0019 - Ich - und der große Ausbruch
Frederic Collin«, sagte er langsam. »Aber ich erkenne dich nicht an dem Erinnerungsbild in meinem Gedächtnis. Ich erkenne dich an den Bildern in den Zeitungen, als dein Prozeß war und du zu dreißig Jahren verurteilt wurdest.«
Der entflohene Zuchthäusler grinste.
»Okay, Tom. Kann mir denken, daß ihr in Bound Village ordentlich über meinen Fall getratscht habt. Schande der Gemeinde, verkommenes Subjekt, das werden die Bezeichnungen gewesen sein, mit denen ihr mich bedacht habt.«
Er lachte. »Aber immerhin, an Heimattreue fehlt es mir nicht. Ihr seht es daran, daß ich heute zu euch zurückkehre, an den gleichen Ort, den mein Vater verließ, als ich acht Jahre alt war.«
»Und was willst du bei uns?« fragte der alte Elvingstone.
»Hierbleiben. Hier in Bound Village will ich abwarten, bis sich der Sturm über den Ausbruch aus dem State Jail verzogen hat.«
»Mit allen den Leuten, die bei dir sind?«
»Mit allen Leuten.«
»Das ist unmöglich. Das FBI wird es merken. Sie werden dich fassen!«
»Irrtum, alter Tom. Ich weiß genau, wie es in Bound Village zugeht. Das einzige Telefon befindet sich bei dir. Der Postbeamte kommt einmal täglich von Conder. Wir werden uns bemühen, ihm nicht unter die Augen zu kommen, aber du wirst ihm erzählen, du hättest Leute eines kleinen New Yorker Betriebes zur Erholung hier. Die Milch liefert ihr bei der Molkerei in Conder ab. Wahrscheinlich betreibt immer noch die Familie von Wyring den Transport. Okay, sie sollen ihn weiter durchführen, nur daß ständig zwei meiner Leute mitfahren werden. Der Schulunterricht eurer Kinder wird weitergehen. Ihr habt ja einen eigenen Lehrer. Die Gemeinde ist reich.«
»Ich kann den Leuten nicht befehlen, dich nicht zu verraten«, erklärte der alte Elvingstone fest.
Collin fuhr aus seinem Sessel auf. Er trat nahe auf den Gemeindevorsteher zu.
»Ich weiß, Tom, aber sie werden es sich sehr überlegen, wenn ich ihnen mitteile, was ich dir jetzt sage. Ich bin zu dreißig Jahren verurteilt worden. Das bedeutet, daß ich mein Leben hinter Gittern verbringen muß, wenn sie mich wieder einfangen. Es wäre sinnlos, wenn wir versuchen wollten, uns jetzt ins Ausland durchzuschlagen. Wir kämen nicht durch, aber in drei oder vier oder sechs Wochen haben wir bessere Chancen. Wenn einer der Einwohner von Bound Village das Bedürfnis fühlen sollte, dem Gesetz unter die Arme zu greifen, indem er uns verpfeift, dann soll er dabei daran denken, daß es das ganze Dorf bezahlen muß. Wir ergeben uns nicht, und wenn das FBI mit einer ganzen Armee anrückt. Und wenn sie das Dorf mit Gewalt stürmen wollen, dann sterben wir vielleicht, aber die Einwohner von Bound Village sterben vor uns.«
Bei jedem Satz wurden die Züge des alten Elvingstone härter. Sie versteinerten sich gleichsam.
Seinem Sohn aber raubten die furchtbaren Sätze die klare Überlegung.
»Du Hund!« keuchte er. »Du elender Hund!« Und er stürzte sich mit geballten Fäusten auf den zynischen Gangster.
Er bekam Collin zu fassen, packte seinen Hals, würgte ihn. Der Führer der Ausbrecher wehrte sich, aber der junge Bauer war stärker. Trotzdem ging es nicht gut für ihn aus. Der Zuchthäusler Secchi, der ebenfalls im Zimmer war, nahm seinen Revolver aus der Tasche, drehte ihn um, ging zu dem kämpfenden Paar hin, alles ganz ruhig, fast langsam, und schlug Elvingstone den Kolben auf den Schädel. Der Junge sackte zusammen und fiel vor die Füße seines Gegners.
Elvingstone senior war hochgefahren, als sein Sohn zusammengeschlagen wurde, aber eine kühle Bewegung von Secchis Hand mit dem Revolver ließ ihn seine Machtlosigkeit erkennen.
Collin rieb sich den Hals. »Das versucht keiner von euch noch einmal«, sagte er drohend. »Es kommt mir nicht darauf an, hier einer Beerdigung beizuwohnen.«
Twin und noch einer der Ausbrecher kamen herein. Zwischen sich schleiften sie den alten Richard Benderbeck, der halb bewußtlos war.
»Das ist der Bursche, der geschossen hat«, sagte Twin. »Mit dem Ding hier!« Er warf einen altmodischen Trommelrevolver auf den Tisch.
»Der alte Benderbeck!« lachte Collin. »Tja, Rich, jetzt hättest du einmal Gelegenheit gehabt, deine Fähigkeiten als Sheriff unter Beweis zu stellen, aber anscheinend taugst du nicht viel.«
Benderbeck erkannte Collin sofort.
»Du bist es«, knurrte er mit seiner rauchigen Greisenstimme. »Das größte Unkraut, das je in Bound Village gewachsen ist. Dich fassen sie auch noch, Collin!«
»Aber du nicht, Richard,
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