0021 - Satans eigene Schrift
erinnern?«
»Ich weiß es nicht. Er war auch Professor – ebenso wie Sie. Zumindest behauptete er das. Und sein Name war, einen Augenblick – Darien, ja, Darien. So war es. Charles Darien, unter diesem Namen hat er sich bei mir vorgestellt. Vielleicht kennen Sie ihn sogar?«
Zamorra zuckte beim Klang des Namens zusammen.
Das konnte doch nicht wahr sein! Lebte der Alte wirklich noch?
Der Name Darien rief dem Professor seine Studienjahre in Paris ins Gedächtnis zurück. Er hatte ihn in die phantastische Wissenschaft der Parapsychologie eingeführt.
Später schnappte der Gelehrte dann in den Augen seiner Schüler und Kollegen über. Denn er erzählte jedem, der es hören oder auch nicht hören wollte, daß der Satan bald sein Reich auf der Erde errichten würde. Man lachte ihn aus, und er wurde vorzeitig emeritiert. Auch paßten den anderen Professoren die sonderbaren Dinge nicht, die er sonst noch trieb. Zum Beispiel hatte er unter den Studenten einen Satansorden ins Leben gerufen, bei dem auch Zamorra aus Neugierde mitgemacht hatte. Offiziell war die Sache als praktische wissenschaftliche Übung deklariert worden. Doch Zamorra war überzeugt, daß der alte, mittlerweile kindisch gewordene Gelehrte, doch mehr dahinter gesehen hatte.
Wo hatte man sich damals eigentlich immer versammelt? Es war eine alte Kirche gewesen. Aber wo?
Plötzlich fiel es Zamorra wie Schuppen von den Augen.
Fortreaux! Da war man damals immer zusammengekommen. In der alten zerbombten Kirche vor dem Dorf. Immer am Wochenende war man dort hinausgefahren, um den, wie er damals sagte, Zinnober mitzumachen. Sollte dieser Ort bei dieser Sache auch mit im Spiel sein? Er mußte dem Abt unbedingt noch eine Frage stellen.
»Woher kam dieser Professor Darien? Wenn Sie mir wenigstens die Richtung sagen könnten.«
»Nun, er meinte, er wohne in Fortreaux, einem Dorf nicht weit von Nantes entfernt. Er hätte dort ein Wochenendhaus, in dem er an seiner Arbeit säße. Es wäre so einsam dort, und niemand würde ihn dort stören. Nachdem ich ihm den Zutritt in die Kammer mit der Bibel verweigert hatte, fuhr er wieder zurück nach Hause, wie er sagte. Gehört habe ich seitdem nichts mehr von ihm. Das ist auch alles, was ich zu der Angelegenheit sagen kann. Es tut mir leid, Professor.«
Zamorra nickte kurz. Er war völlig geistesabwesend, und in seinem Kopf wirbelten die Gedanken, aus denen sich einer ganz besonders hervorhob – der Gedanke, sofort nach Fortreaux zu fahren und sich dort umzuschauen.
In diesem Dorf mußte er den oder die Diebe finden. Wenn nicht, dann vielleicht eine heiße Spur.
Immerhin war der Wagen, den man zerstört auf der kleinen Brücke gefunden hatte, auch auf dem Weg nach Fortreaux gewesen.
Und daß in diesem Wagen die Satansbibel von Nantes gelegen hatte, darüber bestand für Zamorra kein Zweifel.
***
Als Jerome Claves in Fortreaux ankam, war die Sonne bereits untergegangen. Die Häuser erschienen ihm seltsam bekannt, so als hätte er sie schon einmal gesehen.
Mit nachtwandlerischer Sicherheit steuerte er seinen Matra Simca Bagheera auf den Dorfplatz, an dessen Stirnseite der einzige größere Gasthof des Dorfes lag. Ein großes Schild verkündete, daß man im »Charles Magne«, so hieß dieses Landhotel, auch Zimmer mieten konnte.
Claves parkte seinen Wagen vor dem für diese Gegend imposanten Gebäude und stieg aus. Die Kinder, die durch die Ankunft des Fremden ihr Interesse am Spielen verloren hatten, scharten sich neugierig um den exotisch anmutenden Wagen.
Der Geschäftsmann ließ seinen Blick schweifen.
Weit außerhalb des Dorfes, jenseits der letzten Häuser, konnte er den zum Teil eingestürzten Turm einer alten Kirche erkennen. Ein Zittern durchlief seinen Körper. Fröstelnd wandte er sich ab.
Er holte seine Reisetasche aus dem Kofferraum und betrat das ländliche Hotel. Die Inneneinrichtung widersprach dem schlichten Äußeren völlig.
Ein dicker Teppichboden dämpfte die Schritte des Geschäftsmannes. Gediegene und geschmackvolle Möbel luden in der Vorhalle zum Verweilen ein.
Zwei Männer und eine Frau hielten sich in der Halle auf. Jeder von ihnen saß allein an einem Rauchtischchen. Ihre Gesichter trugen einen entrückten Ausdruck. Sie rührten sich nicht und gaben auch sonst kein Lebenszeichen von sich.
Statuen gleich hockten sie in ihren Sesseln und starrten vor sich hin.
Jerome Claves nahm dies nur am Rande wahr. Es fiel ihm auch nicht weiter auf, daß die drei Personen ihrer Kleidung nach
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