder zwang sie sich, nicht auf das Warnsignal ihrer innersten Gefühle zu hören. Es gab keinen Grund, diesen Kenneth Jones für unsympathisch zu halten. Zumal er selbst darunter zu leiden schien, einen so berüchtigten Vorfahren zu haben. Vielleicht war das der Grund, weshalb er sich der Familienforschung widmete. Möglich, daß er es tat, um den Schleier des Düsteren von der Geschichte seiner Vorfahren zu lüften.
    »Die Polizisten lassen uns zwar nicht in das Museum«, meinte Jones, »aber es gibt Sehenswertes, das uns keineswegs verschlossen ist.«
    Bill Flemings Neugier war geweckt. Nicole sah es an seiner gespannten Miene.
    »Heraus damit!« forderte Bill gespannt. »Garantiert kennen Sie die Örtlichkeiten von Llangurig Castle besser als jeder andere.«
    Kenneth Jones lächelte geschmeichelt.
    »Nun ja - es gibt da einen geheimen Zugang außerhalb der Burg. Es handelt sich um einen Fluchtweg, den sich die Grafen schon vor Jahrhunderten geschaffen haben, um die Burg bei einer Belagerung verlassen zu können. Man erreicht durch diesen Gang die unterirdischen Gewölbe von Llangurig Castle. Unter anderem die Familiengruft, die Verliese…«
    Bill Fleming war nicht mehr zu bremsen.
    »Und die Polizei wird es nicht mitkriegen, wenn wir diesen Gang benutzen?«
    Jones schüttelte entschieden den Kopf.
    »Selbst unter den Einwohnern von Llangurig gibt es nur wenige, die den geheimen Gang kennen. Aber alle haben sie Angst, ihn zu benutzen. Weil sie so verdammt abergläubisch sind. Das dürfte bei Ihnen beiden nicht der Fall sein, oder?«
    Jones sah erst Nicole und dann Bill Fleming an.
    Etwas Unerklärliches drängte Nicole, den Vorschlag des Mannes abzulehnen. Aber Sie kam nicht dazu. »Natürlich sehen wir uns das an!« rief Bill enthusiastisch. »Kommen Sie, Nicole! Eine solche Chance bekommen wir nie wieder!«
    Sie stimmte zu, obwohl sie es im nächsten Moment schon wieder bedauerte. Innerlich schimpfte sie auf sich

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