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0016 - Ich gewann die letzte Runde

0016 - Ich gewann die letzte Runde

Titel: 0016 - Ich gewann die letzte Runde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delfried Kaufmann
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trug einen verwilderten Schnurrbart, der ehemals klein und elegant gewesen sein mußte.
    Ich suchte nach etwas, mit dem ich seine Fesseln lösen konnte, fand ein Küchenmesser und zerschnitt seine Fessel.
    »Können Sie aufstehen?« fragte ich.
    Er richtete sich auf. »Danke, es geht«, sagte er, jetzt in englisch, aber mit deutlichem Akzent.
    »Wollen machen, daß wir hier herauskommen.«
    Er ging mit schwankenden Schritten zur Tür.
    »Warten Sie, lassen Sie mich vorgehen«, verlangte ich, aber er hatte schon den Fuß auf den Rand gesetzt und sprang.
    Das Scheinwerferlicht des Lincoln erfaßte seine Gestalt.
    In seiner Schwäche war er ein wenig in die Knie gegangen, aber er richtete sich sofort wieder auf.
    Ich hörte den Schuß krachen.
    Ich war im Begriff hinunterzuspringen, und konnte mich gerade noch zurückwerfen. Der Mann, den ich vor zwei Minuten befreit hatte, lag mit ausgebreiteten Armen im Gras. Er war getroffen worden.
    Sicherlich denken Sie jetzt, daß es jetzt richtig gewesen wäre, den .38er aus dem Halfter zu reißen und denen dort draußen zu zeigen, was eine Harke ist. Ich bin ganz Ihrer Meinung, und ich hätte es liebend gern getan, nur… ich trug keine Waffe bei mir.
    Eine Kanone macht sich schlecht unter dem Smoking. Mein drohender Griff in die Brusttasche war nur Bluff gewesen, ein Bluff, der jetzt, da sie sich entschlossen hatten, es darauf ankommen zu lassen, nicht mehr half. Sie hatten die Masken fallenlassen, und nun mußten sie mich töten, wollten sie nicht in einer Stunde alle G-men von Washington auf dem Hals haben.
    Zeit durfte ich nicht mehr verlieren, und ein Ziel durfte ich dem Mann, der für sie seine Kugeln verfeuerte, auch nicht bieten. Wir wußten, wie genau er schoß, und ich hatte es gerade gesehen.
    Schnell, aber lautlos öffnete ich eines der Wohnwagenfenster nach der Flußseite hin, schwang mich durch die enge Öffnung und ließ mich auf den Grasboden fallen.
    Durch die Räder des Wagens hindurch konnte ich den kleinen Platz sehen, den die Scheinwerfer des Lincoln erhellten. Keiner von den Artisten war mehr sichtbar, aber ich hörte Faces Stimme: »Bolo! Lex! Schneidet ihm den Weg zum Fluß ab. Brandow, du auch. Fire! Schieß genau, wenn er nach vorn auszubrechen versucht.«
    Ich hörte hastige leise Tritte, und ich beeilte mich, mich selbst auf die Socken zu machen. Solange sie glaubten, daß ich bewaffnet sei, würden sie gewisse Hemmungen haben, mir allzu nahe zu kommen, aber wenn sie diese Illusion verloren, dann stürzten sie sich wie eine Meute Hunde auf mich.
    Ein paar Büsche trennten den Fluß vom Standort der Wagen. Ich erreichte die Büsche unangefochten. Ich hatte keine Ahnung, wie tief das Wasser war, aber ich hörte es rauschen, und reißende Flüsse sind meistens nicht sehr tief.
    Während ich noch überlegte, ob es sinnvoll sei, den Bach zu überqueren, hörte ich vom Lagerplatz aus einen wütenden Ruf: »Er ist weg! Los, zum Fluß! Wir müssen ihn finden!«
    Sie hatten also den Wohnwagen gestürmt. Und jetzt hörte ich sie auch schon heranstürmen.
    Ich patschte ins Wasser. Es war zunächst nicht tief, ging mir nur wenig über die Knie, aber es war wild und stellte hohe Anforderungen an meine Standfestigkeit.
    Zehn Schritte, dann tappte ich in ein ausgewaschenes Loch.
    Das Wasser schlug mir sofort über den Kopf. Die Gewalt des Flusses riß mich stromabwärts. Einmal von den Beinen, konnte ich mich so schnell nicht wieder aufrichten. Ich wurde über das Flußbett geschlurrt wie ein toter Fisch, prallte hier gegen einen Felsen, dort gegen einen toten Baumstamm und wurde nach einigen fünfzig Yard endlich gegen einen Felsblock gedrückt. Ich klammerte mich an dem glattgewaschenen Stein fest und richtete mich auf. Das Wasser ging mir an dieser Stelle bis über die Mitte der Brust.
    Ich sah Taschenlampen blitzen. Sie suchten den Fluß ab. Ich holte Luft und tauchte. Solange ich es nur aushalten konnte, blieb ich unter Wasser, und als ich Luft brauchte, schob ich nur eben die Nase an die Oberfläche.
    Ihr Suchkommando war jetzt schon über meinen Standort hinaus. Ich dachte daran, zum Lager zurückzukehren und den Lincoln zu entern. Ich löste mich von meinem Standort und kämpfte mich flußaufwärts. Es war eine mühselige Schinderei, und vor allen Dingen war sie ohne Erfolg. Ich trat wieder in ein Wasserloch, und da mit Schwimmen gegen das reißende Wasser nicht anzukommen war, wurde ich wieder flußabwärts gespült, und diesmal sogar über den Block

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