0036 - Die Nacht des Feuergottes
fürchten. Einer von ihnen hatte in der vergangenen Nacht bereits Bekanntschaft mit einem solchen Geschoß gemacht, und sie wußten, daß die Kraft des geweihten Silbers für sie tödlich war.
Ich warf Suko meinen Einsatzkoffer zu.
Der Chinese wußte, was zu tun war. Er öffnete den Koffer und entnahm ihm eine magische Kreide. Wir mussten die Diener des Bösen zunächst einmal festnageln.
Anschließend konnten wir mit der Befragung beginnen – wenn es keine Möglichkeit mehr für sie gab, sich zu verdrücken.
Suko beschrieb um die Plantagenarbeiter einen Kreis. Er machte an jeden Baumstamm ein Zeichen. Alle magischen Symbole waren in Augenhöhe angebracht und wiesen in die Richtung der Diener des Feuergottes, die äußerst beunruhigt von einem Bein auf das andere tänzelten.
Ich erhoffte mir sehr viel von der bevorstehenden Befragung. Die magischen Zeichen würden die beiden Kerle sehr irritieren. Sie würden aber auch die Kraft des Bösen, die in den Männern war, erheblich schwächen.
Die Diener des Dämons würden uns antworten müssen.
Zwei Zeichen fehlten noch, dann würde der magische Kreis um die beiden Plantagenarbeiter geschlossen sein. Dann gab es für sie kein Entkommen mehr. Sie schienen das zu wittern.
Mit einemmal zeigten sie uns, was in ihnen steckte. Ihre Gesichter verzerrten sich zu abstoßenden Fratzen. Sie fauchten. Ihre Augen glühten rot, und ihre Zähne bestanden aus hellem Feuer.
Suko malte schnell das vorletzte Zeichen an den Stamm.
Die Diener des Bösen heulten, knurrten und hechelten. »Du kriegst uns nicht, Sinclair!« brüllten sie wütend. »Wir lassen uns von dir nicht einfangen!«
»Wenn sich einer von euch bewegt, erschieße ich ihn!« sagte ich knallhart.
»Du wirst sterben, Sinclair!« prophezeiten mir die beiden Kerle. »Du und dein schlitzäugiger Freund! Ihr werdet in diesem Land bleiben, für immer!«
»Suko!« rief ich frostig. »Mach das letzte Zeichen!«
Der Chinese beeilte sich.
In dem Moment, als er die magische Kreide an den Baum setzte, passierte es. Sie hatten noch eine allerletzte Möglichkeit, sich uns zu entziehen. Sie wollten unter keinen Umständen zu Verrätern an ihrem Herrn werden. Deshalb machten sie sich auf eine Weise aus dem Staub, mit der Suko und ich nicht rechnen und die wir auch nicht verhindern konnten.
Aus Mund, Nase, Augen und Ohren schlugen auf einmal grelle Flammen. Die Kerle setzten sich damit selbst in Brand. Es gab einen zischenden Laut. Die lebenden Fackeln schrumpften unwahrscheinlich schnell zusammen.
Das Feuer schlüpfte förmlich in den Boden und war von einer Sekunde zur anderen nicht mehr vorhanden. Nur der Brandgeruch hielt sich noch eine Weile.
Suko ließ die magische Kreide sinken. Er starrte dorthin, wo die Kerle noch vor wenigen Augenblicken gestanden hatten, und er sprach voller Wut das aus, was auch mir auf der Zunge lag: »Shit!«
***
Ich hatte so sehr gehofft, von den Dienern des Bösen zu erfahren, welchen Weg wir einschlagen mußten, um in das Reich des Feuergottes zu gelangen. Nun war ich schwer enttäuscht.
Auch Suko ließ die breiten Schultern hängen.
Während wir zu unserem Buick zurückkehrten, sprachen wir kein Wort miteinander. So kurz vor dem Ziel zu scheitern ist bitter. Das mußten wir erst verdauen.
Von den etwa zehn Plantagenarbeitern, die wir gesehen hatten, als ich die Notbremsung machte, war keiner mehr da. Wir setzten uns in den Le-Sabre und fuhren nach Managua zurück.
»Wir werden den Weg in das Reich des Dämons auch ohne die Hilfe seiner Diener finden!« sagte Suko schließlich trotzig. »Diese Schlappe kann uns beide doch nicht entmutigen!«
»Bestimmt nicht!« pflichtete ich meinem Partner bei.
»Was hältst du davon, wenn wir die Fahrt von Jewesbury und McNally nachvollziehen, John?«
»Keine schlechte Idee.«
»Die Schriftsteller wollten zum Momotombito, aber sie haben ihn nicht erreicht. Auf dem Weg dorthin sind sie verschwunden. Könnte das nicht heißen, daß der Feuergott irgendwo auf dieser Vulkaninsel haust?«
»Zumindest der Eingang in sein Reich könnte sich dort befinden«, sagte ich.
»Der Dämon hat die Männer erst gar nicht an sich herankommen lassen. Er hat sie bereits vorher kassiert. Wenn wir die gleiche Fahrt wie Jewesbury und McNally machen, bin ich neugierig, was dann passiert.«
»Ich auch«, sagte ich ernst. »Ich auch.«
Ich steuerte den erstbesten Bootsverleih an und mietete ein Motorboot. Der kleine Kahn war ein italienisches Fabrikat der Werft Vega.
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