0029 - Die Rückkehr des Rächers
Zeit, daß wir in den Schatten kamen.
Oberst Gamal hatte sich hingesetzt und beide Hände vor sein Gesicht gepreßt. »Das Funkgerät«, sagte er, »schauen Sie nach, ob es noch funktioniert.«
Bill ging. Er kletterte in die Maschine. Für zwei Minuten erfaßte uns eine fast wahnwitzige Hoffnung. Dann kehrte Bill zurück. An seinem Gesicht las ich ab, daß unsere Hoffnung wie eine Seifenblase zerplatzt war. Mein Freund blieb neben mir stehen. »Muß ich noch etwas erklären?«
»Nein.«
»O verdammt!« preßte Gamal hervor. »Dann sind wir verloren.«
»Suchen wir uns erst einmal ein schattiges Plätzchen«, schlug ich vor. Wir stützten den Oberst. Bill trug den Wasserkanister und ich meinen Koffer. Die Felswand im Norden war ein meterbreites Schattenband. Dort ließen wir uns nieder.
Wir schwitzten kaum noch. Unsere Körper waren bereits zu ausgetrocknet. Mit dem Jeep hatten wir herkommen wollen, doch ein grausames Schicksal hatte diesen Vorsatz zerstört. Oder war es Schwarze Magie? Der Einfluß des Pharaos? Unwillkürlich wanderten meine Blicke zu der an der Spitze zerstörten Pyramide. Die Steinquader waren buchstäblich herausgesprengt worden. Die tonnenschweren Brocken lagen ebenso verstreut wie die von der Witterung blankgewaschenen Felsreste.
Nichts rührte sich an der Pyramide. Die über dem Tal liegende Stille war beklemmend. Und trotzdem hatte ich das Gefühl, beobachtet zu werden. Unbekannte Augen musterten uns, warteten ab und lauerten auf eine Schwäche.
»Und was jetzt?« fragte Bill.
Ich öffnete den Koffer und holte magische Kreide hervor. Der Boden vor uns bestand aus Fels, so daß es nicht schwierig war, darauf zu zeichnen. Ich malte Symbole aus der Kabbala, der uralten jüdischen Geheimschrift, die erst in letzter Zeit enträtselt worden war. Diese Zeichen stellten zwar keinen absoluten Schutz dar, aber sie bildeten für die Mächte der Finsternis wenigstens eine Hemmschwelle.
Oberst Gamal säuberte sich sein Gesicht. Als er mit dem Taschentuch die Wunde betupfte, zuckte er zusammen. »Da habe ich aber Glück gehabt«, murmelte er.
»Einen Zoll tiefer, und es hätte mich gegeben.«
Ich verstaute die Kreide wieder im Koffer. Zum Schutz gab ich Bill die gnostische Gemme.
Gamal pfiff durch die Zähne, als er den weißmagischen Talisman sah. »Eine Gemme, sieh einmal an.«
Fragend hob ich den Blick.
Seine Erklärung kam sofort. »Die echten Gemmen stammen aus dem Orient. Von den Gnostikern.«
»Ich weiß.«
»Ob man damit aber die Mumien stoppen kann?« überlegte Bill und betrachtete den ovalen Stein, der eine Schlange zeigte, die sich selbst in den Schwanz biß.
»Möglich«, räumte der Oberst ein. »Aber den Pharao sicherlich nicht. Dessen Magie ist stärker.«
Bill hängte sich die Gemme um den Hals. »Ich finde, John, wir sollten es ihm sagen.«
»Was?«
»Das mit dem Pharao.«
Gamals Blicke wieselten zwischen Bill und mir hin und her. »Los, raus mit der Sprache. Tun Sie nicht so geheimnisvoll, meine Herren.«
Ich entschloß mich zu einer Erklärung. »Sie sehen ja selbst, daß die Spitze der Pyramide zerstört ist und das Ding jetzt aussieht wie ein Vulkan.«
»Ja, ich habe mich schon gewundert.«
»Es ist während unseres Fluges passiert, wie Sie gesehen haben. Als Sie ohnmächtig dalagen, Oberst, haben wir eine riesige Hand gesehen, die sich aus der Öffnung schob.«
Die Augen des Ägypters wurden groß. »Sie meinen, das war Samenis?«
»Wahrscheinlich.«
Gamal preßte die Lippen zusammen und hob in einer hilflos wirkenden Geste die Schultern. »Jetzt haben wir verloren.«
»Warum?«
Er sah mich an. »Weil Samenis zu stark geworden ist. Wir können ihn nicht mehr stoppen.«
Ich verstand die Resignation des Ägypters nicht ganz. Aber wahrscheinlich lag sie in seiner Mentalität. »Das Wort unmöglich habe ich aus meinem Repertoire gestrichen. Irgendwie wird es eine Möglichkeit geben, den Pharao zu besiegen.«
»Aber die Mumie ist gewachsen. Sie ist zu einem Riesen geworden. Wir sind Zwerge. Wir sind…«
»Auch David hat Goliath besiegt«, gab ich zu bedenken. »Und ich steckte schon oft in der Rolle des David.«
»Wenn Sie es so sehen.«
Bis jetzt hatte ich auf dem Boden gekauert. Nun stand ich auf und ließ meinen Blick über das Tal schweifen. Die Sonne schien nicht mehr so grell. Sie hatte eine fahle Farbe angenommen. Dann war es völlig windstill. Mir schien es, als läge eine unsichtbare Last über dem Tal, die nach unten drückte und das Blut
Weitere Kostenlose Bücher