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0026 - Die Braut des Henkers

0026 - Die Braut des Henkers

Titel: 0026 - Die Braut des Henkers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kubiak
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normalen Menschen überlegen machte.
    Nur dieser Fremde dort voraus mit der Frau flößte ihm eine unbewusste Furcht ein.
    Er hatte die Frau verfolgt, wie sie in den Gasthof lief und nach kurzer Zeit wieder erschien. Etwas Gefährliches ging von ihr aus, was vorher nicht dagewesen war.
    Er musste herausfinden, was es war, musste ergründen, warum ihm die Anwesenheit der beiden Fremden Angst einjagte.
    Und als er entdecken musste, dass der Mann das alte Henkerbeil aus der Kirche geholt hatte, wurde die Furcht unerträglich. Er fühlte seine Existenz bedroht, konnte aber nicht sagen wodurch. Er musste den beiden auf den Fersen bleiben.
    Und dass sie hinuntergingen zum Strand, bestärkte ihn in dieser Absicht. Denn er wusste um die Erscheinung der Frau, die ihre Opfer unter den Bewohnern des Dorfes suchte. Ja, er sollte sogar darüber wachen, dass ihr niemand etwas anhaben konnte.
    Das war der Sinn seiner Existenz in Coryhead, und darum begann der junge Mann sich Gedanken darüber zu machen, wie er die beiden Fremden ausschalten konnte.
    Vielleicht würden auch sie dem Fluch von Coryhead zum Opfer fallen.
    ***
    »Chef, was erwarten Sie sich eigentlich davon, dass wir mit dieser schrecklichen Waffe hinunter zum Strand gehen«, fragte Nicole Duval. »Das hier ist alles so unwirklich und rätselhaft. Wären wir doch nie auf die Idee gekommen, in diese trostlose Gegend zu fahren.«
    Zamorra, der das Henkerbeil auf der Schulter trug, blickte sie ernst an. »Nicole, Sie wissen doch, dass ich durch das Erbe meiner Vorvä- ter dazu ausersehen bin, gegen die Dämonen und Geister des Bösen auf dieser Welt Krieg zu führen. Ich kann mich diesem Ruf nicht verschließen. Ich muss ihm folgen, ob ich will oder nicht. Und das hier ist so eine Angelegenheit. Ich glaube, dass sich hinter dieser Ophelia, die angeblich unschuldige Menschen hinmorden soll, mehr verbirgt als der erste Augenschein vermuten lässt. Um mir hier Gewissheit zu verschaffen, muss ich versuchen, sie herbeizurufen. Denn erstens kann ich mich nicht hinsetzen und warten, bis wieder ein Toter am Strand liegt, und zweitens kann ich nur gegen Dämonen kämpfen, die ich als solche erkenne und die sich mir stellen. Ich muss sie herausfordern, muss ihnen Gelegenheit geben, mich anzugreifen. Nur dann kann ich mich anstrengen, sie zu bezwingen.«
    Nicole schluckte. Sie konnte ihre Unruhe nicht unterdrücken.
    »Aber, Chef, seien Sie vorsichtig. Eines Tages wird Ihnen der Kampf gegen die Dämonen zum Verhängnis. Ich weiß es ganz sicher.«
    Trotz des Ernstes der Situation musste Zamorra lachen.
    »Nun malen Sie mal den Teufel nicht an die Wand, Nicole. Bis jetzt habe ich immer noch Glück gehabt und bin Sieger geblieben. Dank der geheimnisvollen Kräfte meines Amuletts wird es dieses Mal sicher nicht anders sein. Versuchen Sie lieber, mich aufzumuntern, wie es sich für eine treue und fleißige Assistentin gehört. Sehen Sie doch, wir sind gleich da.«
    Schweigend gingen sie weiter.
    Bald knirschte schon der Sand unter ihren Füßen, und der Wind und die tosende Brandung machten eine Unterhaltung unmöglich.
    Im Mondlicht konnten sie die weiße Linie der anrollenden Wellen deutlich ausmachen.
    Zamorra blieb einen Moment stehen und orientierte sich. Dann setzte er seinen Weg zielstrebig fort, genau auf die beiden Felsen zu, die er schon bei der Ankunft am Strand gesehen hatte.
    Eine unerklärliche Ahnung trieb ihn dorthin. Ihm kam es unbewusst so vor, als sollten die Felsen für ihn noch eine wichtige Bedeutung haben.
    Nicole folgte ihm wie ein in sein Schicksal ergebenes Opferlamm.
    Einzig und allein das Vertrauen in ihren Chef ließ sie wieder Mut schöpfen und daran denken, was bald geschehen sollte.
    Die beiden Felsen wiesen keine Vorsprünge auf. Sie waren so glatt, als wären sie geschliffen worden. Der Zwischenraum zwischen den beiden Blöcken war so schmal, dass ein Mann gerade hindurchgehen konnte, ohne mit den Schultern an beiden Seiten anzustoßen.
    Die Finsternis in dem Spalt war undurchdringlich.
    Von Zeit zu Zeit war ein leises Knistern zu vernehmen, wenn eine Windbö Sandkörner gegen die Felsen schleuderte. Vielleicht waren die Felsen schon so alt, dass der Sand das Glätten im Laufe der Jahrhunderte besorgt hatte.
    Zamorra machte sich sofort an die Arbeit. Jetzt galt es, den Geist der Braut des Hexenhenkers von Coryhead anzurufen und erscheinen zu lassen – falls es ihn wirklich gab.
    Der Professor lehnte das Henkerbeil an den Felsblock vor ihm und ließ sich

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