002 - Die Angst erwacht im Todesschloss
Ihrer Ankunft. Ich muss wissen,
wen ich unter meinem Dach beherberge.«
Das klang plausibel.
»Kann ich die Waffenkammer durch das Musikzimmer erreichen?« Larry stellte
diese Frage, obwohl er sie nicht beantwortet zu haben brauchte. Er kannte den
Weg in die Waffenkammer aufgrund des Planes, den er eingehend studiert und sich
eingeprägt hatte.
»Ja natürlich. Aber was wollen Sie dort? Was ...«
Zugluft strich vom unteren Ende des Ganges über die beiden Männer hinweg.
Zwei Kerzen wurden ausgeblasen, als ob ein Unsichtbarer neben ihnen stünde. Der
Duke zuckte wie unter einem Peitschenhieb zusammen. Larry Brent wirbelte sofort
herum und richtete die Waffe in die Dunkelheit. Er vernahm das leise Geräusch,
das die Tür des Musikzimmers über ihnen verursachte, als ob sie immer wieder
gegen das Schloss schlug. Der Mörder war also diesen Weg gegangen, daran gab es
keinen Zweifel. Er hatte Unterschlupf gefunden ...
»Was ich dort will?«, sagte Larry leise, indem er Antwort auf die letzte
Frage des Duke gab. »Ich will nach Mr. Walker sehen. Vielleicht treffe ich ihn
unten?«
In den Augen des letzten Sprosses der of Huntingdon las Larry nur
Unverständnis.
»Ich gehe, Sir. Und ich werde dort nachsehen.«
»Bleiben Sie hier, Mr. Brent, um Himmels willen – bleiben Sie hier!« Da
sprudelte es plötzlich nur so aus dem Duke heraus. Ein unerklärliche Angst
hatte den Mann gepackt. Seine Stimme zitterte. Sie war wie ein Hauch. »Gehen
Sie nicht diesen Weg, verlassen Sie diesen Trakt, tun Sie bitte, was ich sage
...« Trotz der Erregung, die den Duke of Huntingdon gepackt hatte, hielt er seine
Stimme, seine Reaktion unter Kontrolle. Was er sagte, war leise und überlegt
gesprochen. »Gehen Sie zurück in Ihr Zimmer, Mr. Brent! Ich warne Sie, weil ich
weiß, was geschehen wird! Ich habe schon zu viel gesagt, ich ...«
Der Duke blickte sich plötzlich gehetzt um, als fürchte er, doch von
jemandem gehört zu werden.
Wenn dieser Mann vor ihm wirklich etwas wusste, stand er entweder unter dem
unfassbaren Druck eines mächtigen Gegners, oder er war ein Schauspieler erster
Klasse. Larry Brent war entschlossen, sich nicht abhalten zu lassen. Die
Begegnung mit dem Duke hatte ihn schon viel zu lange aufgehalten.
»Ich gehe, Sir!«
Ohne einen weiteren Blick auf den Duke zu werfen, wandte sich Larry ab und
eilte in die Dunkelheit. Nur der Lichtkegel seiner Taschenlampe riss wie ein
breiter Geisterfinger die Proportionen der Wand und der Säulen aus der
Finsternis.
Dann sah er die spaltbreit geöffnete Tür vor sich, die in das erwähnte
Musikzimmer führte, in dem es angeblich – wie in manchem anderen Raum des
Castle – spukte. Larry war, während er zur Tür ging, darauf gefasst, dass sich
auch hinter seinem Rücken noch etwas ereignete. Der Duke war ihm noch immer ein
Rätsel. Vielleicht hatte er sogar etwas mit dem Anschlag auf sein Leben zu tun
und würde möglicherweise das, was misslungen war, wiederholen?
Doch der Duke kam nicht.
Die Gefahr und das Grauen drohten von ganz anderer Seite, noch ehe er die
Klinke in die Hand nahm.
Unheimliche Gestalten tauchten plötzlich aus dem Dunkel auf. Sie kamen aus
den Wänden, lautlos und tanzend wie bizarr geformter Nebel, wie gespenstisches
Gewürm, das sich in den Fugen und Ritzen des Mauerwerks verborgen hielt. Sie
stiegen aus den Deckengemälden über ihm.
Es waren zehn – zwanzig – und direkt neben ihm tauchte eine dunkle Gestalt
mit einem breitkrempigen, schwarzen Hut auf. Leere, dunkle Augen gähnten ihm
aus einem Totenschädel entgegen. Dann erfüllten unheimliches Lachen und
verworrene Stimmen die Luft. Der Reigen der Gespenster!
●
Larry Brent war sekundenlang wie gelähmt. Die Spukgestalten kreisten ihn
ein. »Zurück!« Seine Stimme hallte durch den langen Korridor, und er vernahm es
als wisperndes Echo, das ihn zu verhöhnen schien.
Einige der seltsamen Gestalten trugen Kleidung, die in vergangenen
Jahrhunderten üblich gewesen war. Larry Brent glaubte Gesichter wiederzusehen,
die ihm auf einigen Gemälden aus vergangener Zeit in der Empfangshalle begegnet
waren. Vorfahren des Duke ... Geister aus der Vergangenheit!
Larrys Augen weiteten sich. Er versuchte, seinen klaren Menschenverstand zu
gebrauchen, obwohl es ihm hier so schwer fiel wie nie zuvor.
Er wusste, dass er als PSA-Agent mit unwahrscheinlichen und ungeheuerlichen
Tatsachen konfrontiert werden würde. Doch das, was sich hier abspielte, waren
Bilder aus einem Alptraum, mit denen
Weitere Kostenlose Bücher