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0022 - Der Todesfluß

0022 - Der Todesfluß

Titel: 0022 - Der Todesfluß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Friedrichs
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Bewußtsein zuvor gelähmt hatte. Von einem Atemzug zum anderen wurde ihr das Grauen bewußt.
    Angesichts der glitzernden Gestalten, die jetzt kichernd auf sie zuhüpften, machte ihr Herz einen schmerzhaften Sprung.
    Das Blut stockte ihr in den Adern. Kreise begannen vor ihren Augen zu tanzen – feurige Kreise, die sich mit den silbrigen Wesen vermischten. Das letzte, was Nicole spürte, war, daß ihre Knie weich wurden.
    Der Schock war zuviel für sie. Eine Ohnmacht erlöste sie von den Nervenqualen. Sie merkte nicht mehr, wie sie in sich zusammensank, spürte nicht die Fäuste der Dämonen, die wie glühende Zangen in ihrer Haut brannten.
    Sie schleppten das Mädchen in die Burgruine, zerrten sie über brüchige Steinstufen hinab in die Tiefe der unterirdischen Gewölbe.
    ***
    Ein unbestimmtes Gefühl schreckte Professor Zamorra aus dem Schlaf.
    Er schaltete die Nachttischlampe ein und blickte auf seine Armbanduhr. Eine halbe Stunde vor Mitternacht. Er hatte kaum mehr als drei Stunden geschlafen. Dennoch fühlte er sich frisch und ausgeruht.
    Zamorra warf einen Blick zum Fenster. Die Finsternis gähnte tiefschwarz hinter den blankgeputzten Scheiben. Der Wind ließ die Fensterläden in den Mauerhalterungen klappern.
    Zwischen den beiden Gästezimmern im Obergeschoß des Bauernhauses von Georges Levin gab es ein komfortables Badezimmer. Zamorra ging auf leisen Sohlen hinein, um Bill Fleming, der nebenan schlief, nicht zu wecken. Rasch erledigte der Professor seine vorzeitige Morgentoilette und kleidete sich an. Er wählte derbe Moleskinhosen, einen Norwegerpullover und Schnürstiefel aus butterweichem Leder. Zusätzlich zog er die parkaähnliche Wetterjacke an.
    Erst danach nahm er die kleine Lederschatulle zur Hand, die sich in einem Geheimfach seines Koffers befand. Er legte die Schatulle auf den Nachttisch und klappte sie behutsam, fast liebevoll auf.
    Das silberne Amulett strahlte einen geheimnisvollen Glanz aus. Es war aus massivem ziseliertem Silber gefertigt. In der Mitte befand sich ein Drudenfuß; kreisförmig darum geordnet waren die zwölf Tierkreiszeichen. Den äußeren Ring bildete ein schmales Silberband mit Zeichen und Hieroglyphen, die Zamorra bisher vergeblich zu entziffern versucht hatte.
    Er nahm die dünne silberne Kette, zog sie sich über den Kopf und ließ das Amulett unter den Pullover auf seine Brust gleiten. Sofort spürte Professor Zamorra eine wohltuende Wärme, begleitet von kraftvollen Strömungen, die seinen Körper erfüllten.
    Er kannte die Kraft des Amuletts, und er kannte die Verpflichtung, die er damit übernommen hatte. Mit Hilfe des Amuletts hatte er die Dämonen von Château Montagne besiegt und vernichtet. Doch das war nur ein Anfang gewesen im Kampf gegen die allgegenwärtigen Mächte der Finsternis.
    Das Amulett stammte von Leonardo de Montagne, der es vor fast neun Jahrhunderten als Kreuzfahrer mitgebracht hatte. Sein letzter direkter Nachkomme, Louis de Montagne, hatte das Geheimnis des Talismans gekannt. Und mit dem Erbe von Château Montagne hatte Louis seinem Neffen, Professor Zamorra, jenes Vermächtnis mit auf den Weg gegeben, das sich mit dem Amulett verband.
    Zamorra löschte das Licht, öffnete die Zimmertür und schlüpfte geräuschlos auf den Flur hinaus. Ebenso lautlos und unbemerkt verließ er das Bauernhaus. Über den Hof fauchte der eisige Nachtwind.
    Das ehemalige Tagelöhnerhaus, in dem Robert Levin mit seiner Familie gewohnt hatte, stand wie ein düsterer Klotz in der Dunkelheit. Der Leichnam des Mannes war in dem kleinen Gebäude aufgebahrt; seine Witwe und die beiden Söhne waren zu Georges Levin und seiner Familie ins große Wohnhaus des Hofes gezogen.
    Professor Zamorra ließ den Hof hinter sich zurück. Mit weit ausgreifenden Schritten eilte er durch die engen Gassen des Dorfes. Die Orientierung fiel ihm nicht schwer. Schon nach wenigen Minuten erreichte er den östlichen Ortsrand und den Weg, der durch die Hochwasserzone zum Fluß führte.
    Als er zur Uferböschung kam, hatten sich Zamorras Augen an die Dunkelheit gewöhnt. Er konnte Konturen unterscheiden, sah deutlich den plumpen Rumpf der Fähre, die an der Rampe vertäut lag.
    Professor Zamorra atmete auf. Sein Gefühl, zu spät zu kommen, verlor sich. Nirgendwo rührte sich etwas. Das Gelände am Fluß war menschenleer.
    Ohne Hast ging er die Böschung hinunter. Vor der Fähre verharrte er. Bis auf das leise Gurgeln der Wellen und das Rauschen des Windes waren keine Geräusche zu

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