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0015 - Ich starb um elf Uhr zwanzig

0015 - Ich starb um elf Uhr zwanzig

Titel: 0015 - Ich starb um elf Uhr zwanzig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Werner Höber
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flach an die Wand gepreßten Rücken. Ich könnte mich heute noch ohrfeigen, wenn ich nur daran denke. Aber wer sollte auch auf diesen Gedanken kommen!
    Das Mädchen legte den kleinen Riegel herum und öffnete die Tür. Ein Name entschlüpfte ihren Lippen: »Joe!«
    Und in der gleichen Sekunde knallte es auch schön zweimal hintereinander, kurz und hart. Das Mädchen zuckte zusammen, als hätte es einen Schlag von einer Peitsche erhalten, dann ging sie langsam in die Knie.
    Ich riß meine Null-acht hoch und und sprang über sie hinweg.
    »Phil, kümmere dich um das Mädchen!« schrie ich und jagte hinaus in den Korridor.
    Vergebene Liebesmüh. Keine sechs Schritte weiter war die Kreuzung der Korridore. Der Bursche konnte sich in irgendeinen verdrückt haben. Ich peilte trotzdem in jeden Flur hinein, aber es war wie verhext. Überall gingen Türen auf und neugierige Leute rasten heraus. Als sie meine Null-acht sahen, verschwanden einige wieder, andere blieben wie gelähmt stehen. Aber unter dieser Menschenansammlung konnte der Kerl einen Lift gewinnen, bevor ich auch nur drei Männer richtig angesehen hatte.
    'Ich hetzte zum nächsten Lift und fuhr hinunter ins Erdgeschoß.
    »Ist hier eben ein Mann herausgekommen?« fragte ich den Portier, Er warf einen mißbilligenden Blick auf meine Waffe und sagte süßsauer: »Allerdings, Sir. Hier gehen in der Minute etwa zwanzig Menschen aus und ein. Darunter waren sicher an die acht bis zehn Männer.«
    Ich brummte einen Fluch und schob meine Null-acht zurück unter die Jacke. Mit gemischten Gefühlen fuhr ich wieder hinauf ins zwölfte Stockwerk. Die Tür stand noch immer offen und eine Menge neugieriger Leute stierte lüstern über die Schwelle. Das Mädchen lag auf dem Rücken. In der Herzgegend war der Morgenrock durchlöchert.
    Phil stand hinten am Fenster und hielt den Telefonhörer in der Hand. Bei dem Stimmengewirr der Neugierigen konnte ich nicht verstehen, mit wem er sprach.
    »Gehen Sie zurück in Ihre Zimmer!« rief ich gegen den Lärm an. »FBI! Gehen Sie zurück in Ihre Wohnungen!«
    Eine alte Dame, die mit brillantenübersäten Fingern vor meinem Gesicht herumfuchtelte und unentwegt um Hilfe rief, schob ich kurzerhand einem Dicken in die Arme, der in Unterhosen herumstand und vor Angst zitterte. Manchmal weiß man wirklich nicht, was die hervorstechendste Eigenschaft des Menschen im allgemeinen ist: Angst oder Neugierde. Ich war froh, als ich mir endlich Durchgang verschafft hatte und die Zimmertür hinter mir zuziehen konnte.
    Phil war fertig mit dem Telefonieren und kam heran.
    »Ich habe die Mordkommission angerufen«, sagte er.
    Ich nickte. Der Kerl hatte gut gezielt, zu gut.
    Wir konnten nichts weiter tun als warten. Zum Glück dauerte es nicht lange. Wir machten unsere Aussagen und zeigten unsere Dienstausweise. Den Leiter der Mordkommission weihten wir ein wenig in unseren Fall ein. Er versprach, daß er vom Spurensicherungsdienst die ganze Bude millimeterweise würde durchsuchen lassen. Alles, was man dabei an eventuell interessanten Sachen finden sollte, würde er uns zeigen.
    Wir verließen die Stätte des Todes und fuhren hinab in die Diele. Als wir am Pförtner Vorbeigehen wollten, rief er uns zu:
    »Verzeihung, die Herren: Ist einer von Ihnen etwa Mister Cotton?«
    Ich trat an seinen Schalter.
    »Das bin ich. Was gibt‘s?«
    Er musterte mich prüfend und sagte:
    »Können Sie Ihre Identität nachweisen? Ich habe Ihnen einen Brief auszuhändigen, aber nur, wenn einwandfrei erwiesen ist, daß Sie Mister Cotton sind.«
    Ich hielt ihm meinen Ausweis unter die Nase. Er verglich das Paßbild mit meinem Gesicht und gab mir dann schließlich den Ausweis zurück.
    »Hier ist der Brief!«
    Ich holte mein Taschentuch hervor und wickelte es mir um die Fingerspitzen. Phil tat das gleiche und hielt den Umschlag fest, während ich ihn aufriß. Mit umwickelten Fingerspitzen ging das ein bißchen schwer, aber schließlich hielt ich den Bogen in der Hand, der im Umschlag gesessen hatte.
    Ich las:
    »Ein paarmal ging es daneben. Aber einmal erwischen wir Sie, Cotton, das dürfen Sie glauben! Wenn Ihnen Ihr Leben lieb ist, verduften Sie so schnell wie möglich aus New York. Wir lassen Ihnen noch drei Tage Zeit. Wenn Sie sich dann noch in New York aufhalten, sind Sie in den dann folgenden zwölf Stunden nicht mehr unter den Lebenden! Sie sind gewarnt!«
    Ich grinste. Phil grinste. Der Portier machte maßlos erschrockene Augen. Er hatte den Brief über meine Schulter

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