0018 - Die Hexenmühle
zu. Die Schüsse hatten ihn aufgeschreckt.
»Wenn du kommst, ist alles vorbei!« rief ich ihm entgegen.
Ich verstand Sukos Antwort nicht, da ich bereits dabei war, den jungen Leuten auf die Beine zu helfen.
»Danke, Mister«, hauchte das Mädchen. »Ohne Sie…« Dann begann sie zu weinen.
Auch der junge Mann wirkte unsicher auf den Füßen. Er hatte mehr abbekommen als das Mädchen. Die Krallen der Fledermaus hatten einen Teil seiner Kleidung aufgerissen.
Suko kümmerte sich um das Mädchen. Es erschrak, als es den Chinesen sah.
Ich beruhigte es. »Keine Angst, Suko ist mein Freund. Er hätte Sie ebenso gerettet wie ich.«
Da ich Sukos Namen schon genannt hatte, stellten wir uns gegenseitig vor.
Mein Freund und ich erfuhren, daß die jungen Leute Kitty Lavall und Paul Maurer hießen.
Ich schlug vor, ins Gasthaus zu gehen. »Dort können wir uns dann in Ruhe unterhalten«, sagte ich.
Wir mußten Kitty und Paul auf dem Weg dorthin stützen. Die beiden waren zu erschöpft.
Unser Gang durch den Ort glich einem Spießrutenlaufen. Die Schüsse und Schreie hatten die Bewohner aufgeschreckt. Hinter den Fensterscheiben sahen wir die Umrisse von blassen Gesichtern.
»Wahrscheinlich haben sie sich schon vor Angst in die Hose gemacht«, knurrte Suko. »Ich drehe immer durch, wenn ich solche Feiglinge sehe.«
Ich verteidigte die Menschen. »Du weißt nicht, was sie alles hinter sich haben.«
»Trotzdem.«
»Dann hätten wir von keinem Hilfe zu erwarten gehabt?« fragte mich Paul Maurer.
»So ungefähr.«
»Mein Gott«, flüsterte der junge Mann. »Nie hätte ich damit gerechnet, daß es so etwas noch gibt. Das ist ja schlimmer als im Mittelalter. Aber wie schaffen Sie es, sich gegen diese Monster zu wehren? Sie haben geschossen und die verdammte Fledermaus getötet. Was ich über Vampire weiß, ist wenig. Man kann sie nicht mit normalen Kugeln töten.«
»Ich habe mit geweihten Silberkugeln gefeuert«, erklärte ich.
»Dann sind Sie nicht zufällig hier?«
»Nein.«
Wir hatten inzwischen das Gasthaus erreicht. Horace Hiller mußte uns gesehen haben, denn eröffnete sofort die Tür. Der Wirt sah noch bleicher aus. In seinen Augen flackerte es unstet. Nervös huschte seine Zungenspitze über die trockenen Lippen.
»Wir brauchen noch ein Zimmer für die jungen Herrschaften hier«, sagte ich.
Der Witt schüttelte den Kopf. »Das geht nicht.«
»Darf ich den Grund erfahren?« Meine Stimme klang scharf.
»Die beiden«, er zeigte auf Kitty und Paul, »werden von Vampiren gejagt. Die Blutsauger wollen sie haben. Sie lassen ihre Opfer nicht aus den Augen und verfolgen sie überall hin. Wenn die Verfolgten bleiben, habe ich die Untoten im Haus.«
»Wir sorgen schon dafür, daß Ihnen niemand etwas tut.« Der Wirt blieb bei seinem Nein.
Ich blickte ihn fest an. »Sie werden diesen jungen Menschen Unterschlupf gewähren. Oder ich klage Sie wegen unterlassener Hilfeleistung an. Haben wir uns verstanden?«
Er nickte.
»Und?«
»Kommen Sie rein.«
Hiller gab den Weg frei.
Mit scheuen Blicken folgten Kitty und Paul uns ins Haus. Ich blieb noch einmal stehen und wandte mich an den Wirt. »Geben Sie uns etwas zu trinken. Am besten eine Flasche Whisky. Die haben Sie doch?«
»Natürlich.« Er verschwand.
Wir aber gingen in mein Zimmer. Erschöpft legte sich Kitty auf das Bett, während ihr Freund auf dem Stuhl Platz nahm. Zum Glück waren beide nicht verletzt.
Paul Maurer hatte sein Gesicht in beide Hände vergraben. Manchmal schüttelte er den Kopf, als könne er seine und Kittys Rettung selbst noch nicht begreifen.
Niemand sprach ein Wort. Wir warteten darauf, daß der Wirt uns den Whisky brachte, Schüchtern klopfte Hiller an die Tür. Er trat ein und brachte eine Flasche Scotch mit vier Gläsern. Schweigend stellte er das Tablett auf den Tisch.
Ich hielt den Mann am Arm fest. »Nichts für ungut, Mr. Hiller«, sagte ich.
»Ja, danke.«
Auch Kitty nahm einen Schluck. Ich blieb bei ihr auf der Bettkante sitzen, als sie trank. Über den Rand des Glases hinweg schaute sie mich an. In ihren Augen flackerte immer noch die Angst. Tapfer schluckte sie den hochprozentigen Schnaps hinunter. Sie hustete und stellte das Glas weg. Auch Paul Maurer hatte den Whisky getrunken.
»Ich glaube, jetzt können wir uns in Ruhe unterhalten«, sagte ich. »Am besten, Sie berichten von vorn.«
Paul Maurer nickte. »Okay«, flüsterte er. »Aber wer sind Sie eigentlich?«
Ich klärte ihn über Sukos und meine Identität
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