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0028 - Wir - in den Katakomben von Paris

0028 - Wir - in den Katakomben von Paris

Titel: 0028 - Wir - in den Katakomben von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delfried Kaufmann
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etwas borstiges Haar war kurz geschnitten. Er trug einen dunkelgrauen Anzug von sehr biederem Schnitt und eine Weste darunter, die sich stramm über seinen kleinen Bauch wölbte.
    »Setzen Sie sich, Mr. Cotton und Mr. Decker. Mögen Sie Bier? Akini hat sehr gutes Pils!«
    »Ziehe Whisky vor!«
    »Whisky auch sehr gut«, dienerte der Chinese, verschwand und tauchte nach unglaublich kurzer Zeit mit zwei Gläsern wieder auf.
    »Freue mich, daß Sie aus dem Theater im fünften Bezirk mit heiler Haut herausgekommen sind«, sagte der Fremde. »Die Polizei hat Sie nicht herausgeholt, nicht wahr? Im fünften Bezirk ist es für die Flics fast immöglich, irgend etwas zu erreichen. Wie sind Sie herausgekommen?«
    »Hören Sie«, sagte ich, »wer sind Sie?«
    Er lachte. »Entschuldigen Sie! Ich bin es schon so gewöhnt, meinen Namen zu verschweigen, daß ich vergesse, mich vorzustellen. Johann Landwehr, Kriminalkommissar der deutschen Kriminalpolizei, seit fast einem Jahr für Interpol unterwegs.«
    Phil und ich stießen gleichzeitig einen Pfiff aus.
    »Sie haben mich für ein Mitglied der anderen Seite gehalten?« erkundigte sich Mr. Landwehr. Wir bestätigten seine Vermutung.
    Der Kommissar merkte, daß wir nicht ohne weiteres bereit waren, seinen Angaben Glauben zu schenken, und er hatte eine sympathische Art, uns unser Mißtrauen zu nehmen. Er breitete nicht Ausweise auf den Tisch, sondern begann von seiner Arbeit für Interpol in einer Form zu erzählen, aus der ganz klar wurde, daß nur ein Mann, der wirklich diese Tätigkeit ausgeübt hatte, darüber Bescheid wissen konnte.
    Landwehr, der lange Zeit in Germany auf staatlicher Ebene den Rauschgifthandel bekämpft hatte, war für die große Jagd abgestellt worden, weil er viele Voraussetzungen dafür mitbrachte. Als Typ war er eine Mischung aus einem deutschen Gelehrten, einem Beamten und einem Abenteurer. Er sprach Englisch und Französisch und, was besonders wichtig war, zwei algerische Dialekte, von denen er den einen Rest hier in Paris gelernt hatte, als sich herausstellte, daß die Bewohner des fünften Bezirkes in der Sache eine beachtliche Rolle spielten. Seine Stellung bei Interpol war ungefähr die eines Außenbeamten des Zentralausschusses. Er kannte alle Einzelheiten der großen Jagd, und er wußte, in welcher Stoßrichtung das Treiben ging.
    »Sie sitzen im Knotenpunkt«, sagte er. »Ich war sehr erfreut, als ich sah, daß Sie gleich Anschluß bei der Gesellschaft fanden, die auf der ›Serenite‹ verkehrt. Ich bemühe mich schon lange, Verbindungen zwischen diesen Kreisen und dem fünften Bezirk aufzudecken. Ich muß mich allerdings darauf beschränken, zu beobachten und kann keinen direkten Kontakt aufnehmen. Darum bin ich sooft hier, aber auch oft im Algerierviertel. Sie halten mich dort für einen etwas verschrobenen deutschen Gelehrten, der sich mit mohammedanischer Kunst befaßt. Ich hatte anfangs Schwierigkeiten, aber ich werde jetzt geduldet. — Ich saß heute abend in einem Café bei einem Mullah, einem Priester der arabischen Moschee von Paris, und ich war etwas erstaunt, als ich Sie zufällig Vorbeigehen sah. Es fiel mir nicht leicht, mich von meinem Mullah zu verabschieden, ohne unangenehm aufzufallen, und als ich mich an Ihre Fährte heften konnte, waren Sie bereits in die Sache gründlich verwickelt. Ich alarmierte sofort die Bezirkspolizei. Anderes konnte ich nicht tun, wollte ich nicht die gesamte bisher von Interpol geleistete Arbeit gefährden, aber ich gab Ihnen nicht mehr viel Chancen. Ich kam eigentlich hierher, um einen trauervollen Abschied von der Stelle zu nehmen, an der Sie Ihre Laufbahn begonnen haben. Und nun erzählen Sie mal.«
    Ich berichtete alle Einzelheiten. Erst als ich den Gang erwähnte, den wir hinuntergetragen worden waren, horchte er auf.
    »Das hört sich an, als handele es sich um einen Gang in den Katakomben von Paris.«
    »Hallo, davon habe ich schon viel Unheimliches gehört.«
    Landwehr lachte. »So unheimlich sind sie gar nicht. Ich bin ein paar mal darin gewesen. Sie unterstehen dem Tiefbauamt von Paris, und sie enthalten die sterblichen Überreste von Menschen, die ausgegraben wurden, als man im achtzehnten und neunzehnten Jahrhundert ein Dutzend Friedhöfe im Zuge der Neuanlagen der Stadt einebnete. Aber vielleicht ist es möglich, daß es Nebengänge gibt, die nicht jedem bekannt sind«, setzte er hinzu. »Schließlich sind die Katakomben insgesamt mehr als dreißig Kilometer lang, und sie ziehen sich auch

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