0035 - Die Vampirfalle
Wie eine Speerspitze schnitt das Stöhnen des jungen Mannes in Karens Herz.
»Robby!« rief sie und wollte zu ihm stürzen. Da hielten sie zwei Hände fest. Eiskalte Totenhände mit der Kraft der Hölle.
Verzweifelt wand sich Karen in dem Griff, doch der Vampir ließ sie nicht los. »Los, hol ihn dir, Rebecca!« Und Rebecca ging vor. Schritt mit aufgerissenem Mund auf den Sarg zu, um ihre schaurige Mahlzeit zu halten. Karen schrie.
Rebecca aber bückte sich, zog den immer noch halb bewußtlosen Robby Tisdale zu sich heran und näherte sich mit ihren Zähnen seinem Hals…
***
Ich hörte den Schrei!
Sheila! Der Gedanke durchzuckte mich wie ein elektrischer Stromstoß. Sofort lief ich schneller. Meine beiden Begleiter versuchten mich festzuhalten, doch ich kam ihnen zuvor. Unter den zupackenden Händen tauchte ich weg und schlug aus der Drehung heraus zu.
Beide rollten sie über den Boden. Ich war in diesen Momenten wieder zu einem gefährlichen Fighter geworden, denn jetzt ging es um das Leben eines Menschen. Wo die Tür war, wußte ich. Schon riß ich sie auf.
Einen Herzschlag später drang ich ein in die düstere Leichenhalle, die von flackernden Fackeln erhellt wurde und eine gespenstische und makabre Szene enthüllte. Die Frau, die geschrien hatte, war nicht Sheila, sondern ein rothaariges Mädchen, das von einem älteren Vampir daran gehindert wurde, sich auf einen Mann im Sarg zu stürzen, um ihm gegen eine ebenfalls rothaarige Vampirin zu helfen. Dieses Weib hatte den jungen Mann halb aus dem Sarg gezogen und war im Begriff, ihm den Vampirkuß zu geben. Ich kam gerade im rechten Augenblick.
Mein plötzliches Erscheinen hatte die Untote abgelenkt. Sie ließ den jungen Mann in Ruhe und drehte mir den Kopf zu. Häßlich war ihr Gebiß anzusehen. Die Augen rollten, und in ihnen leuchtete der Haß. Ich sprang.
Mit den Füßen zuerst hechtete ich über die Särge. Meine Schuhe trafen die rothaarige Untote in Höhe der Brust und schleuderten das Weib zurück.
Die Vampirin fiel auf den Rücken, drehte sich aber zur Seite und sprang fauchend hoch.
Wie gesagt, ich hatte keine Waffen. Dafür aber meine Fäuste. Und die setzte ich ein. Schulmäßig kamen die Schläge, so daß das rothaarige Teufelsweib keine Chance hatte, mir an die Kehle zu gehen.
Aber da waren noch die anderen. Vor allen Dingen meine beiden Begleiter. Von hinten griffen sie mich an. Ich erhielt einen heftigen Stoß ins Kreuz. Die Wucht trieb mich zu Boden. Instinktiv rollte ich mich herum, zog meine Beine an und ließ sie wieder vorschnellen.
Einer der Vampir-Zwillinge wurde von meinem Tritt zurückgeschleudert und ging mit rudernden Armen zu Boden. Den nächsten schaffte ich nicht. Er sprang mich an und drückte mich mit seinem Gewicht zu Boden. Plötzlich kriegte ich keine Luft mehr. Die Finger des Vampirs hatten meine Kehle gefunden. Ich versuchte, den Griff zu sprengen, aber der Untote hatte verdammt viel Kraft. In meinen Ohren rauschte es. Wie durch Watte gefiltert hörte ich das Schreien der übrigen Vampire. Ich warf mich hin und her, bis der zweite Vampir meine Beine festhielt. Jetzt hatten sie mich!
Wehrlos mußte ich zusehen, wie sich die beiden Zähne meinem Hals näherten. Ich stieß mit der Stirn vor, doch der Vampir war schlau und nahm hastig seinen Kopf zur Seite. Meine Not wurde größer, und die Chancen verringerten sich. In diesen Augenblicken hing mein Leben wirklich an dem berühmten seidenen Faden.
Da erhielt ich Hilfe von einer Seite, mit der ich nie gerechnet hätte. D. Kalurac erschien.
»Hört auf!« gellte seine Stentorstimme durch die Halle, und die Echos hallten von den Wänden wider.
Der Vampir über mir zuckte zurück. Die Hände lösten sich von meiner Kehle.
Auch meine Beine waren auf einmal wieder frei. Ich zog sie an und kam taumelnd auf die Füße. Scharf sog ich die Luft ein. Im Augenblick drehte sich noch alles vor meinen Augen. Ich stellte mich breitbeinig hin und atmete tief durch. Langsam sah ich klarer.
Und schaute meinem Gegner direkt in die Augen! Es war ein Bild, das jeden Horrorfilmer in einen Freudentaumel versetzt hätte.
Vier Schritte höchstens trennten uns. Wir maßen uns mit Blicken, keiner wich dem anderen aus.
D. Kalurac, der rumänische Vampir, war eine imposante Erscheinung. Hochgewachsen, mit einem hageren Gesicht und kohlrabenschwarzen Augen. Er trug dunkle Kleidung und einen offenen Mantel von der gleichen Farbe, der vor dem Hals von einer Spange gehalten wurde. Das
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