0024 - Wir gruben ihm das Wasser ab
Papillarlinien haben unsere Leute darauf gefunden, aber sie reichten nicht zu einem ganzen Fingerabdruck. Was soll ich noch anstellen lassen? Ich wüsste nichts.«
Wir wussten auch nichts.
»Und wie steht es mit dem an Beverly gerichteten Brief, den ich von seiner Mutter mitbrachte«, fragte ich.
»Genau das Gleiche. Zwar haben wir auf diesem Schreiben Fingerabdrücke gefunden, sehr saubere sogar, aber diese Abdrücke sind nirgends registriert, und der Himmel allein kann wissen, wem die Prints gehören. Damit nützen sie uns also auch nichts.«
»Es ist doch zum alt und wieder jung werden«, schimpfte Phil. »Jede Spur, die man bei diesem verdammten King anfasst, verläuft irgendwann im Sande.«
»Hat man ein Rundschreiben an alle polizeilich bekannten Hehler losgejagt, worin auf das Diebesgut aufmerksam gemacht wird?«
Miller wehrte müde ab:
»Habe ich auch veranlasst, Cotton. Wir haben jeden einzelnen Hehler, der uns bekannt ist, einzeln angeschrieben und sie darauf aufmerksam gemacht, dass es bei dieser Beute längst nicht mehr um gewöhnliches Diebesgut, sonder bereits um die Beute eines Doppelmörders geht. Soweit ich die Hehler kenne, schreckt sie das ab. Mit gewöhnlichen Einbrechern und Dieben machen sie ihre Geschäfte. Aber Mord ist ihnen zu heiß. Also hatte ich ein bisschen Hoffnung, dass uns der eine oder andere Hehler einen Tip geben würde. Aber auch diese Hoffnung hat sich zerschlagen. Kein einziger ließ etwas von sich hören. Entweder wissen sie tatsächlich nichts…«
Er brach ab und kaute verbissen auf seiner Unterlippe. Phil vollendete seinen Satz: »Oder es ist bereits soweit, wie ich es schon angekündigt hatte. The King ist zu einem Schreckgespenst geworden, vor dem sich alle Welt fürchtet, einschließlich der Unterwelt. Und aus Angst vor diesem unheimlichen Kerl wagt niemand mehr, uns zu unterstützen. Das ist die zweite Möglichkeit. Und wenn ich ganz ehrlich sein soll, dann muss ich zugeben, dass ich diese für die wahrscheinlichere halte. In der Unterwelt spricht sich alles herum, und zwei solche fette Brocken, wie der Einbruch bei Landless und das gestohlene Halsband im Hotel America es darstellen, also zwei solche fette Bissen bleiben in der Unterwelt nicht anonym. Wenn es trotzdem diesmal keinen gibt, der bereit ist zu ›singen‹ die Leute zu verpfeifen, dann kann es nur daran liegen, dass man eine panische Furcht vor dem King hat.«
Miller nickte.
»Das ist durchaus möglich.«
Dieser reichlich düsteren Feststellung konnte auch ich nichts entgegensetzen. Phil hatte völlig Recht. Wir debattierten noch eine ganze Weile, beschlossen schließlich, die Alibis der hinkenden Gangster noch einmal gründlich überprüfen zu lassen, und fuhren dann wieder zurück zum FBI-Gebäude, um Mister High, unserem Districtschef, Bericht zu erstatten.
Wir taten es mit gemischtem Gefühl, das können Sie mir glauben. Es gibt keinen Polizeibeamten in der ganzen Welt, der gern vor seinen Chef hintritt, die Hände ausbreitet und erklären muss: »Tut mir Leid, Chef, wir tappen nach wie vor absolut im Finsteren. Wir haben auch nicht die leiseste Ahnung, wer der gesuchte Mörder sein könnte. Ja, wir haben nicht einmal eine Ahnung, wie wir in der Geschichte weiter vorgehen sollen. Auf die knappste Formel gebracht, Chef wir sind mit unserem ganzen Latein am Ende. Amen. Aus.«
***
Abends ging ich mit Phil ins Kino. Sie spielten einen dieser blödsinnigen Detektivfilme, wo der Supermeisterdetektiv aus einem geknickten Grashalm imstande ist, die Schulzensuren eines gesuchten Mörders, seinen Aufenthaltsort und tausenderlei Dinge mehr zu erkennen. Wir amüsierten uns zuerst über diesen Gehirnakrobaten, und dann wurde er uns lästig. Zum Schluss ärgerten wir uns nur.
Ein paar Gläser Whisky spülten diesen Ärger wieder hinunter, und wir schieden voneinander in dem Bewusstsein, keine Supermeisterdetektive zu sein, sondern nur ganz gewöhnliche G-man von der amerikanischen Bundeskriminalpolizei. Aber uns genügte das. Basta.
Ich verfrachtete mich zu Haus sofort ins Bett und schlief bald ein. In der Nacht träumte ich allen möglichen Unsinn. Eine Gestalt, die wie eine Mischung aus Riese und Gorilla aussah, rannte messerschwingend durch die Gegend und brüllte in einem fort: »I am the King, I am the King, I am the King«
Ich wollte dem Kerl das Messer aus der Hand schießen, aber meine Pistole machte immer nur »klack« und keine Kugel kam heraus. Plötzlich stürmte das Biest mit dem Messer
Weitere Kostenlose Bücher