0033 - Wir zogen ihm den Schafspelz aus
Kreisen der Unterwelt waren sicherlich schon jetzt bestimmte Figuren damit beschäftigt, Standei einen Strick zu drehen.
Es war sicher, das alles wusste auch Standei. Und daraus ließen sich Schlüsse ziehen. Er musste sich vorerst in der Stadt aufhalten und konnte das nur bei solchen Leuten tun, die er irgendwie in der Hand hatte, selbst jetzt noch, nach seinem Sturz. Und diese Leute sollten ihm bestimmt helfen, ungeschoren aus der Stadt herauszukommen. Viel Auswahl an solchen Menschen stand nicht zur Verfügung, aber ich dachte sofort an den Bauunternehmer Ryan, der sich Standei ja sehr verbunden gefühlt hatte, wie das belauschte Telefongespräch gezeigt hatte.
Ich machte mich sofort auf den Weg. Der Dienstwagen stand noch auf dem Parkplatz, wo ich ihn verlassen hatte. Ich meldete mich per Sprechfunk schnell bei meiner Dienststelle und hatte nichts dagegen, dass man mir einige Kollegen nachschicken wollte. Wenn ich Standei gegenüberstand, kam es bestimmt zu einer wilden Schießerei. Dieser Mann verkaufte sein Leben so teuer wie möglich.
Nach kurzer Zeit schon hatte ich das Bürogebäude erreicht, in dem Ryans Betrieb untergebracht war. Ich sah an der hohen Hauswand entlang, aber ich konnte oben in seinen Räumen kein Licht entdecken. Selbstverständlich hatte ich den Wagen nicht genau vor dem Portal gestoppt, das war mir doch zu gefährlich.
Im Büro war also kein Licht, aber bedeutete das, dass die Büros leer waren? Konnte sich Standei dort verborgen halten? Oder hatte er sich in der Privatwohnung des Unternehmers verkrochen? Diese Adresse musste ich erst ausgraben. Ob ich per Sprechfunk mit meinen Kollegen in der Dienststelle sprach?
Ich wollte gerade den Hörer aus der Gabel nehmen, als ich das abgeblendete Licht eines Scheinwerferpaares erkannte.
Gut, das man meinen Wagen nicht auf Anhieb sehen konnte. Unbeabsichtigt hatte ich hinter einem bereits geschlossenen Zeitschriftenstand angehalten.
Neugierig geworden, verschwand ich erst einmal in einem Hausflur, denn ich war gespannt, was sich aus diesem Licht entwickeln würde. Da, der Wagen verringerte seine Fahrt, stoppte und bog nach einer Sekunde scharf von der Fahrbahn ab. Er blieb mit der Kühlerverkleidung vor dem Rollgitter stehen, das den Innenhof von der Straße absperrte. Die Wagentür wurde geöffnet, ein Mann stieg aus und schloss die Gitter auf, ein kurzer Ruck und das schwere Eisengestänge schwebte nach oben, den Eingang freigebend.
Der Mann trat zur Seite, und der Wagen fuhr mit einem kräftigen Satz an, streifte etwas die Natursteinverkleidung des Tores und verschwand.
Lange sollte der Wagen wohl nicht im Innenhof bleiben, denn der Mann am Rollgitter verließ seinen Standort und verschwand ebenfalls. Ich hörte, wie eine Wagentür zuschlug.
Natürlich verließ ich nun mein Versteck und pirschte mich an die Toreinfahrt heran. Ich kam leider etwas zu spät, denn die Insassen des Wagens waren bereits in der unterirdischen Garage verschwunden, der Wagen allerdings stand noch auf dem Innenhof.
Ich hatte keine Bedenken, ebenfalls in die unterirdische Garage zu gehen. Und wieder kam ich etwas zu spät, um die Insassen identifizieren zu können. Sie standen bereits im Lift und schwebten nach oben. Ich sah nur noch ihre Beine und entdeckte, dass sich eine Frau darunter befand.
Ich diesem Moment wusste ich, dass ich Lily de Haven und Lefty Standei auf den Fersen war. Sie hatten sich also doch an Ryan gewendet und wollten erst einmal oben im Büro des Bauunternehmers Schutz suchen.
Sollte ich auf meine Kollegen warten? War es zu riskant, allein nach oben zu gehen?
Wenige Sekunden später war ich bereits auf dem Weg nach oben. Auf den Lift musste ich leider verzichten. Ich konnte ihn mir unmöglich herunterbeordern, das wäre den Leuten, denen ich auf der Spur war, bestimmt aufgefallen.
Es gab da aber eine Treppe, die eigentlich nur für den Brandfall gedacht war.
Ich musste mich höllisch in acht nehmen, dass man meine Schritte nicht hörte. Die Automatic lag schussbereit in meiner Hand. Jetzt konnte ich mir keinen Leichtsinn leisten. Die Gauner durften mir nicht noch einmal entwischen. Langsam kletterte ich über die unendlich erscheinende Treppe nach oben, bis das bewusste Stockwerk endlich erreicht war. Vorsichtig drückte ich die Korridortür auf. Millimeterweise öffnete ich sie. Ich hatte das Gefühl, als würde ich dabei eine Kreissäge betätigen, so sehr quietschte sie. Endlich war der Spalt breit genug, um mich hindurchschlüpfen
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