0031 - Teufelstrank um Mitternacht
schließlich in der freien Natur liegen, während ich in finsteren Gewölben herumschleichen muß.«
»Auf die Natur pfeife ich.« Will Mallmann kroch zu einem Mauerrest und lehnte sich mit dem Rücken dagegen.
»Hast du eine Waffe?« fragte Suko.
»Ja, meine Dienstpistole.«
»Die reicht nicht.« Suko griff unter sein Jackett. »Hier, nimm die. Es ist eine Beretta. Sie verschießt Silberkugeln. Sollte noch ein Ungeheuer auftauchen, brenn ihm eins auf den Pelz.«
Will nahm die Pistole entgegen. »Und du?« fragte er. »Womit verteidigst du dich?«
Suko deutete auf seine Fäuste. »Erstens hiermit und dann mit dem Dolch.« Er zog die geweihte silberne Klinge aus einer Gürtelscheide. »Damit gehe ich ebenso gut um wie andere mit ihren Schießeisen.«
Kommissar Mallmann war einigermaßen beruhigt.
Es wurde merklich kühler. Die ersten Abendnebel bildeten sich. Wie hauchdünne Schleier lagen sie kniehoch über den Wiesen. Die Bäume schüttelten ihr Laub ab und machten aus dem Boden einen bunten Teppich.
Die Stille über der alten Schloßruine war unnatürlich. Jetzt brach langsam die Dämmerung herein, in den Ecken und Nischen wurde es schon dunkel. Teile der Mauern lagen im Schatten und schienen ein geisterhaftes Eigenleben zu führen.
Suko suchte zuerst den Innenhof der alten Burg ab. Er schaute hinter jede Mauer, blickte sogar in den alten Brunnenschacht, leuchtete mit der Taschenlampe in finstere Ecken und Winkel und sah doch von mir nicht den Zipfel eines Hemds.
Langsam wurde Suko unruhig. In Luft aufgelöst haben konnte ich mich nicht. Suko ging auch davon aus, daß ich ihm Bescheid gegeben hätte, wenn ich verschwunden wäre. Für ihn blieb nur noch eine Möglichkeit. Ich war unfreiwillig verschleppt worden.
Als Gefangener der anderen Seite.
Auch der Chinese wußte von den Geheimgängen, mit denen die alten Burgen und Schlösser früher ausgestattet worden war. Konzentriert begann er mit seiner Suche nach irgendeinem versteckten Einstieg.
Er suchte auch im alten Turm nach und betrat dann das noch verbliebene Innere der Schloßruine.
Graues Zwielicht empfing ihn. Überall lag der Schutt verstreut. Durch das zerstörte Dach schimmerte der langsam dunkler werdende Himmel. Auch innerhalb der zerstörten Gebäude hatte das Unkraut sich ausgebreitet. Suko entdeckte zahlreiche verlassene Vogelnester. Spinnweben hingen von kantig abstehenden Balken, und in einem Kamin türmte sich Unrat, den wilde Camper dort einfach hingeworfen hatten. Der Abfall war mit einer dicken Schimmelschicht überzogen.
Er schritt durch die zerstörten, hallenartigen Räume und suchte besonders gut den Boden ab.
Dann ging es nicht mehr weiter. Ein Seitenflügel der Burg war völlig eingestürzt. Die Mauerreste türmten sich zu einem kaum zu überwindenden Hindernis hoch.
Suko überlegte. Er schaltete seine kleine Lampe ein und ließ den Strahl langsam über den verdreckten Boden wandern. Fingerdick lag der Staub. Deutlich zeichneten sich auch seine Fußabdrücke darin ab.
Aber nicht nur seine.
Suko sah etwas anderes. Eine quadratische Platte, die sich nahtlos in das Gefüge des Boden einordnete. Mit den Händen schaufelte der Chinese den Staub zur Seite, befreite die Platte vom Dreck der Jahrhunderte und fand ganz in der Nähe eine knopfartige Erhebung.
Er drehte sie in alle vier Richtungen. Sand und uralter Mörtel knirschten gänsehauterzeugend. Langsam sank der Stein nach unten, legte eine dunkle Öffnung frei und glitt dann zur Seite.
Der Chinese kniete sich vor dem Quadrat zu Boden. Er leuchtete mit der Lampe in die Öffnung hinein und war überrascht, daß der Strahl schon nach etwa zwei Yards auf festen Boden traf.
Suko zögerte keine Sekunde. Mit den Handballen stützte er sich ab und sprang in das Dunkel.
Vor ihm lag ein finsterer Gang. Er führte leicht geneigt in unbekannte Tiefen, verlor jedoch nicht an Höhe, so daß der Chinese aufrecht stehen konnte.
Schritt für Schritt wagte er sich vor.
Schon bald lag der kalte Schweiß auf seinem Körper. Suko hatte das Gefühl, von der Dunkelheit erdrückt zu werden. Die kleine Lampe deckte er oft mit der Handfläche ab, aus Angst, bemerkt zu werden. Sollten die Feinde irgendwo in der Finsternis lauern, wollte er ihnen nicht ins offene Messer rennen.
Dann machte der Gang einen Knick. Er führte nach rechts. Suko rief sich den überirdischen Teil des Schlosses ins Gedächtnis und kam zu dem Ergebnis, daß der Gang unter den Burghof führen mußte.
Suko ging
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