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0010 - Ich gegen alle

0010 - Ich gegen alle

Titel: 0010 - Ich gegen alle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delfried Kaufmann
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in der Lage, ihn hinter uns zu bringen. Alle fünf Minuten mußte jetzt der Trägerwechsel vorgenommen werden, und das trug nicht gerade dazu bei, daß wir schneller vorwärts kamen.
    Um Mitternacht blieb nichts anderes übrig, als eine Pause anzusetzen. Hughs bestand darauf, daß erst ein Feuer angezündet wurde, bevor wir zum Schlafen in die gefütterten Säcke krochen, und mit letzter Energie brachten wir auch das noch fertig.
    Wir häuften soviel Holz aufeinander, wir wir nur finden konnten. Dann krochen wir in die Nähe der lodernden Flammen in die Schlafsäcke.
    Ich dachte nicht eine Sekunde daran, daß mir einer der Männer während des Schlafs eins über den Schädel ziehen könnte. Ich wollte nur schlafen. Ich war restlos fertig, und mir fielen die Augen zu, kaum daß ich mich ausgestreckt hatte. Ich wollte noch den Revolver in die Hand nehmen, aber ich schlief ein, die Hand am Kolben.
    Mit der Hand am Kolben wachte ich auch wieder auf. Hughs bemühte sich, das Feuer wieder zu entfachen, um das Wasser im Teekessel zum Kochen zu bringen. Ich kroch aus dem Schlafsack und ging zu Phil hinüber. Er öffnete die Augen und lächelte. Er sah ganz gut aus.
    »Hallo, Jerry«, sagte er, »wie steht’s mit uns?«
    »Im ganzen gesehen nicht so schlecht. Wie fühlst du dich?«
    »Ganz okay. Soll ich zu laufen versuchen?«
    »Unterstehen Sie sich!« rief Hughs vom Feuer her. »Sie sind Ihre Beine mit Sicherheit los, wenn Sie innerhalb der nächsten Tage einen Schritt tun. G-man, packen Sie ihn aus und reiben Sie ihn mit Schnee ein.«
    Ich schälte Phil aus seinem Schlafsack und aus seinen Klamotten und massierte seine Beine, seine Hände und sein Gesicht mit Schnee. Sein Fleisch war von einem merkwürdigen Weiß und fühlte sich kalt und leblos an.
    »Wie bist du durchgekommen?« fragte ich, um ihn von dem Zustand seiner Gliedmaßen abzulenken.
    »Als es losging, dachte ich mir, daß es keinen Sinn hätte, weiter in Richtung Fort Epson zu stolpern, und kehrte sofort um. Der Sturm spielte Fangen mit mir, und innerhalb einer halben Stunde war ich so groggy, daß ich nur noch den einen Wunsch hatte, liegenzubleiben, aber ich kapierte so viel, daß ich dann nach einer halben Stunde unter einer Decke von Eis und Schnee begraben sein würde. So ging ich immer weiter, und wenn es mich hinhaute, stand ich immer wieder auf. Ich verlor sehr bald die Richtung, und zum Schluß ging ich wahrscheinlich im Kreis, aber ich ging und ließ mich nicht vom Schnee zudecken. Als es dann aufhörte, kroch ich in den Schlafsack und ruhte mich aus. Zwei Stunden später wollte ich weitermarschieren, aber ich kam nicht mehr richtig hoch. Nach einer halben Stunde war ich schon wieder erledigt und zog mich wieder in den Sack zurück und dachte, daß es nun wohl zu Ende sei, wenn ich nicht gefunden würde. Na ja, ihr habt mich ja gefunden.«
    Hughs hatte den Tee bereitet. Er weckte die anderen. Wir kippten eine Menge von dem Zeug in uns hinein, und danach ging es uns ganz gut. Selbst Frewas stellte vorübergehend seine gemurmelten Flüche ab. Phil wurde wieder verladen. Wir setzten unseren Marsch zum Camp fort.
    Zwei Stunden nach Mittag wuchtete die erste der beiden Klippen vor und hoch. Noch einmal begann eine erstklassige Schinderei, als wir Phil über die vereiste Felswand transportieren mußten. Aber wir schafften es. Auf dem Plateau zwischen erster und zweiter Klippe machten wir einen Augenblick lang Rast. Ich saß neben Phil und schob ihm von Zeit zu Zeit die Zigarette zwischen die Lippen.
    »Wollen wir weiter, G-man?« rief Hughs, der bei den anderen hockte.
    »Okay«, antwortete ich. In diesem Augenblick fielen die ersten drei Schüsse vom Klippenabsatz herunter. Es war genauso wie bei unserer Ankunft. Eine der Kugeln riß mir die Fellmütze vom Kopf, die zweite stäubte vor meinen Füßen den Schnee auf, die dritte ploppte in Phils Schlafsack.
    Ich sprang auf die Füße, den Revolver in der Hand. Weit und breit keine Deckung. Das Felsgeröll war unter den Schneemassen des Blizzards verschwunden.
    Wilde, kochende Wut schoß in mir hoch. Ich feuerte vier meiner sechs Schüsse gegen die Spitze der Klippe ab, sinnlose Schüsse, denn es war zu weit für einen Revolver, und außerdem war ihre Deckung ausgezeichnet.
    Die Antwort bestand aus noch drei Schüssen. Ich fühlte etwas an meinem Ohr brennen. Gleich darauf sickerte mir das Blut warm am Gesicht hinunter.
    »Ihr Schweine!« schrie ich in hilflosem Zorn. »Ihr verdammten unfairen Schweine!«

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