001 - Wenn sie aus den Gräbern steigen...
Weil er mit mir hierher gekommen war? Weil ich die Absicht hatte, dem gefährlichen Spuk ein Ende zu bereiten?
Warum war die verdammte Knochenfratze nicht mir erschienen?
Ich hätte ihr eine geweihte Silberkugel verpaßt, die sie in Stücke gerissen hätte.
Ich kehrte um und schloß die Balkontür. Mittlerweile hatte sich die Strahlung verflüchtigt. Tucker Peckinpah trat ein.
»Weg«, sagte ich. »Die Visage war nicht mehr hier, als ich reinkam.«
»Ich bin also der nächste«, sagte der Industrielle heiser.
»Das werde ich zu verhindern wissen«, erwiderte ich, damit er sich daran aufrichten konnte. Wie ich es verhindern sollte, wußte ich noch nicht. Ich hoffte aber, daß mir zur gegebenen Zeit etwas einfallen würde.
»Haben Sie Angst, Partner?« fragte ich.
»Wenn ich ehrlich sein soll, ganz wohl ist mir in meiner Haut nicht.«
»Möchten Sie das Feld räumen?«
»Nach Hause fahren?«
»Ja.«
Tucker Peckinpah schüttelte den Kopf. »Das kommt nicht in Frage. Ich bleibe hier. Wahrscheinlich wäre ich zu Hause nicht so sicher, wie in Ihrer Nähe, Tony.«
»Das könnte stimmen«, gab ich zurück.
»Wenn ich hierbleibe, bin ich so etwas wie ein Köder für die Zombies«, sagte der Industrielle. »Ich nehme an, sie werden kommen und mich genauso holen, wie sie Clifton Capra geholt haben.«
»Es ist zu befürchten, daß sie das versuchen werden.«
Der Industrielle lächelte dünn. »Wenn Sie dann zur Stelle sind, kann mir kaum etwas passieren.«
»Richtig überlegt«, sagte ich, und ich dachte: Hoffentlich gibt es keine Panne.
Niemand ist gegen Pannen gefeit.
Tucker Peckinpah zog an seiner Zigarre. Die Glut leuchtete hell auf. Ich bat ihn, das Knochengesicht zu beschreiben. Er zuckte mit den Schultern. »Es war einfach ein skelettierter Schädel.«
»Ohne besondere Merkmale?«
»Ohne«, sagte der Industrielle und nickte. »Das heißt…«
»Ja?«
»Eine Kapuze umrahmte den bleichen Totenschädel.«
Mich durchfuhr ein Stromstoß. Die Kapuze rief bei mir eine Gedankenassoziation hervor. Vor meinem geistigen Auge erschien eine Gestalt, in eine weite, wallende schwarze Kutte gehüllt, die Kapuze hochgeschlagen, aus deren Öffnung mich eine Knochenfratze höhnisch angrinste.
Derjenige, an den ich dachte, war Rufus, der Dämon mit den vielen Gesichtern. War er wieder aktiv geworden?
***
»Ich würde die Verwaltung des Schlosses sehr gern übernehmen, Mr. Rufus«, sagte Martin Weaver bei einem Glas Sherry. Sie saßen in der riesigen Halle am offenen Kamin. Das Feuer prasselte. Die dicken Buchenscheite knackten hin und wieder.
Maud Weaver konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, daß hier alles unheimlich war. Dieser bleiche Mr. Rufus mit eingeschlossen. Das ganze Schloß machte ihr Angst. Und erst der nahe Friedhof, auf dem sie eine Gestalt zu sehen geglaubt hatte.
Sie hatten einen ersten Rundgang durch das Schloß hinter sich.
Rufus hatte ihnen die wichtigsten Räume gezeigt. Alles wirkte alt, aber gediegen. Nichts war in diesem Schloß verkommen. Es war alles intakt. Es herrschte Sauberkeit in den Zimmern, und die Ordnung, die sie überall vorgefunden hatten, imponierte Martin Weaver.
Hinzu kam, daß die Höhe des Gehalts, das Rufus ihnen zahlen wollte, weit über jener Grenze lag, die sich Weaver erhofft hatte. Finanziell schien Rufus nicht die geringsten Probleme zu haben.
Das war die Garantie für eine gesicherte Existenz des Verwalters.
»Ich bin gezwungen, meine diversen Geschäftsinteressen im Ausland persönlich wahrzunehmen«, sagte Rufus. »Deshalb ist es mir leider nur noch kurze Zeit möglich, hier zu wohnen.«
Martin Weaver nickte. »Ich verstehe.«
»Ich brauche jemanden, der sich um das Schloß kümmert.«
»Meine Frau und ich würden das zu Ihrer vollsten Zufriedenheit tun, Mr. Rufus.«
»Ich müßte mich auf meinen Vertreter in jeder Hinsicht verlassen können.«
»Wir sind äußerst zuverlässig, Mr. Rufus«, versicherte Weaver.
»Bei uns wäre Ihr Schloß bestens aufgehoben.«
»Es versteht sich von selbst, daß Sie hier wohnen müßten.«
»Ganz klar.«
»Das ist nicht jedermanns Sache. Manche haben eine unbegründete Angst vor alten Schlössern.«
»Wir nicht«, sagte Martin Weaver.
Ich schon, dachte seine Frau. Und ob diese Angst so unbegründet ist, wird sich sehr bald herausstellen.
»Sie würden viele Entscheidungen zu treffen haben«, sagte Rufus.
»Davor habe ich mich noch nie gefürchtet«, meinte Weaver lächelnd.
»Sie müßten sehr selbständig
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