0033 - Wir zogen ihm den Schafspelz aus
sie wollten auf diesen gut gemeinten Rat nicht hören. Sie schossen unfreundlich zurück.
Da ließ ich meine Automatic erneut sprechen. Zuerst zerfetzte ich dem Wagen die Hinterreifen. Zwei weitere Schüsse vertrieben den Mann vom Tor. Er musste es halb geöffnet zurücklassen. Die Öffnung war zu klein, um den Wagen durchzulassen. Nun brauchte ich keine Rücksicht mehr auf einen angeschossenen Mann zu nehmen.
Ich wechselte blitzartig meinen Standort, feuerte und nahm mir auch die Zeit, richtig zu zielen.
Das Feuergefecht dauerte höchstens drei Minuten, aber diese drei Minuten hatten es in sich.
Dann erschienen meine Kollegen auf der Bildfläche. Routiniert und ohne jede unnötige Härte erledigten sie ihr Handwerk. Das Ende vom Lied war die Festnahme von vier angekratzten Männern, die die Welt nicht mehr verstehen konnten. Sie hatten sich alles so ganz anders vorgestellt.
Meine Kollegen von der Stadtpolizei staunten mich an wie ein Weltwunder. Zuerst wollten sie es nicht glauben, dass ich hier allein auf weiter Flur gewirkt hatte. Dann aber sahen sie es ein und zeigten mir die vier festgenommenen Männer, denen man gerade Handschellen verpasst hatte.
Ich kümmerte mich nur flüchtig um sie. Mir ging es um Standei, den ich nicht unter den Festgenommenen gesehen hatte.
Ich sauste zurück in das Haus, stand vor der geöffneten Blechtür und wusste in dem Moment, dass Standei entwischt war. Wahrscheinlich hatte er vorsichtigerweise an der Schlacht im Hinterhof gar nicht erst teilgenommen.
Das Telefon auf dem Schreibtisch funktionierte. Ich rief meine Dienststelle an und ließ mir Mr. High geben. Er war zwar nach Hause gegangen, aber mein Gespräch wurde sofort zu ihm durchgestellt.
Viel Worte machten wir nicht. Wir lösten eine Großfahndung nach Lefty Standei aus. Die Stadt sollte hermetisch abgeriegelt werden. Straßenkontrollen hatten die Aufgabe, die Ausfallstraßen zu kontrollieren. Vielleicht hatten wir Glück, dass uns Standei auf Anhieb ins Netz ging. Gangster seiner Sorte gehen nicht gern zu Fuß.
»Ich bleibe draußen«, sagte ich abschließend zu High, »ich werde mich jetzt noch etwas um Lily de Haven kümmern. Was hat es mit Vemon Vetra gegeben? Hat er noch Aussagen machen können?«
»Ich habe mich selbst um den Jungen gekümmert«, erwiderte Mister High. »Hat sich aber kaum gelohnt. Vetra ist total betrunken, zudem steht er unter Rauschgift. Er ist süchtig, wie die Ärzte meinen. Er muss das Giftzeug schon seit Monaten nehmen. Seine Beine und Arme sind vollkommen zerstochen.«
»Ich schicke Ihnen gleich einen angekratzten Gangster, der von seinen Kumpanen um jeden Preis erschossen werden sollte«, erklärte ich High. »Dieser Mann wird uns bestimmt weiterhelfen können!«
»Geht in Ordnung«, sagte High. »Geben Sie auf sich acht, Jerry, nur nichts übertreiben. Sie können sehr zufrieden mit dem sein, was Sie erreicht haben. Die Standel-Bande dürfte aufgehört haben zu existieren.«
»Sie wird so lange existent sein, wie Standei noch frei herumläuft«, widersprach ich. »Bis später, Chef, ich werde Sie laufend informieren.«
Als wir den besinnungslosen Mann aus der Mülltonne zogen, kümmerte sich sofort der mitgekommene Polizeiarzt um ihn. Zu meiner Freude sagte er mir, der Bursche würde selbstverständlich durchkommen, er brauche allerdings eine Blutübertragung.
Eine halbe Stunde später hatte ich endlich etwas Zeit, mich um die Brieftasche zu kümmern, die ich ihm aus der Tasche gezogen hatte. Als ich sie aufschlug, fiel mir sofort ein Ticket einer inneramerikanischen Fluggesellschaft in die Hände. Dieses Ticket bezog sich auf den Hin- und Rückflug nach Los Angeles. Das Datum deckte sich mit dem Tage, an dem Climax beim Verlassen des Gerichtsgebäudes von bisher unbekannten Tätern erschossen worden war. Aber so unbekannt waren die Täter jetzt nicht mehr!
***
Die Damen hinter der Bartheke wussten angeblich nicht, wo sich Lily de Haven aufhielt.
Ich vertrödelte keine Zeit mit ihnen, die es wahrscheinlich wirklich nicht wussten. Ich konnte mir nämlich schwach vorstellen, wie es in Lefty Standei aussah. Der Gangsterboss hatte auf der ganzen Linie verspielt, seine Mannschaft war durcheinandergewirbelt und verhaftet worden.
Ich versuchte, mich in die Lage dieses Standei zu versetzen. Er wusste, dass er gejagt wurde. Er musste damit rechnen, dass die Stadt abgeriegelt wurde. Und ein Gangsterboss wie Standei hatte wenig Freunde, die ihn decken würden. Ganz im Gegenteil, in
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