0034 - Das Teufelsauge
genau!«
»Und was tust du jetzt?« riefen Zamorra und Capoa wie aus einem Munde.
»Wir werden den Berg hinaufsteigen«, sagte die Zigeunerin. »Ihr werdet sehen, daß dort der Vampir ist. Werdet ihn sehen, gierig nach Blut. Er wird euch sofort angreifen, wenn er euch sieht.«
»Und dann?« warf Capoa ein.
»Dann tritt La Zanuga aus dem Wald. Auf den Vampir zu. Spielt das Lied vom Teufelsauge. Treibt den Dämon aus dem Mädchen. Carmela muß tanzen, bis sie tot umfällt.«
»Und dann?« fragte Zamorra jetzt.
»Dann liegt der Vampir leblos am Boden. Lebt aber trotzdem noch. Muß er hinab ins tiefe Meer. La Zanuga wird ihn von der Klippe werfen.«
Zamorra sah nach vorn.
Wer von dieser Klippe ins Meer stürzte, konnte wohl kaum noch identifiziert werden.
Zamorra wurde ein ungutes Gefühl nicht los. Er hatte nichts in der Hand, um La Zanuga zu mißtrauen. Aber er hatte zuviel Gräßlichkeiten und Gemeinheiten in dämonischen Welten erleben müssen, um seinen wachen Sinn nicht zu gebrauchen und nicht skeptisch zu sein.
»Gibt es nur diese Straße bis zu den Klippen dort?« fragte er.
»Si«, sagte der Capitano. »Warum fragen Sie, Señor?«
»Ich muß noch eine Besorgung machen«, sagte Zamorra. »Eine Packung Zigaretten und ein wenig Obst. Ich komme gleich nach.«
»Gut«, sagte Capoa. »Sie werden unseren Wagen links an der Stra- ße geparkt finden. Von dort finden sie gleich den einzigen Weg, der nach oben führt.«
***
Capoa sah sich nicht mehr um. So konnte er auch nicht sehen, daß Zamorra ganz andere Dinge kaufte als nur ein paar Zigaretten.
Der Professor fuhr bis dicht zu einem kleinen Fischerhafen heran.
Die Boote waren längst an Land gezogen. Der frische Fang der Seemänner war an Ort und Stelle bis auf ein paar kleine Reste verkauft.
Zamorra kaufte weder Fisch noch Zigaretten.
Capoa und La Zanuga hätten gestaunt, wenn sie gewußt hätten, welch seltsames Geschäft der fremde Professor hier machte.
Er sprach mit ein paar Fischern. Er zeigte ihnen ein paar Scheine von hundert Escudos. Die Fischer nickten eifrig. Dann überließen sie ihren Frauen die Verkaufsstände mit den Fischen.
Hastig brachten sie ihre Boote zu Wasser und beluden sie mit Netzen.
»Wollt ihr noch mal auf Fang gehen?« fragten ihre Frauen.
Ja, die Männer fuhren auf Fang. Aber sie jagten keine Fische mehr.
Sie halfen Zamorra, eine geniale Idee in die Tat umzusetzen und weit größere und gefährlichere Beute zu machen.
Dann stieg der Professor wieder in seinen Wagen und fuhr mit Höchstgeschwindigkeit davon, um den Polizeiwagen einzuholen.
Nach wenigen Minuten sah er Capoas Fahrzeug am linken Straßenrand stehen.
Sofort stieg er aus und machte sich an seine nicht ungefährliche Kletterpartie.
Capoa mußte ihm, gemeinsam mit La Zanuga und seinen Beamten, trotz der kurzen Pause ein gutes Stück voraus sein.
Lange Zeit sah und hörte der Professor nichts. Das ging fast eine unendlich lange Stunde so. Der Weg wurde immer beschwerlicher.
Es war schon weit über Mittag, als Zamorra die Höhe des Felsens erreichte.
Er kam im rechten Augenblick, um das ganze schaurige Schauspiel mitzuerleben.
Der felsige Weg wendete auf einem großflächigen hohen Plateau.
Zamorra sah La Zanuga und den Capitano etwas über hundert Meter vor sich.
Gerade setzte die Alte an und spielte eine langsame Melodie auf ihrer Geige.
Von einem Vampir war nichts zu sehen. Aber Zamorra sah, noch einmal hundert Meter voraus, Capoas Beamten. Dieser sah links und rechts in die spärlichen Baumgruppen, die sich in dieser Höhe hielten. Mehr aber kämpfte er sich durch ein dichtes Buschwerk, das ziemlich dornig sein mußte. Zur rechten Seite hin fiel der Felsen langsam ab. Dort war wieder dichter Wald.
Der Beamte hatte den Rand dieses Waldes noch nicht erreicht, als ein junges Mädchen unter den Bäumen hervortrat. Da liefen Capoa und die Zigeunerin los.
Und Zamorra hinter ihnen her.
»Zurück, Señor!« schrie La Zanuga auf den Beamten ein. »Zurück! Noch ist der Vampir in ihr!«
Im gleichen Augenblick erkannte Zamorra, wie recht die Alte hatte.
Trotz der Entfernung sah er die Blutgier in den Augen des Mädchens. Das mußte Carmela Pados sein. Er sah, wie ihre Lippen sich zu einem Grinsen verzerrten und dann einen Schrei ausstießen. Er konnte nichts hören. Aber er wußte, was das Mädchen schrie. Sie rief dem Beamten zu, ihr nicht näher zu kommen.
Aber der Beamte ging unbeirrt auf das Mädchen zu. Es war doch nicht auszudenken, daß das
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