0031 - Teufelstrank um Mitternacht
zu. »Ich fürchtete es bereits.«
Suko meldete sich vom Rücksitz her. »Laufen tut dir mal ganz gut, John. Sonst rostest du noch.«
»Deine Knochen hört man schon quietschen«, gab ich grinsend zurück, wurde aber schnell wieder ernst, als Will Mallmann mit dem Zeigefinger auf eine bestimmte Stelle deutete.
»Hier ist es«, sagte er.
Ich schaute nach. »Am Ende der Welt.«
»Und eine Straße ist nicht eingezeichnet«, sagte Suko, der über unsere Schultern blickte.
Will Mallmann runzelte die Stirn. »Wir werden in dieser Richtung weiterfahren. Wenn wir die Bergkuppe erreicht haben, rechts abbiegen.« Er zeichnete mit dem kleinen Finger einen schmalen, kaum zu erkennenden Pfad nach, der sich in Schlangenlinien bis nahe an die verlassene Burg bewegte.
Der Kommissar gab wieder Gas. Eine Viertelstunde fuhren wir noch durch die wildromantische Gegend, dann hatten wir die Stelle erreicht, an der abgebogen werden mußte.
Und nun wurde die Federung des Mantas arg strapaziert. Schlaglöcher und auf dem Boden liegende Äste machten die Fahrt zu einer wahren Querfeldeinfahrt. Wir wurden regelrecht durchgeschüttelt. Suko knallte zweimal mit dem Kopf gegen das Wagendach und fluchte. Zweige glitten über den Lack. Manchmal wurde der Wald so dicht, dass wir uns vorkamen wie in einem grünen Tunnel.
Es ging stetig bergab, doch dann war der Weg zu Ende, und die Talfahrt hörte auf.
Dafür sahen wir vor uns eine Lichtung. Dicke Felsbrocken lagen herum. Irgendwo gurgelte ein Bach. Sonnenstrahlen fielen schräg in den Wald und tauchten die Lichtung in einen goldenen Schleier.
Will Mallmann streckte den rechten Arm aus. »Dahinter liegt das Schloß.« Was er mit dahinter meinte, war bestimmt noch einen Kilometer entfernt.
Wir strengten unsere Augen an und sahen, daß sich die Überreste des Schlosses schwarz und verbrannt gegen das Grün des Waldes abhoben.
»Okay«, sagte ich, »gehen wir den Rest des Weges zu Fuß.« Schweigend verteilte ich die Waffen. Keine Menschenseele war weit und breit zu entdecken. Hin und wieder zwitscherten ein paar Vögel in den Bäumen.
»Bist du denn sicher, daß du Gérard de Besançon in dieser Ruine finden wirst?« fragte mich der Kommissar.
»Ich hoffe es. Wo soll er anders hin?«
»Ist Jane freiwillig mit ihm gegangen?« wollte Mallmann wissen.
»Ja.«
»Dann wird auch sie unser Feind sein«, folgerte er.
Ich gab darauf keine Antwort, biß die Lippen zusammen und marschierte los.
***
Gérard de Besançon hatte nun auch seinen beiden anderen Kreaturen zu einem untoten Leben erweckt. Doch sie waren nicht zu Skeletten geworden, sondern zu anderen Höllengeschöpfen.
Jean, der Diener des Schwarzen Grafen, entpuppte sich als Vampir! Von der Gestalt her war er klein. Er ging gebückt, hatte einen krummen Rücken und eine ungeheuer bleiche Gesichtsfarbe. Sein Mund war übergroß, und wenn er die Lippen öffnete, schimmerten zwei spitze Vampirzähne.
Jean war unruhig. Er hielt es nicht auf einem Fleck aus, sondern geisterte durch die Gewölbe und Verliese. Er brauchte Blut, um existieren zu können.
Immer wieder verlangte er danach, und jedesmal mußte ihn der junge Graf vertrösten. Statt dessen bekam der Vampir von dem höllischen Elixier zu trinken, das ihn auf die Dauer jedoch nicht befriedigte.
Der andere Diener war halb Mensch und halb Werwolf. Eine schreckliche Mutation. Die Trennung vollzog sich haargenau in der Mitte des Körpers, und zwar von oben nach unten. Die linke Gesichtshälfte und die gesamte linke Körperseite unterschieden sich nicht von denen eines normalen Menschen, während die rechte Seite mit Fell bewachsen war, ein vorstehendes Maul aufwies und auch der Arm zu einer Pranke gewachsen war.
Jetzt erst fühlte sich der Graf wohl. Er war der König dieser Monster und auch der Gebieter über Jane Collins, die ihm völlig hörig geworden war.
Sie hatte wieder getrunken, und ihre Haut war zurückgegangen. Die bleichen Knochen schauten hervor, doch Jane Collins machte dies nichts mehr aus. Im Gegenteil, sie empfand es sogar als recht angenehm, so auszusehen.
Die Sucht nach dem Trank hatte sie alle menschlichen Regungen vergessen lassen.
Der Graf mixte weiter an seinem höllischen Gebräu. Er hatte die Anzahl der gefüllten Flaschen verdoppelt, weitere sollten folgen, so daß Tausende von Menschen durch dieses Elixier in seine Abhängigkeit gerieten. Er selbst wollte das Getränk unter die Leute Dringen. Geschäftliche Beziehungen hatte er noch von
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