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003 - Im Kabinett des Grauens

003 - Im Kabinett des Grauens

Titel: 003 - Im Kabinett des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Brent
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Kunaritschew merkte jetzt doch die
Schwäche, unter der er litt. Er hatte das Gefühl, anstelle seiner
durchtrainierten Muskeln Pudding in den Gliedern zu haben.
    Er
hatte sich selbst etwas vorgemacht. Die Ärzte wussten, weshalb sie ihn ein paar
Tage behalten wollten. Die Schussverletzung hatte ihn mehr Blut gekostet, als
er gedacht hatte.
    Roter,
flirrender Nebel stieg vor den Augen des Russen auf. Für Bruchteile von
Sekunden nahm er seinen ihm körperlich überlegenen Gegner nur gespenstisch
wahr. Der Augenblick der Schwäche reichte, um Iwan Kunaritschew bis zum Fenster
zurückzudrängen.
    Cromfield
kam es aber nicht mehr darauf an, unbedingt den Kampf mit allen Konsequenzen
bis zum Ende zu führen. Er wollte fliehen, ehe der Kreis der Neugierigen und
Nachdrängenden größer wurde, ehe Ärzte, Schwestern und Scotland Yard hier
auftauchten.
    X-RAY-7
ahnte Bruchteile von Sekunden vorher die Reaktion. Er wusste, dass er mit einem
kraftvollen Stoß gegen die Brust zu rechnen hatte und Cromfield ihn durch die
tiefgezogene Fensterfront zu drücken beabsichtigte. Instinktiv warf er sich auf
die Seite. Keine Sekunde zu früh! Der Gegner wurde durch die Wucht, die hinter
seinem Stoß lag, nach vorn gerissen.
    Cromfield
war außerstande, seinen Schwung noch zu reduzieren. Er durchstieß die
Fensterfront.
    Es
klirrte. Riesige Glassplitter flogen den Neugierigen um die Ohren.
    Die
Patienten wichen in den Korridor zurück.
    Einige
wurden durch die herumfliegenden Splitter verletzt. Ein Windstoß wehte durch
das große Loch im Fenster, trieb kühlen Regen und wabernden Nebel vor sich her.
Ein vielstimmiger Aufschrei hallte durch die Station.
    Derry
Cromfield stürzte wie ein Stein in die Tiefe.
    Mehrere
Menschen konnten später bezeugen, was sie gesehen hatten: Der Unheimliche
schlug zu Boden und blieb sekundenlang liegen. Aber sein ungeheuerlicher
Körper, dessen Existenz eigentlich jeder vernünftigen wissenschaftlichen
Erklärung widersprach, wurde nicht zerschmettert! Cromfield erhob sich wieder!
    Er
tauchte in Nacht und Nebel unter, noch ehe sich ihm jemand auf die Fersen
setzen konnte. Der einzige, der es jetzt riskiert hätte, wäre Iwan Kunaritschew
gewesen, doch die Ärzte, die inzwischen eingetroffen waren, ließen das nicht
zu.
    Er
wurde in sein Zimmer verfrachtet, und man sorgte für Ruhe und Ordnung, indem
man die Patienten in ihre Räume zurückschickte. Sofort nach ihrem Eintreffen
eilten zwei Ärzte in das Zimmer von Colin Perkins. Doch hier konnte niemand
mehr helfen ...
     
    ●
     
    Die
Grabplatten und Steinkreuze ragten wie Felsen aus dem dunklen, feuchten Boden.
Vollkommene Stille herrschte auf dem kleinen Friedhof, den Sir Harold Perkins
und seine Begleiter noch nie in ihrem Leben betreten hatten.
    Hier
war vor zwanzig Jahren Derry Cromfield beerdigt worden. Es war dem alten Henker
gelungen, rasch und ohne bürokratische Formalitäten eine Graböffnung zu
erreichen. Sir Harold Perkins hatte sich bereit erklärt, sämtliche Unkosten zu
tragen und die Öffnung nur im kleinsten Zeugenkreis vornehmen zu lassen. Außer
ihm waren der Friedhofsdirektor, ein Gerichtsmediziner und drei Totengräber
anwesend. Die Herren trugen dunkle, schwere Mäntel und Hüte, die sie tief in
die Stirn gezogen hatten. Es hatte noch immer nicht aufgehört zu regnen, doch
der Regen war nicht mehr so stark wie am Morgen und am Nachmittag, es nieselte
nur noch leicht. Auch der Wind hatte nachgelassen. Die breiten Schaufeln der
Totengräber senkten sich in die schwere, dunkle Erde und warfen sie schwungvoll
beiseite. Das Loch vor den Augen der drei Zeugen wurde immer größer, der
schwarze, nasse Erdhügel auf der Seite immer höher.
    Sir
Harold Perkins glich einer Statue. Er stand neben einem mannshohen Grabstein,
auf sein dünnes, schwarzes Stöckchen gestützt, und er schien ein Teil dieses
Grabsteines zu sein. Der Nebel wehte über ihn hinweg und verfing sich wie ein
zarter, luftiger Schleier in den kahlen, dünnen Ästen der Trauerweide, die im
dem Wind pendelten und seine Schultern streiften. Der Friedhofsdirektor wirkte
nervös. Immer wieder sah er sich forschend um, als suchten seine Augen hinter
den schwebenden Nebeln eine Erscheinung. Doch außer ihnen gab es keine weiteren
Zeugen weit und breit. Der Friedhof war seit sechzehn Uhr für den
Publikumsverkehr geschlossen. In der Dunkelheit des beginnenden Abends hing
eine Windlampe am knorrigen Stamm eines verkrüppelten Baumes, um die
gespenstische Szene zu

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