003 - Im Kabinett des Grauens
die Tür auf und warf sich auf das ächzende Polster. Noch ehe er richtig
hinter dem Steuer saß, drehte er schon den Schlüssel im Zündschloss. Ein
knarrendes, kratzendes Geräusch, das war alles, was der Motor von sich gab.
Fletcher drehte den Schlüssel mehrmals herum und gab Gas, doch der Motor sprang
nicht an. Der Dieb schwitzte, und seine Lippen zitterten. Der Wagen hatte doch
einwandfrei funktioniert! Warum ...?
Das
waren die letzten Gedanken in Fletchers ereignisreichem Leben.
Auf
dem Rücksitz bewegte sich ein Schatten. Zwei schlanke, weiße Hände griffen nach
seinem Hals. Es hätten die Hände einer Frau sein können ...
●
Larry
Brent sah sich um. Auf dem kleinen Tisch vor dem Plüschsofa, das dem seinen
glich, standen eine Whiskyflasche und zwei Gläser. Von Silvia de Sorente war
keine Spur zu sehen.
Neben
dem Schrank stand ihr Koffer, lehmverschmiert; eine Naht war aufgeplatzt, und
der Schlamm war zum Teil in das Innere gedrungen. Ein Teil zarter, dunkler
Spitzenwäsche ragte über den Rand des halboffenen Koffers.
Da
hörte Larry das Geräusch. Es kam vom Bad her. Die Tür fiel ins Schloss. Silvia
de Sorente tauchte aus dem rötlichen Halbschatten der Zimmerecke auf. Sie hatte
ein weißes Laken um sich geschlungen. Ihr Körper strömte Sauberkeit und Frische
aus.
»Sie
müssen entschuldigen, Larry«, sagte sie leise, »ich habe mich verspätet. Ich
kann Ihnen nicht einmal in einem hübschen Kleid gegenübertreten. Mein Koffer
muss unterwegs entzweigegangen sein. Meine gesamte Kleidung ist verschmutzt.«
Larry
grinste. »Das macht nichts. Sie wirken selbst in diesem Bettlaken charmant,
Silvia.«
Er
ging auf sie zu.
Ihre
Gesichter näherten sich. Larry fühlte die feuchten, sich öffnenden Lippen auf
seinem Mund. Er erwiderte den Kuss. Silvia schlang ihre Arme um seinen Hals,
das Laken rutschte von ihren braunen, samtenen Schultern – und Larry fühlte die
noch vom Baden feuchte Haut unter seinen Handflächen ...
●
Als
er wach wurde und einen Blick auf seine Uhr warf, war es gerade sechs in der
Frühe. Draußen prasselte der Regen gegen die Fenster.
Auf
dem kleinen Tisch standen die halbgeleerte Whiskyflasche und die beiden Gläser,
mehrere Zigarettenkippen lagen im Ascher.
Silvia
schlief noch. Vorsichtig schlüpfte Larry aus dem Bett, machte sich im Bad
frisch und kleidete sich an. Als er das Zimmer heimlich verlassen wollte,
schlug Silvia die Augen auf.
»Ich
bin es nicht gewohnt, dass meine Liebhaber mich klammheimlich verlassen«, kam
es vorwurfsvoll über ihre Lippen.
Larry
zuckte bedauernd die Achseln. »Ich habe mir für diesen Tag viel vorgenommen,
Silvia. Daher muss ich mich frühzeitig aufmachen. Ich bin nicht nur zu meinem
Vergnügen hier«, fügte er hinzu.
Sie
lächelte, und ihre weißen, gleichmäßigen Zähne schimmerten wie Perlen in ihrem
gebräunten Gesicht. »Mir scheint, dass du heute Nacht, als wir uns auf dem
Schlammacker begegneten, doch recht hattest, Larry.«
Larry
Brent kniff die Augenbrauen zusammen. Er verstand nicht, was Silvia damit sagen
wollte.
Sie
lächelte verstärkt, als sie die Überraschung auf seiner Miene erblickte. »Du
erinnerst dich nicht mehr, Larry? Deine Bemerkung, dass wir uns nach einem
Hotelzimmer umsehen müssten ... eines hätte wirklich genügt, nicht wahr?«
Wortlos
grinste Larry. Als er auf der Türschwelle stand und Silvias Busen halb über die
Bettdecke ragte, rief sie ihm noch nach: »Du bist himmlisch, Larry!« Dann
schloss sie die Augen und schlief weiter.
Larry
ging in sein Zimmer. Im Hotel herrschte noch völlige Ruhe. Nur einmal hörte er
irgendwo eine Tür klappen, eine leise Stimme am unteren Ende der Treppe. Dann
verließ jemand das Haus.
Larry
schloss die Fenster, die die ganze Nacht über offen gestanden hatten, und
riegelte die Tür ab. Dann drückte er den winzigen Kontaktknopf unter der
erhabenen Weltkugel mit dem durchscheinenden, stilisierten Menschengesicht. Der
Knopf an der Innenseite der Fassung des massiven Goldringes war kaum zu fühlen.
Larry sprach leise, aber deutlich in die feinen, schimmernden Rillen, die als
Längen- und Breitengrade auf der erhabenen Weltkugel getarnt waren. »X-RAY-3 an
Hauptquartier ... X-RAY-3 an Hauptquartier ...« Und dann folgte ein knapper,
präziser Bericht der Dinge, die sich an Bord der Maschine abgespielt hatten.
Larry erwähnte Iwan Kunaritschews Verletzung, und er verschwieg auch nicht,
dass er die Spur des Täters weiterverfolge. Sollte man eine
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