0013 - Ich bezwang den »Lächler«
Das Schmuggelgeschäft von James Crainewood konnte er nicht ausnutzen, solange Suthbeer gegen ihn stand. Es kam hinzu, daß er nicht, wie sonst ein echter Gangsterboß, aus allen Aktionen persönlich herausgeblieben war, so daß ihm nie eine Straftat nachgewiesen werden konnte, sondern daß er gewiß sein mußte, daß der geschickteste Anwalt ihn nicht mehr retten konnte, wenn er einmal vor Gericht stand.
Ich sah in den Stunden, in denen ich mich mit Joe Bender beschäftigte, im Geiste sein verändertes Bild vor mir. Immer noch war er ein kluger Mann, den das Schicksal in die Rolle des Desperatlos hineingetrieben hatte, und der eine Verzweiflungstat der anderen folgen lassen mußte und doch dadurch nicht aus dem Sumpf und der hoffnungslosen Situation herauskam, in der er steckte.
Jetzt, wahrscheinlich ohne viel Geld, konnte er nur noch durch Furcht die Männer bändigen, die er als Bande um sich gesammelt hatte, und wenn er nicht bald die Gier seiner Horde nach Geld und allen Lastern dieser Erde befriedigen konnte, dann würde einer von ihnen, vielleicht Sam Knight, ihm eine Maschinenpistolengarbe in den Rücken jagen, um sich das Kopfgeld zu holen, das Glen Suthbeer vielleicht schon in aller Heimlichkeit ausgesetzt hatte.
Es gab wahrhaft nur noch einen Weg für ihn. Fiel er uns in die Hände, so brachten wir ihn vor den Richter, und der Richter schickte ihn auf den elektrischen Stuhl.
Geriet er in die Hände von Glen Suthbeer, so jagten sie ihm ein paar Kugeln in den Körper und warfen ihn in den Hafen. Konnte er die Disziplin seiner Leute nicht länger aufrechterhalten, so töteten sie ihn von hinten.
Seine einzige Chance war, Suth aus dem Sattel zu heben, Herr des Hafens zu werden, seinen Bandenmitgliedern mit Dollarscheinen die gefräßigen Mäuler zu stopfen und selbst aus der Dunkelheit heraus zu regieren.
Dies war der letzte Weg, den er mit einem Anflug von Hoffnung noch gehen konnte, und mir schauderte bei dem Gedanken um die Gegenmaßnahmen, die Suth gegen Bender ergreifen wollte, die er offenbar schon eingeleitet hatte und von denen er sich einen endgültigen Triumph über den ›Lächler‹ versprach.
Ich unterschätzte Glen Suthbeer nicht. Sicherlich war er nicht so klug wie Bender, aber er war schlau und verschlagen und sehr brutal.
***
Ich erhielt die Aufklärung über die Gegenmaßnahmen Glen Suthbeers schon am nächsten Abend, und ich erhielt sie von Joe Bender selbst.
Es war gegen zehn Uhr abends. Phil war in meiner Wohnung. Wir spielten eine Partie Schach miteinander. Ich war etwas zerstreut, und es stand nicht gut um meinen König.
Phil bewegte den Springer. »Schach!« sagte er.
Ich überlegte die weiteren Züge, als das Telefon klingelte.
Der Apparat stand in Reichweite. Ich nahm den Hörer ab, ohne den Blick vom Schachbrett zu lassen.
»Cotton«, meldete ich mich.
»Hier spricht Joe Bender«, sagte eine Stimme, die ich niemals als die des ›Lächlers‹ erkannt hätte. Sie war verzerrt und bebte wie die Stimme eines Mannes, der sehr viel getrunken oder der sehr große Angst hat.
»Wer spricht?« fragte ich in der ersten Überraschung zurück.
»Ja, Bender«, bestätigte der Anrufer. »Sie haben sich nicht verhört. Ich bin es wirklich!«
Ich gab Phil ein Zeichen. Er beugte sich vor und nahm die Mithörmuschel ans Ohr.
»Wundem Sie sich nicht, Mr. Cotton«, sagte Bender fahrig. »Ich brauche Ihre Hilfe. Ja, es klingt verrückt, aber ich brauche jetzt wirklich Ihre Hilfe.«
»Bender!« rief ich. »Wir suchen Sie wegen Mordes!«
»Das spielt im Augenblick keine Rolle. Hören Sie zu, Mr. Cotton. Ich erhielt vor zehn Minuten eine Botschaft von Glen Suthbeer. Er behauptet, er hätte sich meiner Frau und meiner Tochter bemächtigt. Er verlangt, daß ich mich innerhalb dreier Tage unbewaffnet bei ihm einfinde. Dann will er meine Familie ziehen lassen, ohne ihr ein Haar zu krümmen.«
»Ihre Familie ist doch in Mexiko!«
»Suthbeer kann sie entführt haben. Cotton, ich fürchte, er sagt die Wahrheit. Bitte, helfen Sie mir. Rufen Sie die mexikanische Polizei an. Bitte, lassen Sie feststellen, ob meine Familie noch in Mexiko ist.«
»Wo halten sich Ihre Frau und Tochter in Mexiko auf?«
»In einem Landhaus bei Castellidad. Es heißt ›Casa Poras‹. Rufen Sie an, Mr. Cotton, und bitten Sie die mexikanische Polizei, sie möchte meine Familie in Schutzhaft nehmen, wenn — wenn es noch nicht zu spät sein sollte.«
»Okay, ich tu's, Bender. Wo kann ich Sie erreichen, um Ihnen
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