0033 - Der Pfähler
an. Der Vampir lächelte böse, als er hinauf zum Himmel schaute und den runden Vollmond ansah.
Er gab ihm immer wieder die Kraft für seine Taten. Aus dem Erdtrabanten empfing er die Strahlen, die seine Existenz während der Nacht gewährleistete.
Vampire waren Nachtgeschöpfe. Tagsüber mußten sie sich versteckt halten, lebten dann in einsamen, längst vergessenen Grüften und Burgverliesen. Erst wenn es dunkel wurde, trauten sie sich hervor.
In alter Zeit hatte es noch viele von ihnen gegeben, da vergingen die Menschen fast vor Angst, wenn nur der Name eines Vampirs ausgesprochen wurde. Doch in der modernen Zeit traten sie nur hin und wieder auf. Einige von ihnen hatten überlebt. Dafür war die Familie Ceprac ein gutes Beispiel, aber an Macht hatten die Blutsauger verloren.
D. Kalurac wollte die Vampirfamilien, die es in Europa noch gab, vereinigen und zu einer Allianz des Blutes zusammenschließen. Österreich mit der Familie Ceprac stand auf seiner Seite. Nun galt es noch, die englischen Vampire davon zu überzeugen, daß ein Eintritt in die Allianz das Beste für sie war, um eine Überlebenschance zu garantieren.
Während Kalurac in seinem Sarg gelegen hatte, als Aschehaufen und körperlich nicht präsent, hatte sein böser Geist Ausflüge unternommen und das Weltgeschehen beobachtet. Der Geist hatte in einem Zwischenreich gelebt, das von einem Dämon regiert wurde, den man den Spuk nannte. Er fing die Seelen der Dämonen auf und hortete sie auf einem besonderen Friedhof. Manche von ihnen konnten nicht mehr zurück, aber D. Kalurac war wieder in die Welt der Lebenden geholt worden. Ein böser Zauber hatte dafür gesorgt, und Diener fand er überall. Wie dieser Petroc Jurc, der dem Ruf gefolgt war.
***
Doch es gab auch Kämpfer, die gegen das Böse antraten. Der Vampir dachte an seine Gegner. An das Team um John Sinclair, an Tony Ballard, an Professor Zamorra und deren Mitarbeiter. Und diese Gegner galt es auszuschalten.
Vor allen Dingen John Sinclair!
Von ihm hatte D. Kalurac zum erstenmal erfahren, als sein Geist im Reich des Spuks dahinvegetierte. Der Spuk hatte D. Kalurac von Sinclair berichtet. Das war nach einer Niederlage gegen den Geisterjäger in New York geschehen, als der Spuk Manhattan unter seine Kontrolle bekommen wollte. [2] Sinclair hatte dies verhindert, überlegte der Vampir, wie so viele andere Angriffe auch. Sinclair stand auf der Abschußliste an erster Stelle. Und deshalb mußte er ausgeschaltet werden.
Und er hatte das Kreuz!
Das Kreuz, das damals zusammen mit dem Eichenpfahl dazu beigetragen hatte, Vlad Dracula zu vernichten. Es gab kaum Dinge, wovor sich Kalurac fürchtete. Aber das Kreuz gehörte dazu. Es repräsentierte eine ungeheuer starke Macht.
Die Macht des Guten, die alles überstrahlte.
Deshalb war John Sinclair nach Rumänien gelockt worden. Dort sollte er sich mit den Vampiren herumschlagen, damit in England die Bahn frei war.
Ihr Plan war einfach, aber teuflisch genial.
Die Vampire wollten in das Alltagsleben der Menschen hineinbrechen und sie zu ihren Dienern machen. Dabei war vorerst nicht an die einfachen Leute gedacht, nein, die vielleicht später. Erst standen diejenigen auf dem Programm, die an den Schalthebeln der Macht saßen. Politiker, Wirtschaftsbosse, sie alle sollten zu Vampiren werden und ihre Dienste in die Allianz des Blutes stellen.
Ein ungeheurer Plan, aber nicht undurchführbar. Denn wer ahnte schon etwas von der Gefahr, die sich da im Dunkeln zusammenbraute?
Kriegerische Auseinandersetzungen zwischen den einzelnen Völkern waren errechenbar, kalkulierbar und voraussehbar. Da gab es immer Anzeichen, daß etwas passieren würde. Aber bei einem Angriff aus dämonischen Gefilden merkten die wenigsten etwas. Und die, welche die Wahrheit wußten, wurden von den anderen, »normalen« Mitbürgern spöttisch belächelt.
Das war es, was den Mächten der Finsternis immer wieder die Chance gab, ihre Siege zu erringen.
Die Uneinigkeit der Menschheit!
Der Vampir lachte schallend auf, als er daran dachte, daß der Erzfeind Sinclair jetzt in Rumänien hockte. D. Kalurac hingegen war auf dem Weg nach England, in Sinclairs Heimat.
Mit diesen Gedanken breitete er seine riesigen, wie Leder wirkenden Fledermausflügel aus und erhob sich rauschend in die Lüfte. Sein Ziel war der Kahlenberg, und schon bald funkelten unter ihm die Lichter der Millionenstadt.
Es war eine mondhelle Nacht. Der Vampir flog über den Vorort Kagran. Er sah die Schatten der
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