003 - Im Kabinett des Grauens
nicht länger aufhalten, Franker.
Trinken Sie einen Gin für mich mit!«
»Woher
wissen Sie ...?«
Ed
Jellman war ein guter Menschenkenner. Das brachte sein Beruf so mit sich. Er
hatte es an der unsicheren Stimme seines Gesprächspartners bemerkt. »Die Fahne,
Franker«, sagte er ernst, »ich rieche sie bis hierher.«
●
Unmittelbar
nach seinem Gespräch mit Franker rief er Scotland Yard an und erkundigte sich
beim zuständigen Ressortleiter, ob im Augenblick etwas Neues vorliege. Er
erhielt eine ausweichende Antwort. Daraufhin spielte er auf das Geschehen im
Unfallkrankenhaus an. Ob McCortney bereits die Fäden verfolgte?
Der
Teilnehmer am anderen Ende der Strippe stieß hörbar die Luft durch die Nase.
»Sie riechen eine Sache anscheinend zehn Meilen gegen den Wind, Jellman«, bekam
er zu hören. »Im Krankenhaus ist es zu einem Zwischenfall gekommen. Wenn Sie
mehr wissen wollen, dann müssen Sie schon direkt mit McCortney konferieren.«
Jellman
verabschiedete sich und hängte auf. Es stimmte also. Die Dinge entwickelten
sich, wie erhofft, genau in die richtige Richtung. Er zündete sich eine
Zigarette an. Er legte keinen Wert darauf, jetzt schon zum Krankenhaus zu
fahren und eine kurze Mitteilung aus dem Mund des zuständigen Bearbeiters
entgegenzunehmen.
Er
hatte das Gefühl, dass er an einem entscheidenden Punkt in seinem Leben
angekommen war. Er glaubte, unmittelbar vor der Veröffentlichung einer
Sensation zu stehen. Perkins wollte seine Enkelin Jane auf dem Bahnhof
empfangen. Aber er musste befürchten, dass die unheimliche Gestalt, die schon
zweimal zugeschlagen hatte, an der Ausführung ihres Planes gehindert würde.
Ein
verzweifelter Gedanke tauchte in seinem sezierenden Hirn auf und nahm Form und
Gestalt an. Es war die Idee eines Besessenen, eines krankhaft Ehrgeizigen.
»Nur
dieser Brent kann mir die Sache vermasseln«, kam es über seine schmalen,
blutleeren Lippen. Gierig zog er an der Zigarette und drückte die Kippe mit von
Nikotin vergilbten Fingern im Ascher aus. »Aber dagegen kann man etwas tun. Er
darf eben nicht pünktlich auf dem Bahnhof ankommen, das ist alles ...«
●
Larry
Brent traf Silvia de Sorente in der Vorhalle des Wachsfigurenkabinetts. Sie saß
in einem weichen, alten Sessel, blätterte in einem Katalog des Kabinetts und
hatte die Beine übereinandergeschlagen. Der knappe, dunkelgelbe Rock, den sie
zu einer schwarzen, tiefausgeschnittenen Bluse trug, war so weit an ihren
Schenkeln hochgerutscht, dass man den Ansatz des schwarzen, enganliegenden
Schlüpfers sehen konnte.
Als
Larry durch das Portal trat, sprang sie auf. Sie fiel ihm förmlich um den Hals.
»Es ist himmlisch, dass du kommst, Larry«, wisperte sie, während ihre duftenden
Lippen einen Kuss auf seinen Mund drückten. »Ich glaube, dass ich etwas
gefunden habe. Du wirst mich für verrückt halten, wenn ich es dir zeige. Derry
Cromfield, der Mann, den alle suchen, ist als Wachsfigur hier in diesem Kabinett
ausgestellt.«
Larry
nickte. »Ich weiß, ich habe bereits davon gehört. Was ist daran so besonderes?«
Sie
sah ihn an, und es war etwas in ihren Augen, was ihn erschreckte. »Ich muss es
dir zeigen, es ist vielleicht absurd. Du musst es selbst sehen, vielleicht ist
es von Bedeutung.«
Larry
Brent kaufte sich eine Eintrittskarte. Gelangweilt schob der alte Kassierer die
Karte über den fleckigen Tisch. Dann nahm er sofort wieder seine Zeitung in die
Hand, blätterte darin, und Larry fiel auf, dass der Alte sein besonderes
Interesse den Todesanzeigen widmete. Der Kassierer schüttelte leicht den Kopf,
als seine Augen auf die schwarzen, dick umrandeten Anzeigen fielen. »Der alte
Woodhouse – einer der alten Garde, jetzt ist er auch gegangen. Das Leben, das
ist das Leben ...« philosophierte er halblaut vor sich hin, ohne sich um die
beiden Besucher zu kümmern. Silvia ging mit Larry durch das Portal. Mehrere
Stufen führten nach unten in das Kellergewölbe, in dem sich die Wachsfiguren
befanden. Der Raum war in den Felsen hineingeschlagen. Feuchtigkeit tropfte von
den Wänden. Silvias und Larrys Schritte hallten durch die gespenstische
Atmosphäre. Sie waren die beiden einzigen Besucher.
Silvia
fasste Larry an der Hand. In ihrer Rechten trug sie eine Handtasche, die in der
Farbe zu ihrem Rock passte.
Sie
gingen verhältnismäßig schnell durch die einzelnen schmalen Gänge, die von
beiden Seiten von den unheimlichen Mördern aus Wachs flankiert wurden. Silvias
Haar schimmerte
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