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0005 - Ich griff »Nummer eins«

0005 - Ich griff »Nummer eins«

Titel: 0005 - Ich griff »Nummer eins« Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delfried Kaufmann
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vom Rauschgift bis zur Spielhölle. Harry Brian war der Kopf eines ganzen Verbrechertrusts gewesen, einer Aktiengesellschaft für Diebstahl, Einbruch, Mord und alles, was das Gesetz verboten hat. Er befehligte Dutzende von Filialen, kommandierte über drei Direktoren, fünf Abteilungsleiter und über eine Garde entschlossener Totschläger. Er unterhielt einen ganzen Stab von Rechtsanwälten, die für ihn die Lücken im Gesetz suchen mußten, durch die er immer wieder schlüpfte.
    Jeder wußte, daß Harry Brian ein Gangsterkönig war, aber niemand konnte es ihm beweisen. Es gab keinen Zeugen gegen Harry und keinen Indizienbeweis. Fünfzehn G-men hatten ihn gejagt, drei hatten sich die Nerven ruiniert, und ein paar waren gestorben, als sie ihm allzu nahe kamen. Harry Brian war jahrelang ›Nummer eins‹.
    Dann verbündete sich das FBI mit der Steuerfahndung, und jetzt bekamen sie ihn, nicht wegen Mordes, nicht einmal wegen Rauschgiftschmuggels oder Einbruchsdiebstahls. Nein, nur wegen Steuerhinterziehung wurde er gefaßt.
    — Vielleicht haben Sie einmal gelesen, daß man es mit Al Capone vor rund zwanzig Jahren nicht anders gemacht hat.
    Ein Bürger der Vereinigten Staaten kann sich dagegen wehren, wenn die Polizei ohne ausreichenden Verdachtsgrund sein Haus durchsuchen will, aber er kann sich nicht wehren, wenn die Steuerfahndung seine Bücher kontrolliert.
    Die Steuerfahnder, kleine, krummrückige, bebrillte Männer, setzten sich in Brians protzigem Büro in einem Hochhaus in Manhatten hinter die Schreibtische und gingen den Geschäften, die Harry angeblich mit der Brian Ltd. ehrlich machte, auf den Grund. Sie wiesen ihm nach, daß sein Lebensstil und seine Ausgaben in keinem Verhältnis zu seinen öffentlich deklarierten Einnahmen standen, und sie klagten ihn der böswilligen Steuerhinterziehung, der Verdunkelung und der Bilanzverschleierung an. Solche Dinge können bei uns mit Gefängnis bestraft werden, und die Richter zögerten keinen Augenblick, Harry trotz der drei Anwälte, die ihn verteidigten, zu einer Strafe von vier Jahren Gefängnis zu verdonnern.
    Finden Sie es ungerecht, daß ein Mann, der Morde auf dem Gewissen hat, mit vier Jahren wegen Steuerhinterziehung davonkommt? Natürlich ist es ungerecht, und doch hatte diese Strafe einen Sinn.
    Harrys Verbrecherimperium zerfiel nämlich in dem Augenblick, in dem sich das Gefängnistor hinter ihm schloß. Seine Gangster-AG zerplatzte zu Dutzenden von Einzelunternehmen. Die Filialleiter und die Abteilungschefs machten sich selbständig, und jetzt, ohne Brians Gehirn und ohne die geballte Gewalt von Brians Garde und die Summe seines Kapitals, das massiv zu Bestechungen eingesetzt wurde, waren die einzelnen Gruppen für uns leichter greifbar. Das FBI veranstaltete ein großes Aufräumen unter den Leuten, die Brians Erbe anzutreten glaubten. Wenn es auch nicht gelang, seine Nachfolger restlos mattzusetzen, wie es nie gelingen wird, das Verbrechen an sich mit Stumpf und Stiel auszurotten, so gelang es doch, dafür zu sorgen, daß wesentlich weniger gegen das Gesetz verstoßen wurde als zu der Zeit, da Harry Brian seine Organisation befehligte.
    Nur eins gelang nie. Jedesmal, wenn einer von Harrys ehemaligen Unterführern aufflog, hoffte man auf Beweise gegen Brian selbst, um aus den vier Jahren Gefängnis eine lebenslängliche Zuchthauszeit machen zu können. Diese Beweise wurden nie erbracht, und so blieb Harry Brian ›Nummer eins‹, obwohl er nicht mehr auf der Liste stand. Und in zehn Tagen würde
    ›Nummer eins‹ entlassen werden.
    »Was wird er tun?« fragte ich Mr. High.
    »Schwer zu sagen«, antwortete er. »Finanziell gesehen ist Brian fertig, wenn er auch nach unseren Begriffen noch ein reicher Mann ist. Die Brian Ltd. flog noch während der Gerichtsverhandlung auf. Seine Garde zerstreute sich in alle Winde, und einige davon faßten wir, und sie bekamen das, was ihnen gebührte, sei es dreißig Jahre oder den Stuhl. Von seinen Direktoren ist einer friedlich gestorben und einer ist nach Südamerika gegangen. Seine Abteilungsleiter brachten wir zu einem guten Teil hinter Gitter. Von seinen Anwälten verloren zwei wegen Mithilfe und Ungesetzlichkeiten ihre Bestallungsurkunden, aber noch sind ein paar Leute da, die sich an Harry Brians Erbe satt gefressen haben. Und ich weiß nicht, wie ›Nummer eins‹ sich seine Begegnung mit diesen Leuten nach seiner Entlassung vorstellt.«
    »Sie meinen, er könnte versuchen, wieder die Gewalt an sich zu

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