0011 - Der Irre mit der Teufelsgeige
Lehne und war bereit, jedem Eindringling das Möbelstück über den Kopf zu schmettern. Aber noch blieb es still.
Dann eine Stimme. Hechelnd, kichernd. »Sie ist hier drin – nicht wahr?«
Eine zweite Stimme antwortete. »Ja…«
»Warum gehen wir nicht hinein?«
»Es ist abgeschlossen.«
»Als ob uns das daran hindern könnte…« Wieder das Hecheln.
Wie hypnotisiert starrte die Detektivin auf die Tür. Sie wartete darauf, dass ein Riegel zurückschnappte und die Tür aufflog.
Das geschah nicht. Dafür etwas anderes. Eine grüne, gallertartige Flüssigkeit kroch unter der Türritze hervor und breitete sich blitzschnell im Zimmer aus…
***
Ich wollte diesen Frank Scott gar nicht erst vorwarnen und rief ihn deshalb auch nicht an. In der Bedford Street selbst fand ich keinen Parkplatz, dafür auf einem in der Nähe liegenden Schulhof, der nachmittags als Abstellfläche für Wagen benutzt werden durfte.
Ich musste ungefähr zweihundert Yards zu Fuß gehen. Machte nichts. Tat auch mal gut.
Das Post Office war ein grauer Betonbau mit vergitterten Scheiben im Parterre. Daneben und etwas nach hinten versetzt stand das Haus, in dem Frank Scott lebte. Es war renoviert worden. Altbau-Modernisierung nennt man so etwas.
Irgendein Künstler hatte die Frontseite gelb angestrichen und die Fensterrahmen in einem knalligen Grün. Zur Haustür führte eine Treppe hoch, die wiederum von einem Eisengeländer eingerahmt wurde.
Auf den Stufen prügelten sich zwei Kinder, während ihre Mütter sich gegenseitig ausschimpften. Ich hatte mal einen Slogan gelesen. Farbige Hausfassaden machen Menschen fröhlicher, hieß es in der Werbebroschüre. Hier schien das nicht so zu sein. Gemeinsam rollten die beiden Jungen dann die Stufen hinunter und blieben dicht vor meinen Fußspitzen liegen. Sie prügelten sich weiter.
Ich stieg über die Kämpfer hinweg und drängte mich zwischen die beiden Frauen.
»Sorry«, sagte ich und setzte mein Sonntagslächeln auf. »Wissen Sie zufällig, ob Mr. Scott zu Hause ist?«
Sie antworteten synchron. Ihren Worten entnahm ich, dass Frank Scott unter dem Dach wohnte. Ich bedankte mich und betrat durch die offenstehende Haustür den breiten Flur.
Eine Holztreppe führte nach oben. Gemächlich schritt ich die Stufen hoch. Nach der vierten Etage wurde die Treppe schmaler, und schließlich stand ich vor Frank Scotts Tür. Das messingfarbene Namensschild fand ich auf dem Holz. Scott hatte sogar seinen Beruf darauf angegeben: Journalist.
Ich fand eine Klingel und betätigte als höflicher Mensch den Drücker. Der Gong war melodisch und ziemlich laut. Scott musste direkt hinter der Tür gelauert haben, denn er öffnete sofort.
Unter schwarzem Haar sah mich fragend ein blasses, etwas spitz wirkendes Gesicht an. Frank Scott war mittelgroß, ziemlich dünn, trug eine Cordhose, ein kariertes Hemd und eine weit fallende Strickjacke.
»Sie wünschen?«
Ich stellte mich erst einmal vor. Scotts Augen wurden groß. »Polizei?«
»Scotland Yard«, präzisierte ich. »Kann ich Sie einen Moment sprechen, Mr. Scott?«
»Worum handelt es sich denn?«
»Das möchte ich gern in Ihrer Wohnung mit Ihnen bereden.«
»Tja, also…« Zögernd nur gab Frank Scott die Tür frei. »Wenn Sie meinen…«
Ich betrat die Wohnung und glaubte, in der Behausung eines verrückten Malers gelandet zu sein. Der Flur war schmal. Rechts zweigten zwei Türen ab. Die Wand an der linken Seite war durch Vorhänge verdeckt. Die Stoffe zeigten wirre, grellbunte Motive.
Geradeaus stand die Tür offen. Dahinter lag der Wohnraum. Er war ziemlich groß. Hier hatte der Künstler die Wände direkt bemalt. Fratzen, Ungeheuer, ein Bild von Gevatter Sensenmann, und alles in grellen Farben. Wie man sich hier wohl fühlen konnte, war für mich ein Rätsel.
Sitzgelegenheiten gab es genug. Sie lagen auf dem Boden verstreut herum. Würfelförmige Gebilde aus Schaumstoff. Auch hier waren sämtliche Farben des Spektrums vertreten. Ich nahm auf einem roten Würfel Platz. Frank Scott setzte sich mir gegenüber.
Schon beim Eintritt war mir ein sehr bekannter Duft aufgefallen. Deshalb fragte ich auch ziemlich direkt. »Rauchen Sie immer Hasch?«
Frank Scott verzog die Mundwinkel. »Wollen Sie mir daraus einen Strick drehen?«
»Nein. Es ist Ihre Gesundheit, die Sie sich ruinieren. Ich bin aus einem anderen Grund hier.«
»Und der wäre?«
»Ich möchte, dass Sie mir etwas über Professor Zarcadi erzählen. Sie haben ihn doch interviewt.«
»Das
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