0021 - Satans eigene Schrift
sie erst am Tage vorher noch benutzt worden.
Aber er hatte keine Zeit, diesen Gegenstand lange zu betrachten.
Er schaute sich um, ob er einen Gegenstand finden konnte, der ihm als Waffe gegen den Satansjünger oben in der Kirche dienen konnte.
Seine Suche hatte Erfolg. In einem Winkel stand ein schlankes Vortragekreuz, wie es immer vor Prozessionen hergetragen wird. Dieses nahm Zamorra in die Hand und schaute sich nach einem möglicherweise geheimen Weg in die Krypta unter der Kirche um.
Verborgen hinter einem wertvollen Wandteppich entdeckte er eine Eichentür. Die Klinke war blank. Sie mußte also regelmäßig benutzt werden.
Zamorra versuchte, ob die Tür verschlossen war. Indem er auf die Klinke drückte, schwang die Tür auf. Vor ihm lag undurchdringliche Finsternis. Dieser Weg mußte durch die Krypta in das Kirchenchor hinter den Altar führen. Ohne zu zögern eilte Zamorra in die Dunkelheit.
***
Wie ein glühendes Eisen wühlte die schrille Stimme des alten Mannes in Nicole Duvals Gehirn. Es dauerte einige Zeit, bis sie soweit war, die Augen aufzuschlagen. Beim Anblick der Aura über ihrem Kopf traf sie die Erinnerung und die Erkenntnis ihrer gegenwärtigen Lage wie ein Keulenschlag. Nicole schluchzte verzweifelt auf.
Welches Grauen hatte sie beim Anblick der entfesselten Satansanbeter empfunden. Welchen Ekel hatte es ihr verursacht, ihr lustvolles Stöhnen zu hören. Und als sie jetzt den Kopf wand, erkannte sie die fünf nackten Gestalten, die abwartend dastanden. Die Haare klebten ihnen verschwitzt an den Stirnen. Ihr Atem ging schnell. Sie schwankten leicht, doch in ihren Augen lag Triumph und Übersättigung.
Nicole verstand und schauderte bei dem Gedanken an die wüste Orgie, von deren Miterleben sie die Ohnmacht erlöst hatte.
Der Alte hatte wohl gesehen, daß seine Gefangene wieder aufgewacht war. Er trat dicht an den Altarstein heran und beugte sich vor. Nicole würgte, als sie die Fratze vor sich sah.
»Schade, mein Kind, daß du bewußtlos geworden bist. So hast du das beste gar nicht mitbekommen, nicht wahr, meine Lieben?«
Dies hatte er in Richtung der fünf nackten Gestalten vor den Stufen gefragt. Sie nickten eifrig. Dabei blitzten die Augen, die vorher noch stumpf und tot gewesen waren.
Der Alte kicherte. Mit einer fahrigen Bewegung strich er sich die Haare aus der Stirn.
»Jetzt muß ich nur noch deinen Chef finden, dann ist jegliche Gefahr gebannt. Das Amulett tut mir nichts. Aber dein Chef könnte mir noch einen Strich durch die Rechnung machen. Wo er sich im Moment aufhält, das kann ich nicht sagen, doch wenn es soweit ist, dann wird der Satan mir die Kraft geben. Einstweilen werde ich meine Rache vollenden.«
Er wandte sich erneut den Gestalten vor dem Altar zu. Er bedachte sie mit einem gehässigen Blick.
»Ihr armen Idioten«, sagte er, »ihr könntet mir leid tun. Doch ihr seid daran schuld, daß ich hier gelandet bin. Eigentlich sollte ich euch dankbar sein, doch ich hasse euch. Ihr habt mitgeholfen, daß man mich, wohin ich auch kam, aus vollem Halse auslachte. Jetzt werde ich es sein, der lacht. Und ich werde noch mehr lachen, wenn ich eure Gesichter in dem Augenblick sehe, in dem ihr wieder wach und ihr selbst werdet. Dann werde ich euch ins Gesicht schreien, was ihr alles getan habt, wessen ihr euch nach der irdischen Gerechtigkeit schuldig gemacht habt. Das wird dann meine Rache sein.«
Die fünf Leute standen regungslos. Sie hatten die Worte zwar gehört, ihren Sinn jedoch nicht verstanden. In ihren Gehirnen wohnte ein anderer, und der kannte nur böse Gedanken, kannte nur die Gier nach Blut, den Wunsch zu töten.
Dieser Wunsch wurde in ihnen fast übermächtig. Eine innere Unruhe ergriff sie.
Der Alte mußte das bemerkt haben. Denn jetzt kam Leben in ihn.
»Ihr werdet jetzt die fehlenden Herzen holen, damit wir sie dem Satan opfern können. Zum Schluß wird dieses Mädchen hier dem Teufel dargebracht. Und dann wird der Satan erscheinen. Kniet jetzt nieder.«
Die fünf folgten der Aufforderung. Sie sanken nieder und verharrten regungslos.
Der Alte legte seine Hände auf die Seiten der Bibel und konzentrierte sich. Seine Gedanken wurden zu einem massiven Verbindungsstrahl zwischen diesseitiger und jenseitiger Welt. Einer Sonde gleich drangen sie ein in eine andere Dimension, wo sie ihr Ziel fanden.
Als Antwort pfiff ein ungemein starker Wind durch die Mauerritzen der alten Kirche. Der schwere Brokatmantel des Alten bauschte sich. So kalt der Wind auch war,
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