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0021 - Der Atomkrieg findet nicht statt

0021 - Der Atomkrieg findet nicht statt

Titel: 0021 - Der Atomkrieg findet nicht statt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Mahr
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stiegen aus und wurden sofort vom Schaffner angesprochen.
    „Hier ist keine Aussteigestelle! Bleiben Sie im Wagen!"
    „Den Teufel werde ich", knurrte Lub. „Ich will mir die Beine vertreten."
    Dagegen hatte der Schaffner nichts einzuwenden. Lub marschierte mit Welinskij zusammen auf dem sandigen Bahnsteig entlang. Sie sahen sich die kleine Bahnwärterhütte an und gingen um sie herum.
    „Bleiben Sie hier stehen!" befahl Lub plötzlich. „Ich bin gleich wieder da."
    Welinskij gehorchte. Lub ging um die Hütte herum wieder nach vorn und kam nach zwei Minuten zurück.
    „Alles in Ordnung", grinste er. „Wir können gehen."
    „Wohin?" fragte Welinskij verblüfft.
    Lub deutete auf die flachen Dächer des kleinen Ortes, die aus dem Dunst der Ebene herüberschauten.
    „Dorthin. Ich liebe es, unfreiwillige Pausen auszunützen. Ich kenne bisher nicht viel von diesem riesigen Land. Ich möchte Atbassar gern sehen."
    „Werden wir rechtzeitig zurück sein?" fragte Welinskij besorgt. Lub zuckte mit den Schultern. „Ich weiß es nicht!" antwortete er. Sie marschierten los. Sie taten es offen. Jedermann konnte sie sehen, aber niemand, nicht einmal der eifrige Schaffner, versuchte sie aufzuhalten. Welinskij wunderte sich auch darüber.
    Atbassar war etwa sechs Kilometer von seinem Bahnhof entfernt. Sie hatten noch nicht die Hälfte der Strecke auf der schlechten, staubigen Straße zurückgelegt, als sich von Osten her das Rauschen eines Flugzeugtriebwerkes näherte. Lub hob den Arm und sah auf die Uhr. Welinskij sah, wie er zusammenzuckte.
    „Der Narr!" knirschte er. „Warum ist er nicht gelandet? Sie blieben stehen. Welinskij hatte keine rechte Vorstellung davon, was an dem Flugzeug falsch war, aber als Lubs Sekundenzeiger auf die Zwölf sprang, merkte er es augenblicklich.
    Die Düsen verloren ihr kraftvolles, rauschendes Geräusch von einem Atemzug zum anderen, als die Stromversorgung der Treibstoffpumpen, Kompressoren, Auslöser und anderer betriebswichtiger Aggregate zusammenbrach. Das Rauschen wurde zum Heulen, und das Heulen erstarb in jämmerlichem Pfeifen. Eine Minute nach zwölf war aus der Maschine, die vordem nur ein winziger, glitzernder Punkt im Blau des Himmels gewesen war, ein großer, grauer Fleck geworden. „Sie stürzt ab?" keuchte Welinskij: Lub gab keine Antwort. Das Flugzeug schoß über das Dorf Atbassar hinweg.
    Die schmalen, für hohe Geschwindigkeit bestimmten Tragflächen der Maschine gaben dem Flugzeug keinen Halt. Sein Sturz ähnelte mehr und mehr dem eines flach geworfenen Steines. Das Ende war eine blendende Stichflamme, weit jenseits von Atbassar, und ein dumpfer Knall, der ein paar Sekunden später über das Land rollte.
    „Gott sei ihnen gnädig!" sagte Lub und entspannte sich wieder.
    Welinskij zitterten die Knie, als sie weiter marschierten. Etwa um halb eins näherten sie sich dem Dorfeingang. Lub befahl: „Sie warten besser hier! Ich will mich erst einmal umsehen."
    Welinskij war zu deprimiert, um zu widersprechen. Er hockte sich an den Straßenrand und wartete. Lub marschierte davon. Welinskij schrak nur einmal aus seinem Brüten auf, als nämlich um Punkt halb eins die Motoren der Schlepper aufdonnerten und eine motorisierte Kavalkade von Samaritern und freiwilligen Helfern - aber auch Neugierigen - sich in Richtung auf die Stelle in Bewegung setzte, an der die Verkehrsmaschine abgestürzt war. Wahrscheinlich findet Lub keinen einzigen Menschen mehr im Dorf, dachte Welinskij, aber angesichts des Unglücks, dessen Augenzeuge er geworden war, störte ihn das nicht.
    Zwanzig Minuten später tuckerte aus dem Dorf einer jener motorisierten Panjewagen heraus, wie sie unter den Bauern in den letzten Jahren Mode geworden waren. Lub saß hinter dem Steuer, und als er vor Welinskij anhielt, grinste er fröhlich, als habe er irgendwo ein gutes Geschäft gemacht. „Steigen Sie ein!" sagte er. Welinskij stieg ein und setzte sich neben ihn.
    „Wo haben Sie das Ding her?" wollte er wissen. „Gekauft", antwortete Lub. „Und wo wollen Sie jetzt hin?"
    „Nach Kosgorodok." Welinskij schnappte nach Luft. „Was wollen Sie in Kosgorodok? Ich denke, Sie sollen mich nach Moskau bringen?" Lub nickte.
    „Ich weiß, daß ich Ihnen viel zumute", gab er zu. „Aber lassen Sie uns eine Art Vertrag machen: In Kosgorodok sage ich Ihnen, was es mit alledem auf sich hat. Für dieses Versprechen erklären Sie sich bereit, keine neugierigen Fragen mehr zu stellen, einverstanden?"
    Welinskij dachte darüber

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