003 - Die schwarze Rose
Zu-Zu stellte ihre Tasse ab. „Warum hast du Maurice nicht geheiratet? Liebst du ihn nicht?"
„Natürlich liebe ich ihn. Damit hat es nichts zu tun."
„Weil du glaubst, vor vielen Jahren wäre etwas zwischen Maurice und mir geschehen?"
„Non!" Simone holte tief Atem. „Das habe ich ihm längst verziehen."
„Sehr edel von dir - vor allem, weil es nichts zu verzeihen gab."
Skeptisch starrte Simone ihre Freundin an. „Erwartest du, dass ich dir glaube, Zu-Zu?
Wo du doch mit jedem geschlafen hast! Warum nicht mit Maurice? In jener Nacht war er in deinem château."
Als Zu-Zu mit der flachen Hand heftig auf den Tisch schlug, schwappte der Tee aus den Tassen auf das Spitzen-tischtuch. „Ich habe nicht mit jedem geschlafen", behauptete sie, und Simone runzelte verächtlich die Stirn. „Also gut, mit fast jedem. Aber nicht mit Maurice."
„Falls das wirklich stimmt - warum nicht?"
„Ich wollte es. Täusch dich da bloß nicht. Immerhin war er ein sehr attraktiver, charmanter Mann. Leider hat er sich geweigert."
Erstaunlich, dachte Simone. In jüngeren Jahren war er ein bonvivant und gewiss kein Kostverächter gewesen. „Wieso?"
„Weil er immer nur dich geliebt hat."
Die Comtesse de Fonbeaulard blinzelte verwirrt. Schon damals war er ihr treu gewesen?
Seufzend lehnte sich Zu-Zu in ihrem Sessel zurück. „Das konnte ich nie verstehen."
„Du meinst, er hat niemals . . .?"
„Kein einziges Mal."
Um diese Neuigkeit zu überdenken, schwieg Simone.
„Wenn es nicht wegen jener Nacht war - warum hast du alle seine Heiratsanträge abgelehnt?" fragte Zu-Zu.
„Weil ich ihn an mich fesseln wollte. Alle Männer lieben die Jagd, und sie genießen es, auf die ersehnte Beute zu warten."
„Zwanzig Jahre lang?"
„Darüber möchte ich nicht reden."
„Schon gut", stöhnte Zu-Zu. „Was John betrifft, finde ich immer noch, ich müsste meine Bemühungen aufgeben. Er ist einfach nicht interessiert. Und Chloe erweckt wohl kaum den Eindruck, sie wollte die besitzergreifende Ehefrau spielen."
Soll ich der Natur tatsächlich ihren Lauf lassen? überlegte die Comtesse.
„Simone?"
„Ja?" fragte sie geistesabwesend.
Madame de Zambeau fächelte sich scheinbar gleichmütig Kühlung zu. Aber ihre Mundwinkel zuckten. „Glaubst du, Jean-Jacques ist zu jung für mich?"
„Zu-Zu!" rief ihre Freundin ungläubig.
„Wie, um alles in der Welt, hast du ihr's entrissen?"
Soeben hatte Chloe ihrem Mann das Schiffsmodell überreicht. Sie ruhten sich gerade in ihrer Privatsuite aus, ehe sie zum Dinner hinuntergehen würden.
„Ganz einfach", erwiderte sie und lächelte selbstgefällig. „Ich habe vor dem Pferderennen mit ihr gewettet."
„Und du hast auf mich gesetzt, Chloe-Grillchen? Obwohl du den Rappen gesehen hattest?"
„Selbstverständlich!"
Lachend schüttelte er den Kopf. „Nur gut, dass Schnapps im Weg stand . . . Oder war das geplant? Damit der Scheich eine Niederlage erleiden würde?"
„Um die Wahrheit zu gestehen, auf diesen Gedanken wäre ich nie gekommen.
Jedenfalls wollte ich dein Schiffchen vom Kopf der Baronesse herunterholen. Dieser Wette hat sie nur widerstrebend zugestimmt."
John zog sie auf seinen Schoß und küsste ihren Hals. „Und wie hast du sie dazu veranlasst?"
„Erinnerst du dich an das hässliche Pferdchen in deinem alten Schrank? Aus Metall, mit gelben Glasaugen? Die Baronesse meinte, es würde großartig in ihrem Haar aussehen, besonders während eines Rennens. Natürlich war ich einverstanden."
„Du hast ihr das kleine Pferd angeboten?" fragte er mit schwacher Stimme und schien zu erstarren.
„Ja." Verwundert wandte sie sich zu ihm. „Was ist los? War's denn wichtig für dich?"
„Es gehörte meiner Mutter", erwiderte er leise.
„O John, ich hatte keine Ahnung . . .", klagte sie reumütig.
„Und das sind keine Glasaugen, sondern gelbe Diamanten."
Entgeistert schnappte sie nach Luft. „Die ganze Zeit hast du das Pferdchen aufgehoben? Obwohl du nach dem Tod deiner Mutter fast verhungert wärst? Wieso hast du's nicht verkauft? Von dem Erlös hättest du leben können."
„Ich war noch ein Junge, und ich fürchtete, wenn ich das Pferd irgendwelchen Leuten zeigte, würden sie mich des Diebstahls bezichtigen oder betrügen ..."
Zögernd unterbrach er sich. „Doch das war nicht der wahre Grund, warum ich's behielt."
„Warum dann?"
„Sonst ist mir nichts von meiner Familie geblieben. Vor langer Zeit hatte mein Vater dieses Pferdchen meiner Mutter geschenkt, und es
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