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0021 - Der Atomkrieg findet nicht statt

0021 - Der Atomkrieg findet nicht statt

Titel: 0021 - Der Atomkrieg findet nicht statt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Mahr
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überhöhten Stelle aus beobachteten sie, daß der Zug, mit dem sie gefahren waren, in Bajmak von einem halben Polizeibataillon empfangen wurde. Eine Viertelstunde lang schien erhebliche Verwirrung zu herrschen. Dann löste sich der Trupp in einzelne Gruppen auf, die rechts und links am Bahndamm entlang in nördlicher Richtung vordrangen. Deringhouse sagte: „Sie suchen uns." Dann marschierten sie weiter. Aus einem zunächst unerfindlichen Grund entfernten sich die suchenden Polizisten niemals weiter als fünfzig Meter von der Schiene. Das war zu wenig, um die beiden „Saboteure" zu finden. Deringhouse erfuhr später, daß sie wegen seiner überlegenen Waffen Befehl erhalten hatten, sich nicht in unübersichtliches Gelände zu wagen. Dem Polizeihauptmann von Bajmak lag nichts daran, zweihundert Polizisten in die Büsche zu schicken und zweihundert Saboteure nach einer halben Stunde wieder aus den Büschen herausmarschieren zu sehen.
    Auf jeden Fall erreichten Welinskij und Deringhouse den kleinen Ort zwei Stunden später von Süden her, und da sie aus dieser Richtung kein Mensch erwartete, kamen sie bis auf hundert Meter an die Verwaltungsgebäude der angeblichen Zinngrube heran, ohne, daß sich jemand um sie kümmerte. In einem ausgedehnten, dichten Gebüsch verbrachten sie die Zeit bis zum Einbruch der Dunkelheit, ohne, daß eine der zahlreichen durch die Gegend streifenden Polizeigruppen sie aufgespürt hätte.
    Erst nach zehn Uhr machten sie sich an die Arbeit, von der zunächst nur Deringhouse eine klare Vorstellung hatte. Welinskij wußte nicht mehr, als, daß er sich im richtigen Augenblick von irgend jemand sehen lassen sollte. Allerdings machte Deringhouse kein Hehl daraus, daß dies der schwierigste Teil des Unternehmens sei.
    „Vergessen Sie nicht", warnte er, „daß ich zwar gegen Kugeln gefeit bin. Sie aber nicht. Gehen Sie also kein Risiko ein!"
    Dann schlichen sie sich zu den Gebäuden hinüber. Hinter den meisten Fenstern waren die Lichter längst erloschen, nur in einer Baracke brannte noch Licht - blauweißes, ungemütliches Neonlicht.
    Deringhouse wies Welinskij einen Standort zu.
    „Hier haben Sie Deckung genug", flüsterte er. „Ich werde rechtzeitig zurück sein. Zeigen Sie sich nicht länger, als ein durchschnittlich begabter Polizist braucht, um Ihr Gesicht in Erinnerung zu behalten!"
    Welinskij wurde nervös. „Wem soll ich mich zeigen, zum Donnerwetter?"
    „Irgend jemand. Es werden bald genug Leute in der Gegend sein."
     
    *
     
    Frunse, der Georgier, der an diesem Abend Dienst in der Wachstube hatte, saß friedlich an seinem Tisch, der in der Nähe des Fensters mit dem kleinen, beweglichen Sprechschalter stand. Er bekämpfte die aufsteigende Müdigkeit mit der Lektüre einer Zeitung.
    Frunse war kein allzu gebildeter Mann, aber er hatte einen eisernen Willen. Er sprach nicht besonders gut Russisch, und mit dem Lesen tat er sich noch schwerer, aber er biß sich durch die Zeitungstexte hindurch und lenkte sein Gehirn von dem Gedanken ans Einschlafen so lange ab, bis der tote Punkt endgültig überwunden war.
    Frunse studierte gerade eine Meldung über ein seltsames Viehsterben auf einem westsibirischen Sowchos, als sich die Tür öffnete. Frunse knallte die Zeitung auf den Tisch und starrte die Tür an. Er war sicher, daß sich niemand der Baracke genähert hatte. Es führte von außen nur ein einziger Weg zur Barackentür, und trotz der anstrengenden Lektüre wäre es ihm sicherlich aufgefallen, hätte jemand diesen Weg benutzt. Die Tür besaß einen automatischen Türschließer, sie konnte weder von selbst aufgehen noch so lange offenstehen, wie sie es jetzt eben tat.
    Frunse stand auf. Er hatte ein wenig Angst, aber er wollte sehen, was da an der Tür war. In diesem Augenblick schloß sich die Tür. Frunse zögerte einen Augenblick und kehrte dann auf seinen Platz zurück. Eine geschlossene Tür beunruhigte ihn nicht, und was vorher gewesen war, war vorher gewesen. Immerhin war Frunse so irritiert, daß er minutenlang in die leere Luft des leicht übersehbaren Raumes starrte, als könne sich dort etwas verborgen halten.
    Dann griff er wieder nach der Zeitung.
    Eine Weile später wurde er von neuem aufgeschreckt. Irgend etwas hatte geklappert. Frunse sah über den Rand der Zeitung hinweg, konnte aber nichts entdecken. Erst als es zum zweitenmal klapperte, erkannte er die Richtung, aus der das Geräusch kam.
    Frunses Augen öffneten sich weit, und die Kinnlade klappte vor Schreck

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