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0010 - Ich gegen alle

0010 - Ich gegen alle

Titel: 0010 - Ich gegen alle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delfried Kaufmann
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Schreie und ellenlange Flüche.
    Bis sich endlich die Stimme Vanboughts durchsetzte: »Bleibt stehen, zum Teufel! Warum rennt ihr weg? Über ein Dutzend Männer türmen vor einem einzigen Polizisten. Los, jetzt ist er außerhalb seiner Hütte, und jetzt machen wir ihn fertig…«
    Ich sandte eine Kugel in die ungefähre Richtung, und sie muß wohl ganz gut gelegen haben, denn er verschluckte sich und brach seinen Speech ab.
    Eine halbe Stunde blieb es ruhig. Dann schien Vanbought seine Herde gesammelt und eingeteilt zu haben, denn es ging los. Sie nahmen mich unter Feuer. Ich zog nicht mal den Kopf ein. Erstens hatte ich von ihren Schießkünsten keine sehr hohe Meinung, und zweitens konnten sie mich, solange es dunkel war, nur durch einen unwahrscheinlichen Zufall erwischen. Ich schoß ein wenig zurück, nur so, daß sie merkten, daß ich noch da war. Ich richtete mich nur ganz ungefähr nach dem Mündungsfeuer ihrer Waffen, weil ich gar nicht die Absicht hatte, einen von ihnen zu töten oder zu verwunden. Sie allerdings orientierten sich nach dem Aufblitzen meines Gewehrs, und mit der Zeit schossen sie sich gut ein, daß es mir ratsam schien, einen Stellungswechsel vorzunehmen.
    Von mir aus hätte dieses Spielchen noch ein paar Stunden weitergehen können. Die einzige Gefahr lag darin, daß Vanbought und vielleicht Bauber und Hughs sich während des Geknalles stillschweigend seitwärts verkrümelten und den Wall passierten. Er hatte immerhin eine Länge von gut hundert Yard.
    Ich begann eine Art Patrouillendienst, lief mal hierhin und lief mal dahin. Ich schoß infolgedessen spärlicher, und meine Gegner faßten so viel Mut, daß sie sich näher heranarbeiteten. Ich tat, was ich konnte, um sie in gehörigem Abstand zu halten, aber sie schienen jetzt die Meinung gefaßt zu haben, ich könnte in der Dunkelheit nicht besser treffen als sie, und so schien in ihnen der Entschluß gekeimt zu sein, den Durchbruch zu erzwingen.
    Kalt war mir zu diesem Zeitpunkt nicht mehr. Im Gegenteil, ich schwitzte, und ich warf immer wieder einen Blick zu den Spitzen des Sun-Valley-Gebirges, über dem der Mond nach meinem Gefühl längst aufgegangen sein mußte.
    Vanboughts Leute waren jetzt so nahe heran, daß ich im Aufblitzen der Waffen manchmal sogar einen Umriß erkennen konnte. Lange konnte ich den Scherz nicht mehr als Scherz betreiben, sondern ich mußte ernsthaft zielen, mußte mindestens einen von ihnen treffen, um die anderen zurückzuscheuchen. Ich tat es nicht gern, aber ich legte mich wieder in meine Vertiefung zurecht, zog den Gewehrkolben an die Wange und machte mich bereit.
    Plötzlich begannen die Spitzen des Sun-Valley-Gebirges silbern zu schimmern. Das Silber kroch an den Bergplanken herab, ergoß sich langsam in die Schlucht und das Hochplateau, und dann stand der Mond fast voll am Himmel.
    Ich entdeckte die vierzehn krabbelnden Gestalten unter mir. Wie Schattenrisse gegen eine weiße Wand, so hoben sie sich vom Schnee ab, ich aber lag gut gedeckt in meiner Mulde und außerdem höher als sie.
    Ich nahm den ersten aufs Korn und setzte ihm eine Kugel vor die Nase, so daß der Schnee ihm in die Augen spritzte. Er ließ sein Gewehr liegen, drehte sich auf dem Bauch um und kroch eiligst davon.
    Der zweite lief schon bei der ersten Kugel, die allzu nahe bei seinem kostbaren Körper einschlug. Hingegen wollte sich der dritte offenbar auf ein Feuerduell mit mir einlassen. Er hatte das Pech, daß ich Glück hatte. Eine meiner Kugeln traf den Lauf seines Gewehrs, und als er die Funken sprühen sah und den Querschläger wimmern hörte, da langte es auch ihm, und er lief davon.
    Seine Kumpane hatten unterdessen die Stelle, an der ich lag, redlich unter Feuer gehalten, aber jetzt dämmerte es ihnen offensichtlich, daß ich sie viel besser sehen konnte als sie mich, und sie rannten davon.
    Der Platz vor dem Wall war leergefegt. Ein paar Schatten bewegten sich in der Nähe der Häuser.
    Ich richtete mich auf ein langes Warten ein. Vor der Dämmerung, und mit ihr war vor acht Uhr morgens nicht zu rechnen, konnte ich meinen Posten nicht verlassen. Ich glaubte nicht, daß Vanbought seine Leute noch einmal zu einem Angriff auf mich überreden konnte, aber vielleicht versuchten er selbst und Bauber einen Trick, obwohl er mir zu den Leuten zu gehören schien, die am liebsten andere für sich kämpfen ließen.
    Ich wartete Stunde um Stunde. Ich sah, daß in Vanboughts Hütte ein Licht brannte. Es fiel mir schwer, die Augen offenzuhalten.

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