003 - Im Kabinett des Grauens
ins Haus.
Franker
musste an den Vorfall auf dem Friedhof denken, für den er keine Erklärung fand.
Und an etwas Übernatürliches, Übersinnliches mochte er nicht glauben. Dafür
stand er mit beiden Beinen zu fest auf dieser Erde. Das Telefon schlug an.
Verwundert zog Aldis Franker die Augenbrauen hoch.
Wer
rief um diese Zeit noch an?
In
dem Moment, als er den Telefonhörer in die Hand nahm und sich meldete, hatte er
eine Ahnung.
»Hier
Ed«, sagte da auch schon die Stimme am anderen Ende.
»Genau
an Sie habe ich gedacht«, nickte Franker, während er geräuschvoll die
Ginflasche auf den dunklen Schreibtisch stellte.
»Ich
hab's schon ein paarmal versucht, Franker.«
Der
Friedhofsdirektor nickte. »Die Geschichte mit Perkins hat etwas länger
gedauert.« Er leckte sich über die Lippen. »Ich bin eben erst heimgekommen.«
»Sie
hatten versprochen, mich gleich anzurufen«, erinnerte Ed Jellman. Er war
Reporter, arbeitete für mehrere Blätter freiberuflich und unterzeichnete seine
Artikel mit den Initialen E.J. Es gab Kollegen, die behaupteten, dass Ed
Jellman unaufrichtig arbeite, dass er oft durch Tricks an seine Fälle kam.
Viele seiner Kollegen schnitten ihn aus diesem Grund. Sie hatten damit nicht
ganz unrecht.
»Ich
hab's vergessen«, entgegnete Franker knapp.
»Irgendwas
Besonderes?« wollte Jellman wissen. »Kann man die Gespenstergeschichte
weiterverfolgen – oder rentiert sich das nicht?«
»Ob
sich's rentiert oder nicht, das kann ich nicht sagen. Jedenfalls ist heute
Abend was passiert, das Sie bestimmt beschäftigen wird.«
»Ich
hatte Sie darum gebeten, mir die Erlaubnis zu erteilen, bei der Graböffnung
dabei zu sein«, entfuhr es Jellman. »Kein Mensch hätte etwas bemerkt.«
»Ich
konnte es nicht riskieren. Die Anzahl der Personen war vorgeschrieben. Es war
einem Außenstehenden streng untersagt, anwesend zu sein.«
»Okay.
Dann geben Sie mir wenigstens die kleine Information. Bei Perkins kann ich
nichts holen. Der lässt keinen von der Zeitung an sich 'ran.«
»Ich
habe Ihnen versprochen, etwas über den Ausgang der Sache zu sagen«, erklärte
Franker. Seine Stimme klang beschwingt. Der genossene Gin machte sich
bemerkbar. »Schließlich weiß ich, wie Sie die nötigen Brötchen verdienen. Es
ist nicht einfach, ständig etwas Neues auf den Tisch eines Redakteurs zu legen.
Mord und Totschlag sind schon beinahe alltägliche Ereignisse; damit kann man
keinen Hund mehr hinterm Ofen locken. Aber eine hieb- und stichfeste Gespenstergeschichte
imponiert den Leuten. Wir spielen hin und wieder eine Partie Schach, trinken
ein Glas Bier miteinander. Diese Stunden mit Ihnen möchte ich auch künftig
nicht missen. Hinzu kommt, dass ich ein persönliches Interesse daran habe, was
wohl aus der Sache wird, wie sie sich entwickelt. Wenn man nur die Polizei
heranlässt, dann verläuft alles so anonym, und man erfährt das Ergebnis erst
viel später aus der Zeitung.«
»Genau,
Franker, Sie haben's erfasst.« Ed Jellman hatte es auch erfasst. Er merkte, dass
der Friedhofsdirektor seine gesprächige Tour hatte.
»Aber
die Information verarbeiten Sie wie abgesprochen in meinem Sinn, nicht wahr?
Ich will keine Scherereien haben.«
»Sie
können sich ganz auf mich verlassen, Franker. Ihr Name taucht nicht auf. Ich werde
das Kind schon so schaukeln, dass Sie zufrieden sind.«
Aldis
Franker erzählte den Vorfall in allen Einzelheiten. Er schmückte das Geschehen
aus, als sei er es, der den Bericht für die Zeitung zu schreiben habe.
Ed
Jellman unterbrach ihn nicht ein einziges Mal. Zu dem Vorfall selbst stellte er
auch keine Fragen. Seine Neugier bezog sich auf etwas ganz anderes. »Hat Sir
Harold Perkins durch irgendeine Bemerkung zu verstehen gegeben, wie er die
Sache sieht?« Das war die erste Frage, die er stellte.
»Er
war erschüttert, Jellman. Aber noch mehr saß ihm die Angst im Nacken, dass
seinem Enkelkind Jane nun noch etwas zustoßen könne. Den ganzen Abend sprach er
davon, dass sie nach Mitternacht in London einträfe. Er sei froh – das sagte er
auch – dass Mr. Brent ihm zur Seite stehe.«
»Mr.
Brent, richtig. Der Bursche ist mir schon aufgefallen, als er sich nach der
Flugzeugentführung so umsichtig und aufmerksam verhalten hat. Scheint ein
schlauer Fuchs zu sein. Hat Perkins ihn zu seinem Schutz engagiert?«
»Weniger
zu seinem. Brent soll verhindern, dass sich die Bestie an Jane heranmacht und
das Mädchen ebenfalls umbringt.«
»Hm«,
brummte Jellman nur. »Dann will ich Sie
Weitere Kostenlose Bücher