Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0027 - Die Grotte der Gerippe

0027 - Die Grotte der Gerippe

Titel: 0027 - Die Grotte der Gerippe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Wiemer
Vom Netzwerk:
gelähmt mitten auf der Straße.
    Er war machtlos. Mehr als ein halbes Dutzend von den schrecklichen Skeletten hatte er mit Hilfe des Amuletts vernichtet – und doch nicht verhindern können, daß die restlichen ein unschuldiges junges Mädchen mitschleppten, einem ungewissen Schicksal entgegen.
    Hart grub er die Zähne in die Unterlippe, aber er schmeckte nicht das Blut. Erst allmählich drangen die durcheinanderschreienden Stimmen der aufgeschreckten Huichol in sein Bewußtsein.
    Er sah sich um.
    Nicole, Christofero Uvalde und der Pilot waren aus dem Gästehaus gekommen. Uvalde debattierte erregt mit dem Dorfältesten.
    Tuxai gestikulierte, wies ein paarmal zum Himmel, und Zamorra wurde klar, daß der Großteil der Huichol das unglaubliche Schauspiel mitbekommen hatten.
    Mit schleppenden Schritten ging der Professor zurück über die Straße. Nicole sah ihm blaß und besorgt entgegen. Neben ihr hatte Joaquin Sabinas, der Pilot, die Fäuste verkrampft, seine Augen waren weit aufgerissen, und die Lippen zuckten.
    »Die Geister der Azteken«, flüsterte er auf Spanisch. »Sie sind zurückgekommen! Sie sind wirklich zurückgekommen…«
    Zamorra sah ihn an.
    »Geister der Azteken?« wiederholte er fragend.
    Der Pilot biß nur stumm die Zähne zusammen. Statt seiner antwortete Uvalde, mit einer vor Erregung rauhen Stimme.
    »Eine alte Legende, Professor. Ich habe nie daran geglaubt, habe es für Humbug und Ammenmärchen gehalten. Aber jetzt…«
    »Die Skelette waren jedenfalls kein Humbug, sondern Wirklichkeit«, sagte Zamorra ruhig. »Bitte, erzählen Sie, was Sie darüber wissen, Señor Uvalde.«
    Der Mexikaner biß sich auf die Lippen.
    »Die Geister der toten Azteken«, sagte er rauh. »Nach einer alten Weissagung sollen sie zurückkommen, wenn ein weißer Mann ins heilige Tal hinabsteigt und sie befreit. Sie wohnen in der Unterwelt, im Reich der Finsternis, und sie sind seit Jahrhunderten gefangen, weil Tamatz Kallaumari ein magisches Bannmal in das goldene Tor zu ihrem Reich ritzte.«
    Zamorra runzelte die Stirn.
    Wenn ein weißer Mann ins heilige Tal hinabsteigt , klang es in ihm nach. Konnte es sein, daß Bill Fleming unwissentlich zum Werkzeug geworden war, um einen uralten Fluch zu erfüllen?
    »Und weiter?« fragte er. Denn er ahnte, daß die Wiedererweckung der toten Azteken nicht alles sein konnte.
    Christofero Uvalde strich sich mit einer ratlosen Geste über die Augen.
    »Es klingt verrückt«, murmelte er. »Der Legende nach sollen die toten Azteken Tukákame, den Teufel der Huichol, auf die Welt zurückholen. Drei Menschenopfer werden dazu benötigt. Menschenopfer, wie sie bei den alten, schrecklichen Kulten der Azteken üblich waren.«
    »Und die Leute glauben, daß das entführte Mädchen das erste dieser Opfer ist?«
    »Das glauben sie. Aber es ist doch Wahnsinn! So etwas gibt es doch nicht! Tukákame ist eine Legende, er ist…«
    »Wo es wandelnde Skelette gibt, kann es auch einen Teufel geben, der Menschenopfer verlangt«, sagte Zamorra nachdenklich. »Sie erwähnten selbst, daß der alten Prophezeiung nach ein weißer Mann ins heilige Tal hinabsteigen soll, um die toten Azteken zu befreien. Bill Fleming ist ein weißer Mann – und er hat auch zusammen mit den Huichol-Pilgern das heilige Tal aufgesucht.«
    »Aber der Peyote-Kult hat mit Tukákame nicht das geringste zu tun!« protestierte der mexicanische Historiker fast verzweifelt. »Das ist ganz etwas anderes, das…«
    »Sind Sie da vollkommen sicher, Señor Uvalde?«
    Der Mexikaner starrte ihn an. Er fuhr sich mit der Zunge über die trockenen Lippen und ließ erschöpft die Schultern sinken.
    »Nein«, sagte er. »Absolut sicher bin ich nicht. Ich habe lediglich Berichte über die Zeremonien gehört, die sich im Tal des Peyote abspielen. Mit eigenen Augen gesehen habe ich das alles nie.«
    Zamorra nickte.
    Seine Gedanken arbeiteten fieberhaft. Und sie liefen in eine Richtung, die der Wahrheit sehr nahe kam.
    Vielleicht waren die Huichol-Pilger abtrünnig geworden, von ihrem obersten Gott Tamatz Kallaumari abgefallen.
    Möglicherweise hingen sie schon lange nicht mehr dem eigentlichen Peyote-Kult an, sondern dienten Tukákame, dem Teufel, dem Herrn der Finsternis. Dann kannten sie mit Sicherheit die alte Weissagung – und das war auch eine einleuchtende Erklärung dafür, daß sie Bill Fleming, den ihnen völlig fremden Weißen, ohne Weiteres mit auf ihre Wanderung ins heilige Tal genommen hatten.
    Der Professor atmete tief durch.
    »Ich

Weitere Kostenlose Bücher