0018 - Die Hexenmühle
brechen, dann würde er sich auflehnen gegen den Terror der Blutsauger.
Die Zeit verging. Es wurde still. Nicht einmal das Ticken einer Uhr war zu vernehmen. Hinter dem Haus raschelten die Blätter eines Lindenbaums. Der Nachtwind hatte sie bewegt.
Das Ehepaar Hiller hing seinen Gedanken nach. Alma wurde schließlich so müde, daß sie im Sitzen einschlief. Das Kinn sank ihr auf die Brust. Horace legte seine Frau auf das Bett. »Schlaf du ruhig«, sagte er leise, »du hast es verdient.«
Er selbst wollte wach bleiben, er hätte in dieser Nacht sowieso keine Ruhe mehr gefunden.
Plötzlich hörte er das Kratzen.
Hillers Kopf flog herum. Seine Blicke saugten sich an der Fensterscheibe fest.
Er sah die Hand!
Fast hätte er aufgeschrien, so sehr erschreckte ihn der Anblick. Doch er fing sich schnell.
Die Hand gehörte einer Frau. Jetzt tauchte auch ein Gesicht auf, ein schönes Gesicht, ebenmäßig und glatt. Rote Haare waren zu Locken gedreht.
Hillers Herz pochte schneller. Er kannte das Wesen, das draußen in seinem Garten lauerte.
Es war Elena, der Vampir!
Wollte sie ihn jetzt zur Ader lassen? Unwillkürlich tastete Hiller seinen Hals ab. Die Kehle war plötzlich rauh und trocken. Elena krümmte den Zeigefinger und winkte Hiller heran.
Er wollte erst nicht, doch er näherte sich dem Fenster, gegen seinen Willen.
Nur die Scheibe trennte die beiden Gesichter. Der Wirt sah, daß Elena den Mund verzog und zwei spitze Vampirzähne präsentierte.
Hiller wollte um Hilfe schreien, doch seine Kehle war wie zugeschnürt.
Die Untote bewegte den Mund.
Öffnen! las Hiller von ihren Lippen ab.
Sollte er dieses Wesen freiwillig in den Raum lassen? Sie würde über ihn herfallen und ihm das Blut aussaugen.
Hiller las weitere Worte von den Lippen ab. Er war erstaunt. Die Untote wollte mit ihm reden, ihn nicht töten.
Der Wirt riskierte es. Er drehte am Hebel und ruckte das klemmende Fenster spaltbreit auf. Jetzt konnten sie sprechen.
»Laß mich ins Zimmer!« flüsterte Elena. Sie trat ein paar Schritte zurück, weil der Knoblauchgeruch zu intensiv wurde.
»Was willst du?«
»Sprechen, und zwar mit dir.«
»Aber meine Frau…«
»Schläft sie nicht?«
»Schon…«
»Nimm die Knoblauchzehen weg, und dann laß mich eintreten. Und entferne auch das Kreuz von der Wand. Es bereitet mir körperliche Schmerzen.«
»Nein«, erwiderte Hiller. »Bleib weg von mir.«
»Du bist dumm, Wirt. Sehr dumm. Bis jetzt haben wir dich verschont, doch solltest du Ärger machen, holen wir dich und deine Frau. Ich habe dir wirklich einen guten Vorschlag zu unterbreiten. Du wirst zufrieden sein. Glaub mir.«
Die Drohung der Wiedergängerin hatte bei Horace Hiller gefruchtet. »Gut«, sagte er, »komm.«
»Erst den Knoblauch und das Kreuz weg!« zischte Elena. Sie hatte sich geduckt und die Hände vor das Gesicht gepreßt. Horace Hiller tat, was die Untote verlangte. Er schaffte alles aus dem Zimmer und bewegte sich dabei auf Zehenspitzen, um seine Frau nicht zu wecken.
Dann war der Weg für Elena frei. Geschickt schwang sich die Blutsaugerin über die Fensterbank, sprang lautlos zu Boden und blieb mit gefletschten Zähnen stehen.
Jetzt bekam es der Wirt doch mit der Angst zu tun.
Elena merkte wohl, was mit ihm los war.
»Und nun zu uns beiden, Partner«, flüsterte Elena gefährlich leise…
***
Suko und ich schleppten das Bett aus dem Zimmer des Chinesen in meinen Raum.
»So, da können Sie sich hinlegen«, sagte ich zu Paul Maurer.
Der junge Mann, der soviel Schreckliches durchgemacht hatte, bedankte sich. »Wie kann ich das wiedergutmachen, was Sie für mich getan haben?«
Ich winkte ab. »Das ist selbstverständlich.«
Paul Maurer setzte sich hin und verschränkte die Arme unter dem Kopf. Er konnte noch nicht einschlafen und begann von seiner Heimat, Deutschland zu sprechen.
Ich ließ ihn reden, so dachte er wenigstens nicht mehr an die vergangenen Ereignisse.
»Geboren bin ich im Ruhrgebiet«, erzählte Paul Maurer, »und mit zehn Jahren nach Köln gekommen.« Er berichtete von seinem Studentenleben und von seinen Hobbys.
Nach zehn Minuten fielen ihm die Augen zu.
»Und was fangen wir mit der angebrochenen Nacht an?« erkundigte sich Suko.
»Wir schlafen ebenfalls.«
»Auf dem Boden?«
»Warum nicht.«
Suko grinste. »Dann ziehe ich einen Stuhl vor.« Er sprach nicht mehr weiter, setzte sich hin, legte die Beine auf den Tisch und war sofort eingeschlafen.
Diese Nerven hätte ich auch gern gehabt.
Ich hockte
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