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0015 - Ich starb um elf Uhr zwanzig

0015 - Ich starb um elf Uhr zwanzig

Titel: 0015 - Ich starb um elf Uhr zwanzig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Werner Höber
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lassen. Die sollen einen Polizeihubschrauber oder noch besser eine schnelle Polizeimaschine in ihrer Nähe auftreiben. Die Papiere können sie soweit fertigmachen, daß nur noch Ihr Bild und der Bildstempel fehlt. Dann sollen sie uns einen Stempel mitschicken, sie werden sicher nicht nur einen haben. Wir heften Ihr Bild ein und stempeln es hier ab. Auf diese Weise braucht das Flugzeug nicht erst von hier zu starten, sondern kann gleich von Leavenworth kommen. Der Fall kostet eine Menge Geld, Jerry. Hoffentlich rechtfertigen die Ergebnisse meine Großzügigkeit vor der Rechnungskammer.«
    »Davon bin ich ziemlich überzeugt. Wann wird das Flugzeug hier sein können, wenn es nur eine Route zu fliegen hat?«
    »Im Laufe der Nacht.«
    »Gut. Lassen Sie mir die fertigen Papiere mit allem, was ich wissen muß, in einem verschlossenen Umschlag in die Met-Pension schicken. Liegt auch im Hafen. Ich werde mir dort ein Zimmer mieten. Ich rufe ab heute jeden Tag zweimal bei Ihnen an. Morgens um neun und abends um sieben. Wenn ein Anruf ausbleibt…«
    »Das wollen wir nicht hoffen, Jerry!« sagte Mister High ernst. »Sonst würden Ihre Kollegen das ganze Hafenviertel auf den Kopf stellen!«
    ***
    Den Rest des Tages verbrachte ich damit, mir bei einem Trödler alte Sachen und einen alten Koffer zu kaufen, in die Pension einzuziehen, zu essen und ausgiebig zu schlafen.
    Um acht stand ich auf. Draußen war es bereits dunkel. In meiner kleinen billigen Bude roch es nach allem Möglichen, bloß nicht nach guter Seife.
    Ich verbrachte eine gewisse Zeit damit, mir eine sogenannte Waschschüssel anzusehen, in der abgestandenes Wasser war. Fließendes Wasser in jedem Zimmer — du lieber Gott, ebensogut hätte man am Nordpol blühende Maiglöckchen verlangen können, wie in dieser Pension fließendes Wasser.
    Nach ein paar Minuten wusch ich mich dann doch. Ich nahm mir aber vor, mir wenigstens am nächsten Vormittag ein Stück besserer Seife zu besorgen, als das, was neben meiner Waschschüssel lag.
    Eine Viertelstunde verbrachte ich damit, meine Null-acht bei abgeschlossener Tür sorgfältig auseinanderzunehmen, zu ölen und wieder zusammen zu setzen. Ohne Magazin probierte ich den Abzug. Es ging, wie man es von einer frisch gereinigten und geölten Pistole erwarten darf: ausgezeichnet. Ich lud das Magazin auf, steckte mir eine Handvoll Patronen in beide Hosentaschen und verließ zufrieden und wohlgerüstet meine schmutzige Bude.
    Harpies Kneipe schien im Hafen meilenweit bekannt zu sein. Ich fragte zur Probe einige Leute, die mir entgegenkamen, und alle wußten, wo sie lag.
    Sie war nicht gerade eine Spelunke, aber sie war garantiert auch kein sauberes Lokal.
    Als ich den Laden betrat, war er mit schätzungsweise fünfzig Leuten besetzt. Mindestens die Hälfte davon hockte vor der großen und langen Theke, welche die Form eines Hufeisens hatte.
    Die übrigen saßen an kleinen Tischen, die an der Wand standen. Der Eingangstür gegenüber lag eine zweite Tür, deren Zweck unersichtlich war. In der linken Ecke des Raumes, von der Tür aus gesehen, war eine dritte Tür mit einem Schild. Es verriet, daß man durch diese Tür zu gewissen Örtlichkeiten gelangte. Drei Wände hatten keine Fenster, nur rechts und links von der Eingangstür war je eines. Die Decke konnte ein durchschnittlich groß gewachsener Mensch mit den ausgestreckten Händen erreichen. Von ihr hingen ein paar trübe Lampen herunter, die vom Luxus eines Lampenschirms nicht verschönt waren.
    Es ist eine von unseren Berufserfahrungen, daß man sich in fremden Räumen sofort nach allen Türen und Fenstern umsehen soll. Man weiß dann, woher Überraschungen kommen können. Ich hatte mit einem raschen Rundblick die Lage aller Türen und Fenster festgestellt und ging jetzt zu einem Tisch, an dem nur ein einzelnes Mädchen saß. Der Tisch stand in einer Ecke und hatte den Vorteil, daß man von ihm aus die ganze Bude übersehen konnte.
    Bei meinem Eintritt hatten sich ein paar Leute, die der Tür am nächsten saßen, neugierig nach mir umgedreht, aber sie beachteten mich nicht weiter.
    »Sie gestatten?« brummte ich zu der geschminkten Schönheit, ohne den Hut abzunehmen.
    Sie musterte mich, dann nickte sie gnädig.
    Ich setzte mich und legte meinen Hut auf den letzten freien Stuhl, der jetzt noch am Tisch stand. Ein tätowierter Kerl in der Aufmachung eines Matrosen entpuppte sich als Kellner, und ich bestellte Whisky. Er brachte ein Gesöff, das mindestens zu zwei Drittel Wasser

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