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0027 - Die Grotte der Gerippe

0027 - Die Grotte der Gerippe

Titel: 0027 - Die Grotte der Gerippe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Wiemer
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Massakers. Aber niemand würde je davon erzählen können. Denn nur die Sterne und die schweigenden Felsen sahen die Vision des Schreckens…
    ***
    Kein Luftzug regte sich.
    Dennoch erlosch die Fackel, verblaßte einfach und verschwand, und Bill Fleming stand in einer Dunkelheit, die ihn dicht und undurchdringlich wie ein schwarzer Vorhang umhüllte.
    Er preßte die Zähne aufeinander.
    In den letzten Sekunden war er einfach vorwärts gegangen. Obgleich das Licht nicht ausgereicht hatte, um mehr als einen runden Ausschnitt des Höhlenbodens zu erkennen. Jetzt erstarrte er förmlich. Er wußte glasklar, daß das Verlöschen der Fackel keine natürlichen Ursachen haben konnte, und er glaubte, ganz in seiner Nähe die Anwesenheit von anderen Wesen zu spüren.
    »Hallo?« rief er halblaut.
    Ein höhnisches Kichern erklang, verstummte sofort wieder.
    Irgendwo raschelte etwas. Bill wandte sich um – und sein Blick erfaßte das grünliche, phosphoreszierende Leuchten, das er schon einmal gesehen hatte.
    Gerippe…
    Langsam tauchten sie auf, schälten sich aus der Finsternis wie durchsichtige Projektionen, die allmählich an Festigkeit gewannen.
    Ob es die gleichen Skelette waren, die vor einer Viertelstunde in einem schweigenden Marsch an ihm vorbeigezogen waren, ob es sich um andere Schreckensgestalten handelte, wie groß ihre Zahl war –Bill wußte es nicht. Ringsum erschienen lange Reihen von Knochenmännern, das grünliche Phosphoreszieren nahm zu, und allmählich füllte das geisterhafte Licht eine riesige, hallenartige Grotte.
    Die Gerippe standen an den nackten Felswänden.
    In der Mitte der Grotte aber, dort, wo die Decke eine eigentümlich glänzende Kuppel bildete, erhob sich ein steinerner Sessel, und darauf thronte ein Standbild, dessen kalte, böse Schönheit Bill Fleming einen eisigen Schauer über den Rücken jagte.
    Ein menschlicher Körper aus reinem Gold.
    Ebenfalls aus Gold der schimmernde Puma-Kopf, der auf den breiten, muskulösen Schultern saß.
    Aber nicht die Statue selbst war es, die den jungen Historiker mit nacktem Entsetzen erfüllte – sondern die Tatsache, daß sich dieses goldene Götzenbild bewegte.
    Langsam, mit einer geschmeidigen Geste hob es den Arm.
    Der Rachen des Pumakopfes öffnete sich. Silberne Fangzähne schimmerten, die Augen, die aus Smaragden gefertigt waren, sahen Bill mit einem ungeheuer lebendigen Blick an, und aus der Raubtierkehle kam eine menschliche Stimme.
    »Willkommen, Fremder!« drang es dunkel und überraschend wohlklingend an Bill Flemings Ohr. »Du, der du gekommen bist, Tukákame das Leben zurückzubringen – sei gegrüßt! Der Goldene Puma heißt dich willkommen im Reich der Finsternis. Noch kann Tukákames oberster Diener die Unterwelt nicht verlassen. Bald aber wird sich der Fluch erfüllen, und der Bann zerbricht. Denn du hast die Heere der toten Azteken befreit, und Tukákames Sklaven werden in die Welt gehen, um ihrem Herrn den Weg zu ebnen…«
    Bill hatte das Gefühl, als würge eine unsichtbare Faust an seiner Kehle.
    Jacahiro, dachte er.
    Der alte Indio hatte ihn belogen, mißbraucht. Auch er gehörte zu dem Teufelskult, war sogar für seine Ziele gestorben. Und er, Bill Fleming, hatte ahnungslos dieses verdammte Tor geöffnet und damit die scheußlichen Gerippe aus jahrhundertealter Gefangenschaft befreit.
    Zorn fraß in ihm.
    Mit jeder Faser drängte es ihn danach, zu widersprechen, diesem goldenen Götzen seinen Haß und seine Verachtung ins Gesicht zu schreien – aber er begriff dunkel, daß ihm das nichts nützen würde.
    Nicht jetzt! Die Monstren dieses Totenreiches betrachteten ihn offenbar als Befreier, nicht als ihren Feind. Noch hatte niemand die Hand gegen ihn erhoben, noch schien ihn eine Art Tabu zu schützen – und er ahnte, daß diese Tatsache seine einzige Chance war.
    Schweigend starrte er den Dämon an. Der Goldene Puma machte eine knappe Geste und erhob sich.
    »Folge mir, Fremder!« sagte er mit seiner trügerisch wohlklingenden Stimme. »Du sollst Tukákame von Angesicht zu Angesicht sehen, denn du gehörst zu seinen Auserwählten.«
    Mahlzeit, dachte Bill in einem Anfall von Galgenhumor.
    Aber er hatte keine Chance. Ihm blieb nichts übrig, als dem Wink des Dämons zu folgen und sich in Bewegung zu setzen.
    Langsam und majestätisch schritt der Dämon voran.
    Bill folgte ihm. Zwei Gerippe flankierten ihn. Er sah das phosphoreszierende Leuchten, spürte den widerlichen Leichengestank, das seltsame eisige Feuer, das von den

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