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0030 - Am Morgen meiner Hinrichtung

0030 - Am Morgen meiner Hinrichtung

Titel: 0030 - Am Morgen meiner Hinrichtung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Am Morgen meiner Hinrichtung
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der junge Offizier Platz nahm. Er führte zwei Telefongespräche. Dann wartete er, ohne mir ein Wort zu gönnen.
    Nach einer Weile wurde mir das Spielchen uninteressant.
    »Señor Capitan!«
    Er sah mich fragend an. Ich deutete mit meinen gefesselten Händen auf meine rechte Hosentasche und sagte: »Da sind meine Zigaretten. Ich möchte gern eine rauchen.«
    Er kam heran und fischte mir das Päckchen heraus. Er schob mir eine Zigarette zwischen die Lippen und gab mir Feuer. Ich bedankte mich artig mit einem schönen: »Gracias, Señor Capitan, gracias.«
    Ich hatte die Zigarette knapp halb geraucht, da ging die Tür auf, und zwei Herren erschienen. Beide waren in Zivil. Ich kannte sie beide nicht. Woher auch?
    Die drei — die beiden Zivilisten und der Offizier — sprachen eine Weile miteinander. Natürlich in Spanisch, und ebenso natürlich in einem solchen Höllentempo, daß ich kein Wort mitbekam. Nur drei- oder viermal hörte ich, daß sie das Wort »Bandito« gebrauchten.
    Nach einer Weile wandte sich der schlanke Zivilist — der ändere war alles andere als schlank — zu mir und sagte in einem leidlich guten Englisch. »Sie werden jetzt verhört. Setzen Sie sich hier auf diesen Stuhl.«
    Ich tat es und war sogar so höflich, mir mit den gefesselten Händen den Hut abzunehmen. Da niemand etwas gegen mein Rauchen gesagt hatte, genoß ich meine Zigarette weiter.
    Die beiden Zivilisten und der Offizier setzten sich. Der Schlanke schien der Dolmetscher zu sein. Was der Dicke war, wußte ich nicht. Sicher aber ein hohes Tier, denn er wurde außerordentlich respektvoll behandelt.
    Vielleicht war es der Polizeipräsident in eigener Person.
    »Sie sind Amerikaner?« ging es los.
    »Ja.«
    »Wann sind Sie in Caracas angekommen?«
    Ich sagte es ihnen, wie es der Wahrheit entsprach. Sie machten alle miteinander reichlich verdatterte Gesichter.
    »Kamen Sie mit der Absicht hierher, die Banco Nacional zu überfallen?«
    »Ja, natürlich«., grinste ich. »Was sollte ich sonst in Caracas?«
    »Aber Sie wollen uns doch nicht einreden, daß diese wenigen Tage für Sie genügten, um alle Vorbereitungen zu treffen?«
    »Doch. Für mich genügten sie. Sie haben es ja erlebt. Wenn ich mit meinem Wagen nicht Pech gehabt hätte, könnten Sie mich jetzt suchen.«
    »Wir hätten Sie auch so gefangen.«
    »Mit den Jeeps nie. Wenn Sie für Ihre Polizei keine schnelleren Wagen anschaffen, werden Sie noch unangenehme Dinge erleben. Das können Sie mir glauben. Ich verstehe was davon.« Als der Schlanke übersetzt hatte, nickte der Dicke lebhaft mit dem Kopf. Er sprudelte einen wahren Wasserfall von zustimmenden Worten heraus. Er war also doch der Polizeipräsident. Und es war in Venezuela genau das gleiche wie woanders auch. Der Polizeipräsident forderte Geld und nochmals Geld, um seine Leute modern auszurüsten. Und er bekam es nicht. Nicht einmal die Hälfte von dem, was er brauchte.
    Nachdem sie sich über die Autos beruhigt hatten, ging das Verhör weiter.
    »Wo waren Sie, bevor Sie nach Caracas kamen?«
    »Ich habe zwölf Stunden in La Guaira auf die Abfahrt des Zuges gewartet.«
    »Auf die Abfahrt welchen Zuges?«
    »Des Zuges, mit dem ich nach Caracas fuhr. Es war mir gesagt worden, der Zug fahre gegen zehn. Ich dachte, es wäre vormittags zehn Uhr gemeint. Aber man hatte offensichtlich abends zehn Uhr gemeint, denn in der Tat fuhr der Zug nicht eher ab.«
    »Wie lange waren Sie in La Guaira?«
    »Zwölf Stunden ungefähr, das habe ich doch schon gesagt!«
    »Und wo waren Sie vorher?«
    Well, damit sie endlich mit der Erforschung meines Lebenslaufs aufhörten, gab ich ihnen gleich in Stichworten mein ganzes Leben zum besten: »Geboren in Harpers Village. Das ist ein Dorf im Staate Connecticut. Durch den bösen Willen einer Tante getauft auf den Namen Jeremias. Ich kann nichts dafür, sie gehörte irgendeiner Sekte an und schwärmte für Jeremias. Die vernünftigen Leute, die keinen Streit mit mir haben wollen, nennen mich aber zum Glück Jerry.«
    Als der Schlanke bei der Übersetzung bis an die Stelle gekommen war, lachten sie alle drei. Und gleich so dröhnend, daß ihnen die Tränen über die braunen Gesichter liefen.
    Ich ließ mich nicht stören und fuhr fort: »Als mein Vater mir zu meinem einundzwanzigsten Geburtstag gratulierte, gab er mir hundert Dollar und sagte, ich sollte damit in New York mein Glück machen. Well, ich hab’s versucht. Ich geriet zuerst in die falschen Hände. Dann lernte ich meinen Freund Phil

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