0015 - Die Spur durch Zeit und Raum
Geschwindigkeit. Der Barbar starrte mit weit aufgerissenen Augen auf das Wunder und fand nicht einmal die Kraft, seinem eigenen Speer auszuweichen, der nach einem verschnörkelten Irrflug fast senkrecht landete und seinen rechten Fuß in die harte Lehmerde des Burghofes nagelte.
Er stieß einen furchtbaren Schrei aus, der in der Hauptsache seinem Schreck zuzuschreiben war. Gagat neben ihm hatte sich nicht gerührt. Er war vollauf damit beschäftigt, die anderen Speere seiner Soldaten zu beobachten, die mit ähnlichen Kapriolen aufwarteten. Einige stiegen so hoch, daß man sie nicht mehr sehen konnte. Andere wiederum änderten lediglich die Flugrichtung und prallten mit solcher Wucht gegen die Steinmauern der Befestigungen, daß sie in der Mitte zerbrachen. Keiner aber erreichte sein Ziel.
Rhodan hatte inzwischen seinen Strahler auf die verblüfften Barbaren gerichtet. Er bestrich sie mit einem leichten Neutronenschauer. Als Gagat wutentbrannt nach seinem Schwert griff, um seinen Soldaten mit gutem Beispiel voranzugehen, tauchte unvermittelt das schwarze Gespenst des Afrikaners neben ihm auf, nahm ihm in aller Ruhe das Schwert ab und war dann spurlos verschwunden.
Der Barbar stand da, wie vom Schlag getroffen. Und dann durchfloß ihn der elektrische Strom. Diese Form der Energie war ihm völlig unbekannt. Die schreckensbleichen Gesichter seiner Krieger verrieten ihm, daß er nicht allein dieses Phänomen erlebte. Wer waren diese Fremden? Ehe er einen Entschluß fassen konnte, sprach einer von ihnen. Und er konnte sogar verstehen, was er sagte.
"Gagat, kehre in dein Land zurück, oder die Götter werden dich und deine Männer töten. Zum Zeichen dafür, daß wir es ernst meinen, geben wir dir ein letztes Zeichen und eine letzte Warnung."
Anne Sloane nickte, als Rhodan sie ansah. Sie konzentrierte sich auf Gagat, und dann geschah das Grauenhafte.
Der Anführer der Barbaren spürte plötzlich, wie das Kribbeln in seinen Glieder nachließ, aber gleichzeitig verlor er den festen Boden unter den Füßen. Er schwebte empor, höher und höher, bis er die obersten Zinnen der Burg erreichte. Mit aufgerissenen Augen und schlaff herabhängenden Beinen stieg er weiter, wie ein Luftballon. Eine Weile hing er über den auf Leben und Tod kämpfenden Kriegern beider Seiten, die um den Besitz der Burgplattform stritten. Zuerst bemerkte ihn niemand, aber dann schrie jemand auf.
Aller Augen richteten sich nach oben, und die bereits erhobenen Arme mit den schlagbereiten Waffen sanken kraftlos herab. Gagat, der gefürchtete und erbarmungslose Barbar, konnte fliegen!
Das war ein harter Schlag für die Soldaten Lesurs, aber er währte nur Sekunden. Dann verriet ihnen die Reaktion der Barbaren, daß es keineswegs normal war, wenn Gagat flog. Auch Gagat selbst verriet sich. Als er so reglos dicht über den Köpfen seiner Soldaten schwebte, begann er laut zu rufen.
"Die Götter sind auf seiten Lesurs!" schrie er verzweifelt. "Sie haben mich emporgehoben und werden mich in die Tiefe stürzen lassen. Lasset ab vom Kampf, wir haben verloren! Gegen Götter vermögen wir nichts auszurichten."
Marshall unten im Burghof vernahm schwach die Worte Gagats. Er wandte sich an Ralf Marten, den Teleoptiker.
"Ralf, nehmen Sie Verbindung zu Gagat auf. Was geschieht mit ihm?"
Der große und dunkelhaarige Halbjapaner nickte. Er zog sich ein wenig zurück und lehnte sich gegen die Burgmauer. Hier konnte er es wagen, seinen Körper für kurze Zeit zu verlassen. Rhodan würde schon dafür sorgen, daß ihm niemand zu nahe kam, solange er hilflos war.
Eine Sekunde später sah er durch Gagats Augen. Er blickte in die entsetzten Gesichter der Barbaren und in die plötzlich wieder hoffnungsvollen Züge von Lesurs Männern. Und er hörte auch, wie der Barbarengraf erneut rief: "Flieht, so lange es noch Zeit ist. Vielleicht verschont mich der Zorn der Götter, wenn wir gehorchen. Verlaßt die Burg Lesurs, so schnell ihr könnt!"
Ralf Marten kehrte in seinen Körper zurück, denn er hatte genug gehört. Rhodan sah ihm erwartungsvoll entgegen. "Nun?"
"Es genügt, glaube ich", sagte Marten lächelnd.
Die Flucht der Barbaren begann überstürzt. Sie achteten nicht auf den Schauer der Neutronen, sondern rissen ihre Schwerter aus den Scheiden und stürmten auf die Burgmauern zu, wo noch die Leitern standen, mit denen sie das Hindernis erklommen hatten. Einer hemmte den anderen, und mehr als eine Leiter kippte vollbesetzt um.
Schwieriger gestaltete sich die
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