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0027 - Die Grotte der Gerippe

0027 - Die Grotte der Gerippe

Titel: 0027 - Die Grotte der Gerippe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Wiemer
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den Schweiß aus allen Poren trieben und ihn dann förmlich ausdörrten. In seinem ständigen Kampf gegen die Dämonenwelt konnte er sich keine Schwächen leisten. Er war austrainiert bis unter die Haut, seine körperliche Konstitution erstklassig – und schließlich mußte Tuxai einsehen, daß der Fremde sich an Kraft und Ausdauer durchaus mit ihm messen konnte.
    »Wir werden schaffen«, sagte er in seinem holprigen Spanisch.
    »Noch zwei Stunden bis Dämmerung. Dann wir machen zwei Stunden Pause, und um Mitternacht wir sind im heiligen Tal. Gut so?«
    »Sehr gut«, bestätigte Zamorra. »Ich könnte mir keinen besseren Führer als Sie vorstellen, Tuxai.«
    Das war durchaus kein leeres Kompliment. Der alte Indio kannte die Gegend offenbar wie seine Westentasche. Jeden Geländevorteil nutzte er aus, immer wieder fand er auch da einen halbwegs bequemen Weg, wo der Professor nur abweisende Felswände entdecken konnte. Und als dann tatsächlich die Dämmerung hereinbrach, war Zamorra klar, daß er auch mit Hilfe von Kompaß und erstklassigen Karten mindestens die doppelte Zeit gebraucht oder es überhaupt nicht geschafft hätte.
    Im Schutz einer Felsenmulde schlugen sie ein kleines Camp auf.
    Eine Quelle entsprang in der Nähe, wildes Gras, niedriges Buschwerk und betäubend duftende Blüten bildeten eine Oase in der Einöde. Noch war der Himmel hell, doch zwischen den Bergflanken lagen bereits tiefblaue Schatten. Tuxai begann eifrig zu hantieren, und wenig später flackerte ein Feuer wie ein glühendes Auge in der Dunkelheit.
    Zamorra kochte Pulverkaffee und würzte ihn mit einem kräftigen Schluck Tequila und Zitronensaft. Sie aßen getrocknetes Fleisch und Früchte, während die unvermeidlichen Maiskolben über dem Feuer rösteten. Der Duft war köstlich, der Geschmack ebenfalls, und allmählich stellte sich eine ausgesprochen behagliche Atmosphäre ein.
    Irgendwann stand Tuxai auf und verschwand zwischen den Felsblöcken.
    Zamorra tippte auf ein menschliches Bedürfnis. Er blieb am Feuer sitzen, trank in kleinen Schlucken den Rest des Kaffees und fragte sich dabei, wieso die einfachsten Genüsse manchmal eine ausgeklügelte Skala von kulinarischem Raffinement schlagen konnten.
    Sehr schnell kehrten seine Gedanken wieder zum Zweck der Expedition zurück.
    Bill Fleming war in Gefahr.
    Zamorra hatte es geahnt – jetzt wußte er es. Oder vielmehr: Für ihn persönlich hatte die Gewißheit schon längst bestanden, denn seit er das Amulett besaß, irrte er sich in solchen Dingen so gut wie nie.
    Aber jetzt gab es konkrete Hinweise. Der Angriff der Skelette auf das Huichol-Dorf war Beweis genug. Irgendeine unglückliche Verkettung von Umständen hatte Bill Fleming in die Ereignisse hereingezogen, unwissentlich war er in den Bannkreis dämonischer Mächte geraten und…
    Ein Schrei gellte auf.
    Ein so gellender, furchtbarer Entsetzensschrei, daß Zamorra wie von einem Blitz getroffen zusammenzuckte.
    Eine halbe Sekunde brauchte er, um aufzuspringen.
    Tuxai, hämmerte es in seinem Kopf. Wie von Furien gehetzt jagte er los, spurtete auf die Felsblöcke zu, in deren Schatten der alte Indio verschwunden war, und zerrte sich in vollem Lauf die Kette mit dem Amulett vom Hals.
    Tiefer Schatten nahm ihn auf.
    Zwischen den hochragenden Steintrümmern ballte sich die Dunkelheit dicht und undurchdringlich wie schwarze Watte. Zamorra verharrte, lauschte mit angehaltenem Atem – und hörte ein gurgelndes Stöhnen, das irgendwo von links aus der Finsternis kam.
    Er stolperte, als er einen Weg zwischen zwei Felsennadeln suchte, stürzte schwer zu Boden und riß sich wieder hoch. Hart umklammerte er die Kette des Amuletts mit der Rechten. Etwas langsamer hastete er weiter, in dem verzweifelten Wissen, daß er noch mehr Zeit verlieren würde, wenn er einen Sturz riskierte, und versuchte dabei, die Dunkelheit mit den Augen zu durchdringen.
    Da war ein heller Schimmer zwischen den Steinen.
    Grünlich…
    Zamorra jagte weiter, stürmte blindlings auf den phosphoreszierenden Widerschein zu – und als er den nächsten Felsenvorsprung umrundete traf ihn der Anblick wie ein Schlag in den Magen.
    Tuxai, der alte Indio, lag auf dem Rücken.
    Er schrie jetzt nicht mehr. Konnte nicht mehr schreien.
    Seine Augen starrten gebrochen in den Nachthimmel, und über ihm lag ein grün schillerndes Gerippe, das seine gräßlichen Zähne in den Hals des Opfers geschlagen hatte und gierig das helle, pulsierende Blut schlürfte.
    Zamorra sog scharf die Luft

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