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0033 - Der Pfähler

0033 - Der Pfähler

Titel: 0033 - Der Pfähler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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betonte sie. »Er ist es tatsächlich. Mein Gott, du bist gekommen, John. Ich habe es gewußt.«
    Mir lief eine Gänsehaut über den Rücken. Plötzlich fürchtete ich mich vor der alten Frau. Sie sprach so seltsame Dinge. Ich sah in das faltige Gesicht, in die hellblauen Augen und erkannte das Wissen, das darin lag. Die Frau mußte ein Leben hinter sich haben, wie man es sonst nur aus Romanen kennt.
    »Woher kennen Sie mich?« fragte ich leise. »Und – wer sind Sie?«
    »Ich stamme aus einem Land, das Transsylvanien heißt. Oder auch Rumänien.«
    »Aus Draculas Heimat?« rief ich spontan.
    »Genau, mein Junge.«
    »Vor zwanzig Jahren bin ich, Vera Monössy, geflüchtet. Ich konnte in meiner Heimat nicht mehr leben. Ich wurde als Hexe verfolgt, obwohl ich genau das Gegenteil wollte. Du hast vorhin den Namen Dracula erwähnt. Um ihn und seinen Neffen geht es. Im Buch des Schicksals steht zu lesen, daß irgendwann einmal ein Mann kommen wird, der dem Vampirspuk in Rumänien ein Ende bereitet. In einem Wahrtraum habe ich diesen Mann gesehen. Das warst du, John Sinclair.«
    »Aber ich bin Student. Ich habe mit Vampiren nichts im Sinn. Ich glaube nicht einmal daran, daß es sie gibt.«
    »Ja, mein Junge, noch bist du Student, aber bald wirst du einen Beruf haben, einen Beruf, der außergewöhnlich ist.«
    »Polizist ist nichts Außergewöhnliches.«
    »Es gibt aber auch da Unterschiede. Laß mich weiter erzählen. Du wirst kein normaler Polizist, nein, sondern ein Mann, der den Mächten der Finsternis und dem Satan den Kampf ansagt. Glaube es mir. Und damit du gegen all diese bestehen kannst, will ich dir etwas geben, dessen Wert du vielleicht später erst schätzen lernen wirst.«
    Vera Monössy ließ meine Hand los und deutete auf eine kleine Kommode. »Zieh die unterste Schublade heraus, dort findest du eine kleine Schatulle.«
    Ich erhob mich und kam ihrem Wunsch nach. Die Schatulle lag ganz in der Ecke. Ich brachte sie der alten Frau.
    Vera Monössy nahm sie in ihre zittrigen Hände. Sie mußte sich anstrengen, um den Deckel zu öffnen.
    Dann aber hatte sie es geschafft, und ein glückliches Lächeln umspielte ihre Lippen. Sie drehte die Schatulle so, daß ich hineinschauen konnte.
    Mit dunkelrotem Samt war sie ausgelegt. Und auf dem Samtkissen lag in einer genau nachgefertigten Mulde, ein Gegenstand, den ich dort nie vermutet hätte.
    Es war – ein Kreuz!
    ***
    Im ersten Augenblick war ich leicht enttäuscht. Ich hatte nie etwas von einem Talismann gehalten, und als was anderes sah ich damals das Kreuz nicht an.
    »Meinten Sie das?« erkundigte ich mich vorsichtig.
    »Ja.«
    Ich schwieg.
    »Du bist enttäuscht?« fragte die Frau, und sie lächelte dabei.
    Ich konnte ihr nicht ins Gesicht lügen und bejahte.
    Sie strich über meinen Handrücken. »Ich kann es dir nicht verdenken, mein Junge. Den wahren Wert wirst du später kennenlernen. Nimm es deshalb an dich.«
    Ich tat ihr den Gefallen. Ich hatte kaltes hartes Metall erwartet, doch das Kreuz fühlte sich seltsam warm an, als würde es von innen her die Wärme abgeben. Schwer lag es auf meinem Handteller. Das hauchdünne Kettchen war zu einem Knäuel zusammengerollt.
    »Nun?« fragte die Frau leise.
    Ich hob die Schultern. »Es ist seltsam«, erwiderte ich. »Komisch. Normalerweise müßte sich das Metall kühl anfühlen, aber…«
    Die Frau unterbrach mich. »Es sind die Kräfte des Guten, die in dem Kreuz wohnen.«
    »Vielleicht…« Ich betrachtete es aus der Nähe, um die Zeichen entziffern zu können, die in das Metall eingeritzt waren. Ich schaffte es nicht. Es waren seltsame Hieroglyphen, die ich noch nie gesehen hatte.
    »Was bedeuten diese Zeichen, und wo kommen Sie her?« fragte ich Vera Monössy.
    »Dieses Kreuz wird dich, mein Junge, vor der Hölle bewahren«, lautete die flüsternde Antwort. »Nimm es, und sei froh.«
    Ich war noch immer wie vor den Kopf geschlagen. »Warum gibst du mir das Kreuz? Entschuldigung, warum geben Sie mir das Kreuz?« Ich war völlig durcheinander.
    »Weil du es bist, der es einmal tragen soll«, antwortete sie.
    Ich schaute das Kreuz an und dann wieder die Frau. »Aber wieso denn? Ich verstehe das alles nicht. Das geht, ehrlich gesagt, über meinen Horizont. Woher stammt das Kreuz?«
    »Du bist zu ungeduldig, mein Junge. Ich will es dir erklären. Aber viel Zeit bleibt mir nicht mehr. Mein Herz, weißt du…« Sie atmete tief ein.
    Ich nickte, obwohl ich nichts verstand.
    Dann begann sie mit leiser Stimme zu sprechen.

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