0035 - Die Vampirfalle
ihn schon runterfegen!« schrie er. »Dieser Kerl hat seinen Spaß gehabt, jetzt habe ich meinen!«
»Spaß?« rief Christine. »Das ist doch kein Spaß!« Sie zerrte an Robbys Arm. »Oder was meinst du?«
»Es wird sich jemand verkleidet haben.«
»Nein, der ist echt.«
Der Bus ruckte an, und im nächsten Moment verschwand das bleiche Gesicht des Vampirs.
Heftig gab Barry Gas. Die Hinterräder drehten auf dem weichen Humusboden durch, fanden aber dann doch Halt, und Barry lenkte den schweren Wagen in die erste Kurve. Viel zu schnell, aber das tat er bewußt. Das Heck rutschte weg, knickte eine Buschreihe weg, kam einem Baumstamm bedrohlich nahe und fegte ganze Äste zur Seite. Wie ein Ungeheuer wühlte sich der schwere Bus weiter. Christine, Karen und Robby waren zu Boden gefallen. Zu plötzlich kamen die Schleuderbewegungen. Dann die nächste Kurve. Diesmal links herum.
Wieder schaukelte der Bus hin und her. Die Proviantpyramide geriet ins Wanken, kippte um, und schon rollten die zahlreichen Konservendosen durch den Gang.
Doch darum kümmerte sich niemand. Auch als eine hochkant gestellte Liege auf Robbys Beine fiel, fluchte er nur. Er hoffte, wie auch die anderen, daß Fahrtwind und Fliehkraft den ungebetenen Besucher vom Dach gefegt hatten. Tatsächlich war der Untote verschwunden.
Noch immer befanden sie sich in dichtem Waldgebiet. Doch irgendwo in der Nähe mußte es ein Gewässer geben, denn zwischen den Bäumen hingen bereits dünne Nebelschleier, die das Scheinwerferlicht zerfaserten.
Jetzt wurde der Weg breiter. Die Bäume traten zurück. Wiesen mit kniehohem Unkraut säumten statt dessen den Weg. Barry erhöhte die Geschwindigkeit noch. Seine Hände hielten das große Lenkrad fest. Die Lippen hatte er fest zusammengepreßt. Wirr hing ihm das rote Haar in die Stirn. Und er schaltete höher. Die Geschwindigkeit nahm zu. Für einen Menschen war es jetzt so gut wie unmöglich, sich auf dem Dach zu halten. Besonders deshalb, weil Barry wieder mit seiner Slalomfahrt begann und dabei nicht langsamer wurde. »Haltet euch fest!« rief er nach hinten. Er selbst wurde ebenfalls auf dem mit grünem Kunstleder überzogenen Fahrersitz hin und her geschleudert.
Ihm war es egal, ob die Stoßdämpfer zu Bruch gingen. Die besten waren sie sowieso nicht.
Der Nebel wurde etwas dichter. Er war zwar nicht so schlimm wie auf dem Farrowschen Anwesen, aber er behinderte die Fahrweise doch. Barry hatte das Gefühl, in einen grauen Tunnel zu fahren.
Und dann passierte es.
Plötzlich gab es einen ungeheuren Stoß am linken Vorderrad. Etwas brach knirschend entzwei. Die Wucht des Aufpralls fegte den Bus nach rechts und Barry vom Fahrersitz. Barry rollte in den Gang und blieb am Einstieg liegen.
Der Bus aber schleuderte weiter. Glas splitterte. Dazwischen mischten sich die Schreie der drei anderen Studenten. Dann folgte die Katastrophe. Der Bus kippte um.
Schwer krachte er auf die Seite. Fenster gingen zu Bruch, das Innere verwandelte sich in ein Chaos aus verbogenem Blech, splitterndem Glas und herumfliegenden Teilen. Verstrebungen knickten wie Streichhölzer. Irgendwo bog sich noch ein Metallteil kreischend zusammen, dann war es ruhig. Die Fahrt der vier jungen Leute hatte ein Ende gefunden, wie sie es sich wahrhaftig nicht vorgestellt hatten…
***
Irgendwann hatte Sheila Conolly das Gefühl, die Decke würde ihr auf den Kopf fallen. Die Dunkelheit, die Angst, die Einsamkeit kamen noch hinzu. Sheila war dem Wahnsinn nahe. Doch da war noch der kleine John. Dieses unschuldige Kind, das sich so bewundernswert tapfer hielt und kaum weinte. Wenn, dann schaffte es Sheila schnell, ihn wieder zu beruhigen. Sie hatte Johnny in ihre Pelzjacke eingewickelt. So lag der Kleine wenigstens warm, während in ihrem Körper die Kälte langsam hochstieg und Sheila mit den Zähnen klappern ließ. Der Vampir hatte sie nicht wieder besucht, und Sheila fragte sich immer stärker, was John und ihr Mann wohl unternehmen würden, um sie zu befreien. Aber hatten sie eine Chance?
Wieder nahm Sheila eine der ruhelosen Wanderungen auf. Ihre Schritte waren schleppend geworden. Die Muskeln verkrampft und steif vor Kälte. Physisch war Sheila Conolly dem Zusammenbruch nahe. Aber noch wollte sie keine Schwäche zeigen, noch hielt sie sich auf den Beinen, denn sie wußte, daß ihr Peiniger zurückkehren würde, und dann wollte sie ihm aufrecht gegenübertreten.
Er sollte keine gebrochene Frau vorfinden. Und Kalurac kam.
Das gleiche Spiel
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