0032 - Der Turm der 1000 Schrecken
nicht. Ich will mit dir nichts mehr zu tun haben!«
»Sei doch nicht so widerborstig«, sagte der Unhold.
»Gib mir meine Freiheit wieder. Du hast versprochen, mich freizulassen, wenn ich dir geholfen habe. Löse dein Versprechen endlich ein. Laß mich nach Gloucester zurückkehren.«
Das Wesen aus dem Schattenreich lachte satanisch. »Du mußt noch sehr viel lernen, Mädchen. Vor allem, daß man niemandem trauen kann.«
»Was willst du damit sagen?«
»Daß ich dir zwar etwas versprochen habe, daß ich aber nicht daran denke, mich an dieses Versprechen zu halten.«
»Warum nicht?« schluchzte Carla.
»Weil mir inzwischen eine bessere Idee gekommen ist. Ich sehe nicht ein, warum ich meine Zeit allein in dieser Burg verbringen soll. Ein weibliches Wesen an meiner Seite könnte für Kurzweil sorgen.«
»An deiner Seite?«
»Ja. Ich habe während deiner Abwesenheit beschlossen, dich zu meiner Braut zu machen. Wie gefällt dir das?«
»Pfui Teufel!« schrie das Mädchen angeekelt.
»Wir könnten zusammen für Nachwuchs sorgen.«
»Widerlich!« kreischte das entsetzte Mädchen. »Das ist alles so schrecklich widerlich!«
»Besser, du fängst beizeiten damit an, dich damit abzufinden. Eine Rückkehr in die menschliche Gesellschaft gibt es für dich nicht mehr!«
Carla war einem Weinkrampf nahe. Was hatte sie verbrochen, um mit einem so grauenvollen Schicksal bestraft zu werden? Sie hatte sich bemüht, ein ehrliches, sauberes Leben zu führen.
Und nun sollte sie die Braut dieses Scheusals werden. Das ging über ihr geistiges Fassungsvermögen. Von Abscheu geschüttelt warf sie sich herum und rannte kreischend durch den Raum.
»Bleib hier!« schrie der magische Schatten. »Es gibt für dich keinen Weg zurück. Je eher du das einsiehst, desto besser ist es für dich. Du wirst dich eines Tages an meinen Bosheiten genauso erfreuen wie ich. Du wirst mich vielleicht noch einmal an Gemeinheit übertreffen. Laß die Zeit für uns arbeiten, Carla. Bleib stehen. Du kommst hier nicht raus!«
Das Mädchen erreichte jene Tür, an der sie schon einmal wie von Sinnen gerüttelt hatte. Sie tat es wieder, weinte, schluchzte, schlug mit den kleinen Fäusten gegen das dicke, rissige Holz.
»Ich will hier raus!« rief sie, so laut sie konnte. »Ich halte es nicht mehr länger in diesem verfluchten Gewölbe aus!«
»Es ist dein neues Zuhause!« sagte das Wesen aus dem Schattenreich.
Carla gebärdete sich wie verrückt.
Der Unheimliche ließ sie toben. Bald verließen sie die Kräfte. Weinend legte sie ihr Gesicht an die Tür. Abgehackt stieß sie hervor: »Ich möchte zurück! Ich will nach Hause! Ich möchte heim, nach Düsseldorf!«
Eine eiskalte Knochenhand legte sich auf ihre nackte Schulter. Sie schrie mit versagender Stimme, während sie sich entsetzt herumwarf. Die glühenden Augen waren ihr ganz nahe. Sein nach Moder riechender Atem streifte sie. Carla bebte am ganzen Leib.
»Ich kann nicht mehr!« ächzte sie. »Ich kann nicht…«
Und als er von ihr einen Kuß verlangte, war das Maß voll. Sie verlor augenblicklich die Besinnung. Ihre Beine knickten ein. Sie fiel gegen die Tür und rutschte daran nach unten, genau in die Knochenarme des magischen Schattens.
***
Wir machten noch rasch einige Einkäufe, verfrachteten uns sodann in meinen Bentley und verließen die Stadt. Den Weg zur Burg hatte ich mir bereits mit Hilfe der Straßenkarte eingeprägt.
Die Strecke kam mir deshalb so bekannt vor, als wäre ich sie bereits mehrmals gefahren. Suko saß mit verschlossener Miene neben mir. Was sich in seinem Inneren abspielte, war ihm nicht anzusehen.
Ich wußte aber, daß er darauf brannte, unter das Kapitel des magischen Schattens einen dicken Schlußstrich zu ziehen. Seine Unerschrockenheit war beachtenswert.
Wenn es sein mußte, ging der Chinese mit mir bis in die Hölle, um den Teufel beim Schwanz zu packen – ohne mit der Wimper zu zucken. Es ist gut, einen solchen Partner zu haben.
Er war mir immer eine echte Hilfe, auf die ich nur ungern verzichtete. Da wir bestens aufeinander eingespielt waren, hatten wir unseren Gegnern schon so manches Problem zu lösen gegeben.
Leise schnurrte der Bentley-Motor. Ich fuhr nicht sonderlich schnell, konzentrierte mich auf die Straße. Die Sonne war inzwischen vom Himmel verschwunden. Der Wagen rollte durch die allmählich fortschreitende Dunkelheit.
Die ersten Serpentinen begannen. Ich kurbelte mit harten Zügen am Lenkrad. Ein ungutes Gefühl legte sich auf meinen
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