0033 - Wir zogen ihm den Schafspelz aus
eleganten Abendanzug und hatte das dichte volle und schwarze Haar kräftig mit Pomade behandelt. Seine Augen schienen eisgrau zu sein; in der spärlichen Beleuchtung konnte ich sie nicht genau identifizieren. Sein Mund messerschmal.
»Sie haben hier nichts zu suchen«, sagte er. »Sie befinden sich auf privatem Grund. Verschwinden Sie!«
»Ich bin Jerry Cotton, vom FBI«, sagte ich. »Wollen Sie mich wirklich vor die Tür setzen, Standei?«
»Sie sind Cotton?«
»Sie haben doch eben erfahren, dass ich vom im Lokal war«, erwiderte ich lächelnd. »Nein, Standei, machen Sie keine Dummheiten, wenn es darauf ankommt, schieße ich bestimmt schneller als Sie! Und vor allen Dingen wissen Sie doch gar nicht, in welcher Angelegenheit ich mit Ihnen sprechen will. Womöglich regen Sie sich wegen Dinge auf, die wir noch gar nicht erfahren haben!«
***
Er regte sich aber trotzdem auf. Irgendwie passte ihm mein Besuch nicht, vielleicht hatte er auch ein mehr als schlechtes Gewissen. Kurz und gut, er zog zwar nicht seine Waffe, wie ich im ersten Moment erwartet hatte, sondern er verbat sich laut brüllend eine weitere Annäherung.
Dass es sich um eine Finte handelte, merkte ich diesmal leider zu spät. Er rief laut nach Lily de Haven und wandte sich dabei suchend zur Tür. Im gleichen Moment wischte er zurück in das Zimmer und zog die Tür klatschend hinter sich ins Schnappschloss.
Selbstverständlich war diese Tür nicht mit normalen Mitteln zu öffnen. Ich befasste mich auch erst gar nicht damit, sondern legte dem bulligen Burschen einen Warnschuss vor die Schuhspitzen. Er hatte geglaubt, sich jetzt klammheimlich entfernen zu können. Auf meinen Schuss hin nahm er die Hände hoch und begann zu fluchen.
»Keine Aufregung, meine Damen«, rief ich einigen Bardamen zu, die sich ins Treppenhaus drängten. »Gehen Sie zurück in die Kneipe, Ihre Gäste trinken Ihnen sonst die Flaschen leer!« Das war allerdings ein Hinweis, der sie ins Mark traf. Sie huschten zurück, und ich konnte mich wieder ungestört meinem Gefangenen widmen, der allerdings Schwierigkeiten zu machen begann. Dass ich in ein Wespennest gestochen hatte, war mir inzwischen klar geworden. Viel hatte ich gerade hier nicht erwartet und nun saß ich in einem Hexenkessel.
Mir kam es darauf an, den bulligen Burschen mit heiler Haut aus dem Haus und auch aus dem Viertel zu bekommen.
Für Sekundenbruchteile sah ich zur Tür hinüber, die auf die Straße führte. Sollte ich diesen Ausgang benutzen? Mein Instinkt warnte mich davor. Ich musste unwillkürlich an Climax denken, den man auch beim Betreten der Straße erschossen hatte.
»Etwas Trab, wenn’s gefällig ist«, sagte ich zu ihm und dirigierte ihn mit meiner Waffe auf die Hoftür zu. Er gehorchte, wenn auch widerwillig. Er klinkte die Tür auf und wollte sich schnell absetzen, doch dann spürte er den Lauf meiner Waffe in seinem Rücken und hielt es doch für richtiger, vorerst bei mir zu bleiben.
Wir erreichten einen schmalen, langen Hof, auf den die Fenster der benachbarten Hinterhäuser hinausführten. Licht brannte ausreichend, man konnte sich gut orientieren.
Als ich meinen Gefangenen entlang der rechten Hauswand in die Dunkelheit treiben wollte, fielen die ersten Schüsse. Sie waren nicht schlecht platziert und galten erstaunlicherweise ausgerechnet dem bulligen Burschen, der auch prompt aufschrie.
»Meine Schulter, meine Schulter!«
Ich konnte ihm nicht besser helfen, als ihn in die Dunkelheit zu zerren. Er stöhnte, als er sich gegen die Hauswand fallen ließ. Er betastete vorsichtig mit der rechten Hand seine linke Schulter.
»Die Hunde haben mir ein Ding verpasst«, sagte er ächzend.
»Du merkst aber auch alles«, sagte ich und zwang mich zur Ruhe. »Sie haben es auf dich abgesehen, mein Junge. Du bist bereits abgeschrieben.«
Als sollten meine Worte unterstrichen werden, fielen weitere Schüsse, diesmal allerdings unter Verwendung von Schalldämpfern. Man hörte nur das dumpfe Plopp, Plopp, dann jaulten und schrillten die Querschläger von der Wand zurück und verloren sich irgendwo in der Dunkelheit.
»Was habe ich denn getan«, jammerte mir der Bursche die Ohren voll. »Ich habe doch nichts getan!«
»Du hast versagt, und das wollen sie dir heimzahlen«, meinte ich, mich zur Ruhe zwingend. »Absetzen ist deine einzige Rettung. Streng deinen Kopf an und lass dir was einfallen. Wir müssen hier raus, und zwar schnell, sie kesseln uns sonst ein und machen uns fertig, bevor ich
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